Politik

Für die Demokratie - oder Rache? Republikaner Chris Christie will Trump zerstören

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Chancen auf den Sieg hat Christie kaum, doch er könnte Trump noch richtig wehtun.

Chancen auf den Sieg hat Christie kaum, doch er könnte Trump noch richtig wehtun.

(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)

Der frühere Gouverneur Chris Christie bewirbt sich mal wieder um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner. An eine echte Chance glaubt er wohl nicht einmal selbst. Sein Ziel ist ein anderes: Trump stoppen. Für die Demokratie - aber Christie hat auch eine Rechnung zu begleichen.

Es gab diesen Moment, 2016, als Chris Christie hinter Donald Trump auf einer Bühne in Palm Beach stand und so aussah, als ob er gerade den größten Fehler seines Lebens gemacht hätte. Mit konsterniertem Blick stand er da, während Trump eine seiner üblichen Reden hielt. Kurz zuvor hatte der damalige Gouverneur von New Jersey dem späteren Wahlsieger offiziell seine Unterstützung erklärt - nachdem er sich zuvor selbst erfolglos um die Kandidatur der Republikaner beworben hatte. Als Trump die Wahl gewonnen hatte, leitete Christie sein Team, das den Einzug ins Weiße Haus politisch vorbereitete.

Heute steht Christie wieder auf Bühnen, doch der Blick ist nicht mehr verstört, sondern klar und geradeaus. Wieder ist er in den Wahlkampf um die Kandidatur der Republikaner gezogen, wieder sieht es nicht danach aus, dass er den Sieg davontragen wird. Doch sein Ziel ist in Wahrheit ein anderes: Donald Trump zu stoppen. Verhindern, dass der noch einmal Präsident wird. Das sagt er zwar nicht so offen, doch neben dem früheren Vizepräsidenten Mike Pence ist er der einzige Bewerber, der Trump offen angreift. Alle anderen drucksen herum, wenn die Sprache auf den Ex-Präsidenten kommt.

In einer Diskussionsveranstaltung von CNN sagte Christie vor einigen Wochen, an welchem Punkt er mit Trump brach. Der Moment sei in der Wahlnacht 2020 gekommen, als Trump behauptete er habe gewonnen, obwohl längst noch nicht alle Stimmen ausgezählt waren. Trumps Reaktion sei wie die eines Kindes gewesen, das eine schlechte Note mit nach Hause gebracht hat und die Schuld beim Lehrer, den Mitschülern und allen anderen, nur nicht bei sich selbst suche. "Fakt ist, dass er die Wahl gegen Joe Biden verloren hat", sagte Christie. Das traut sich innerhalb der republikanischen Partei kaum jemand laut zu sagen. Auch in dieser Frage wird meist herumgeeiert.

"Trump ist ein Feigling und Lügner"

Christie und Trump bei einer Rede des späteren Präsidenten 2016 in Palm Beach. Christie wirkte nicht so, als ob er mit sich im Reinen wäre.

Christie und Trump bei einer Rede des späteren Präsidenten 2016 in Palm Beach. Christie wirkte nicht so, als ob er mit sich im Reinen wäre.

(Foto: imago/UPI Photo)

Als er vor einem Monat in New Hampshire seine Kandidatur erklärte, ließ der 60-Jährige keinen Zweifel daran, dass es ihm darum geht, Trump zu verhindern. "Hüten Sie sich vor Führungspersönlichkeiten, die nie Fehler gemacht haben und wenn doch die Schuld bei allen anderen suchen." Und weiter: "Falls Sie es noch nicht erraten haben, der Mensch, über den ich rede, ist Donald Trump." Der sei einsam, von sich selbst eingenommen und jeder, der ihn verlasse, sei ein Idiot. "Wir können die Charakterfrage nicht mehr beiseite wischen", sagte Christie. "Wenn wir das tun, bekommen wir das, was wir verdienen." Diese Woche nannte er Trump bei CNN einen "Feigling und Lügner".

