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DeSantis-Krise im Vorwahlkampf Trumps einziger Rivale wackelt

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Bisher konnte DeSantis die hohen Erwartungen nicht erfüllen.

Bisher konnte DeSantis die hohen Erwartungen nicht erfüllen.

(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)

​Einer wie Trump, nur klüger, jünger und ohne Hang zum Dauer-Drama - mit dieser Botschaft versucht Ron DeSantis in den USA der neue Star der Republikaner zu werden. Dabei feierte er einige Erfolge, doch es zeigt sich, dass er einen langen Atem braucht. Die Zweifel an Trumps ärgstem Rivalen wachsen.

In den USA schien noch vor einigen Monaten das Unmögliche möglich zu sein: Donald Trump aufs Altenteil zu schicken. Der Ex-Präsident wirkte geschwächt - da waren die für die Republikaner enttäuschenden Kongresswahlen im vergangenen Herbst, dann die Ermittlungen und Anklagen gegen ihn. Ron DeSantis, der Gouverneur von Florida, schien genau der richtige Mann zu sein, diese Mission zu erfüllen. 44 Jahre jung, stramm konservativ, telegen und mit einem hohen Wahlsieg im Rücken zog er in den Vorwahlkampf. Mit einigem Erfolg: Er sammelte viele Millionen Dollar an Spenden ein und erschien tatsächlich vielen Wählern als echte Alternative zu Trump. Doch mittlerweile ist klar, dass die Sache schwerer ist als gedacht.

Das zeigt schon ein Blick auf die Umfragen: Trump führt noch immer unangefochten das Feld an. US-weit ist er noch immer der Favorit von 50 bis 60 Prozent der republikanischen Wähler. Da im Vorwahlkampf aber jeder Bundesstaat einzeln gewonnen werden muss, sind die lokalen Umfragen aussagekräftiger. In Iowa, wo zuerst abgestimmt wird, liegt der 77-Jährige deutlich in Führung, ebenso in New Hampshire, der nächsten Station des Vorwahlkampfes. DeSantis rangiert überall auf Platz zwei, mit jeweils zwischen 20 und 30 Prozent Rückstand. Dieses Bild zeigt sich seit Monaten. DeSantis kommt nicht vom Fleck.

Dabei hat er gute Voraussetzungen. So genoss er die mediale Rückendeckung von Fox News, dem einflussreichen TV-Sender im Besitz von Rupert Murdoch mit Hang zum Rechtsradikalismus, der ihn wieder und wieder einlud und eine Bühne bot. Viele Großspender haben sich zudem von Trump abgewendet und versorgen den Gouverneur aus Florida mit reichlich Cash für die Wahlkampfkasse. Im zweiten Quartal sammelte er rund 20 Millionen Dollar ein und damit mehr als jeder andere Kandidat inklusive des einstigen Präsidenten. Allerdings gibt er das Geld auch mit beiden Händen wieder aus, für Werbung in eigener Sache, Reisen und Personal. So ließ aufhorchen, als DeSantis diese Woche "weniger als zehn" Mitarbeiter entlassen musste, wie seine Kampagne einräumte.

Überraschend bei CNN zu Gast

Dazu wurde DeSantis dafür kritisiert, dass er zwar ständig bei Fox News und anderen rechten Medien zu sehen ist, sich aber nicht den großen Sendern stellt. Traut er sich nicht? Dem Eindruck wirkte er entgegen, indem er kürzlich überraschend CNN ein Interview gab. Das wurde vielfach als Strategiewechsel interpretiert. Es ist wohl zumindest das Eingeständnis, dass auch ein DeSantis nicht darauf verzichten kann, in den Mainstream-Medien und damit außerhalb seiner Blase vorzukommen.

Seine Botschaften hat DeSantis aber beibehalten. So versucht er, sich als jemand zu verkaufen, der noch trumpiger als Trump ist. Er führt einen Kulturkampf gegen alles, was ihm links oder "woke" vorkommt - sein wichtigster Kampfbegriff. Der beschreibt eigentlich die Wachsamkeit gegenüber Rassismus, Sexismus und andere soziale Probleme. Für Konservative ist er allerdings zum Reizwort geworden, weil sie den Einsatz gegen besagte Probleme oft als hysterisch, übertrieben und indoktrinierend ablehnen.

Bei DeSantis führt das unter anderem dazu, dass er ein Gesetz unterschrieb, das Abtreibungen in Florida schon nach sechs Wochen verbietet - also zu einem Zeitpunkt, an dem viele Frauen noch gar nicht wissen, dass sie schwanger sind. Zugleich sagt er Dinge, die auch Trump propagiert hat: dass er illegale Einwanderung und Drogeneinfuhr mit einer Mauer an der Grenze zu Mexiko beenden will, dass China der größte Gegner ist und die Europäer mehr für ihre Sicherheit tun sollen. Inhaltlich hebt sich DeSantis also keineswegs von Trump ab. Eher versucht er, diesen noch rechts zu überholen.

Dabei hat DeSantis den Vorteil, nicht so viel Ballast mit sich herumzuschleppen wie Trump. Ihm drohen keine Anklagen und als Mann mit Regierungserfahrung soll es mit ihm kein Dauer-Drama und Chaos im Weißen Haus geben. Viele Republikaner erkennen außerdem durchaus an, dass Trump die Amerikaner polarisiert und sehen darin ein Problem für die eigentliche Präsidentschaftswahl. Denn niemand motiviert die Wählerinnen und Wähler der Demokraten so sehr, zur Wahl zu gehen, wie Ex-Präsident Trump.

Offene Attacken auf Trump schwierig

Doch wahr ist auch, dass Trump noch lange nicht am Ende ist. Die Ermittlungen gegen ihn stellt er als Hexenjagd dar und sagt seinen Anhängern: "Sie verfolgen mich, weil ich für euch kämpfe". Das verfängt noch immer bei einem großen Teil seiner Unterstützer. Nach der Anklage in New York wegen Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels erfuhr er sogar quer durch die eigene Partei Unterstützung. Das Verfahren wurde als politisch motiviert verurteilt.

Hinzu kommt für DeSantis ein weiteres Problem: Fast jeder Republikaner dürfte schon einmal Trump gewählt haben und noch immer Sympathien für ihn haben. Insofern kann er ihn nicht frontal attackieren, ohne als Nestbeschmutzer dazustehen. Kandidaten wie Mike Pence oder Chris Christie, die genau das tun, stehen in den Umfragen jedenfalls miserabel da. So betont DeSantis lieber, ein Mann der Zukunft zu sein und weicht Fragen zum Kapitol-Sturm am 6. Januar 2021 oder zu anderen Trump-Skandalen aus.

Ob das reicht? Im Moment sieht es nicht danach aus. Für Panik im DeSantis-Lager ist es noch zu früh, denn die heiße Phase des Wahlkampfes beginnt erst, wenn die Vorwahlen laufen. Ein guter Start kann bisherige Umfragen auf den Kopf stellen. Doch bis dahin darf DeSantis nicht das Vertrauen seiner Spender und Wähler verlieren. Bei Fox News und anderen Medien scheint jedenfalls die Skepsis zu wachsen. Die Fragen werden dort schon kritischer, die Geduld schwindet, wie die "New York Times" berichtete. DeSantis muss aufpassen, sonst droht ihm ein ähnliches Schicksal wie anderen Umfrage-Größen aus Wahlkampf-Frühphasen: dass ihm irgendwann die Puste ausgeht. Es wäre nicht das erste Mal, das Trump unterschätzt worden wäre.

Quelle: ntv.de

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