Ministerium war informiert Referendarin moderierte bei rechtsextremistischem Sender
20.09.2023, 11:26 Uhr Artikel anhören
Die Lehramtsanwärterin unterrichtete an einer Grundschule.
(Foto: picture alliance / SvenSimon)
Als Referendarin unterrichtet sie an einer Grundschule in Brandenburg, beim rechtsextremistischen TV-Sender Compact moderiert sie mit Perücke und unter anderem Namen: Eine 29-Jährige wird deshalb vom Dienst freigestellt - allerdings erst mit Verspätung.
In Brandenburg ist eine Lehramtsanwärterin vom Dienst freigestellt worden, weil sie Kontakte zum rechtsextremistischen Medienunternehmen Compact haben soll. Das Bildungsministerium des Landes hat die 29-jährige Elisa W. wegen erheblicher Zweifel an der Verfassungstreue und damit der persönlichen Eignung freigestellt, heißt es. "Bis der Fall in einem dienstrechtlichen Verfahren beurteilt werden kann, ist die Lehrerin daher freigestellt."
Die Freistellung erfolgte nach einer Veröffentlichung des "Tagesspiegel" über den Fall. Das Bildungsministerium war allerdings schon in den Sommerferien über die möglichen rechtsextremen Verbindungen der Frau informiert. In den Sommerferien, am 27. Juli, habe es einen Hinweis des Landesverfassungsschutzes gegeben, dass die Frau berufliche und persönliche Kontakte zum Compact-Magazin unterhalten soll, teilte ein Sprecher des Ministeriums mit. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft dieses Magazin seit 2021 als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung ein.
Die Hausleitung des Ministeriums sei in den Sommerferien von der Fachabteilung über die Einleitung eines Prüfverfahrens informiert worden, teilte der Sprecher mit. Die Fachabteilung habe zu diesem Zeitpunkt wegen des besonderen Status der Lehramtskandidatin keine unmittelbaren dienstrechtlichen Konsequenzen ableiten wollen. Nach dem Bericht des "Tagesspiegel" habe die Staatssekretärin aber am vergangenen Donnerstag angewiesen, W. für den nächsten Tag zum Dienstgespräch einzuladen und über ihre unverzügliche Freistellung vom Dienst zu informieren.
Als Moderatorin mit Perücke und anderem Namen
W. absolvierte ihr Referendariat an einer Grundschule im Landkreis Märkisch-Oderland, nordöstlich von Berlin. Die Schule betreut 220 Kinder. Die 29-Jährige ist als Referendarin eine Beamtin auf Widerruf. Lehrkräfte im Land Brandenburg seien dazu verpflichtet, die Grundsätze der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu beachten und zu respektieren, hieß es vom Ministerium. "Alle etwaigen weiteren möglichen dienstrechtlichen Konsequenzen werden nun geprüft." Dazu werde es im Einzelnen keine weiteren Auskünfte geben.
Dem "Tagesspiegel" zufolge trat W. bis zum Januar 2023 als Moderatorin bei Compact TV auf, dem Nachrichtenkanal des Magazins. Sie soll dort eine dunkle Perücke über ihren eigentlich langen, blonden Haaren getragen und sich "Anna Schneider" genannt haben. Zudem soll sie noch Anfang Juli bei der Premiere des Compact-Films "Im Würgegriff der Klima-Sekte" im Kreis anderer Rechtsextremisten aufgetreten sein. Auch Vertreter von AfD, der Partei Die Heimat (Ex-NPD) und Compact-Mitarbeiter waren demnach anwesend.
Das Unternehmen Compact wird vom rechten Demagogen Jürgen Elsässer betrieben, der selbst ein ehemaliger Gymnasiallehrer ist. Seinen Sitz hat das Medium im brandenburgischen Falkensee im Havelland. In der TV-Sendung werden rechtsextremistische Inhalte, Verschwörungstheorien sowie Kreml-Propaganda verbreitet. Elsässer sagt über die "Aufgabe der oppositionellen Medien", sie hätten "zum Sturz des Regimes beizutragen". Laut Verfassungsschutz zielt das Medium darauf ab, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu überwinden.
Das Bildungsministerium Brandenburg steht bereits durch einen Fall in Burg im Landkreis Spree-Neiße in der Kritik: Zwei Lehrer hatten dort rechtsextreme Umtriebe an ihrer Schule angeprangert. Sie beklagten dann jedoch fehlende Rückendeckung des Ministeriums und ließen sich wegen Bedrohungen versetzen. Nun muss sich das Ministerium erneut vorwerfen lassen, nicht schnell genug und adäquat gehandelt zu haben.
Quelle: ntv.de, ara/dpa