Dass Christie Trump vor allem wegen seines Charakters kritisiert, ist klug. Denn das ist das, was auch für Unmut unter Republikanern sorgt. Die Politik Trumps findet dagegen noch immer viel Zuspruch. Viele Republikaner brechen nicht unbedingt mit dem einstigen New Yorker, sondern fragen sich eher, ob er die Präsidentschaftswahl gegen Joe Biden gewinnen kann - nicht zuletzt wegen der Ermittlungen und drohenden Anklagen gegen ihn, die unentschlossene Wähler abschrecken.

Doch so sehr Christie recht haben mag, Trump zu kritisieren, er hat auch persönliche Gründe, ihn zu bekämpfen. Denn es war Trump, der ihn während eines Meetings im Herbst 2020 mit Covid-19 ansteckte. Christie lag eine Woche auf der Intensivstation, dem an Übergewicht leidenden Asthmatiker drohte der Tod.

Dazu hätte es nicht kommen müssen - denn wie Trumps Stabschef Mark Meaddows im vergangenen Jahr enthüllte, wusste Trump zu dem Zeitpunkt bereits, dass er sich mit dem Coronavirus infiziert hatte. Dennoch traf er sich mit Christie und einer Handvoll anderer Berater, um für eine TV-Debatte mit Biden zu üben - Christie spielte dabei Biden, wie er dem Sender PBS sagte. Es sei "nicht zu leugnen", dass Trump ihn angesteckt habe und "unentschuldbar", dass Meaddows nichts gesagt und sich die Enthüllung für ein Buch aufbewahrt habe. Damals attackierte er Trump noch nicht direkt.

Schließlich hatte Christie sich Trump 2016 gleich in die Arme geworfen, nachdem er seine eigene Kandidatur aufgegeben hatte. Das roch nach Opportunismus, zumal er den späteren Präsidenten vorher noch erbittert bekämpft hatte. Als moderater Republikaner aus dem demokratisch geprägten New Jersey passte er auch gar nicht so recht zu dessen Rechtsaußen-Agenda. Dass er von Anfang an Zweifel an seiner Entscheidung gehabt haben könnte, davon zeugt sein Blick bei der besagten Rede in Palm Beach. Ob er sich wirklich erst in der Wahlnacht von Trump abwandte, wissen wohl nur er selbst und engste Vertraute.

Lockt er Trump in die Debatte?

In den Umfragen liegt Christie nur auf einem der hinteren Platz, ein Sieg erscheint zumindest derzeit unmöglich. Doch geht es dem früheren Gouverneur nur darum, Trump zu schaden, ist das nicht weiter wichtig. Denn Christie ist ein eloquenter Redner und ist schon jetzt jede Woche irgendwo im Fernsehen zu sehen, wo er seine Trump-Kritik verbreitet. Sein größter Moment könnte aber am 23. August kommen. Dann wird es eine TV-Debatte zwischen den republikanischen Kandidaten geben.

Der schlagfertige Christie hat in so einer Debatte schon einmal für Furore gesorgt, als er 2016 Senator Marco Rubio auseinandernahm. Der hatte ihn erst attackiert und dann plötzlich über den damaligen Präsidenten Barack Obama hergezogen. Daraufhin sagte Christie, Rubio habe nur eine 25 Sekunden-Rede auswendig gelernt. Als Rubio nach einem Schlagabtausch mit dem Mann aus New Jersey plötzlich die gleichen Textbausteine über Obama vortrug, rief Christie "da ist sie wieder, die auswendig gelernte 25-Sekunden-Rede!" - Rubio war blamiert und erholte sich nicht mehr davon.

Trump würde zwar keine 25-Sekunden-Reden vorbereiten, doch in einem Schlagabtausch mit Christie könnte auch er schlecht aussehen. Das dürfte einer der Gründe sein, warum der Ex-Präsident seine Teilnahme an der Debatte noch nicht zugesagt hat. Da er das Bewerberfeld souverän anführt, kann er dort eigentlich nur verlieren. Ein Wahlkampfkomitee Christies versucht mittlerweile, Trump mit einem witzig gemachten Werbespot zu provozieren, stellt ihn darin als feige wie ein Huhn da. Ob Trump sich so in Christies Schlagdistanz locken lässt? Sehenswert wäre es auf jeden Fall.

Quelle: ntv.de

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