Nach Flugblatt-Affäre Söder hält an Aiwanger fest
03.09.2023, 10:40 Uhr Artikel anhörenBayerns Ministerpräsident Söder will seinen Stellvertreter Aiwanger trotz zahlreicher Vorwürfe in der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt aus Schulzeiten aktuell nicht entlassen. Auf einer Pressekonferenz erläutert er die Entscheidung, Aiwangers Antworten auf 25 Fragen zu den Vorgängen werden veröffentlicht.
Trotz zahlreicher Vorwürfe in der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt aus Schulzeiten will Bayerns Ministerpräsident Markus Söder seinen Stellvertreter Hubert Aiwanger aktuell nicht entlassen. Das gab Söder auf einer eigens anberaumten Pressekonferenz bekannt.
Zuvor hatte Aiwanger auf einen Fragenkatalog von 25 Fragen geantwortet, auf die Söder Antworten verlangt hatte. Söder sagte, seine Entscheidung sei das Ergebnis eines Abwägungsprozesses. Ihm sei es wichtig gewesen, "ein faires und geordnetes Verfahren zu finden" und Aiwanger nicht vorzuverurteilen. Er habe sich dabei nicht nur auf Aiwangers Antworten verlassen, sondern mit seinem Vize auch ein "langes, persönliches Gespräch" geführt. In der Gesamtabwägung wäre "eine Entlassung aus dem Amt aus meiner Sicht nicht verhältnismäßig", sagte der Ministerpräsident.
Aiwanger habe in seiner Jugend "wohl schwere Fehler gemacht und dies auch zugestanden". Es gebe aber keinen Beweis, dass er das Flugblatt selbst verfasst habe. Außerdem sei das 35 Jahre her, seitdem habe es nichts Vergleichbares gegeben und Aiwanger habe Reue gezeigt. Söder und Aiwanger seien zudem übereingekommen, dass der Minister daran arbeiten werde, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Die Fragen und Aiwangers Antworten wurden im Anschluss an die Pressekonferenz veröffentlicht.
Blick nach vorn
Söder kritisierte das Krisenmanagement Aiwangers in den vergangenen Tagen. Dieses sei "nicht sehr glücklich" gewesen. Aiwanger hätte die Vorwürfe früher, entschlossener und umfassender aufklären müssen, so Söder. Aiwangers Entschuldigung sei "spät", aber "nicht zu spät" gekommen.
"Ich weiß, meine Entscheidung wird nicht allen gefallen", sagte Söder zum Abschluss seiner Erklärung. Er sei überzeugt, die "bürgerliche Koalition" in Bayern nun fortsetzen zu können. Im Freistaat wird am 8. Oktober gewählt. Vor den Vorwürfen gegen Aiwanger hatte sich Söder bereits auf die Freien Wähler als künftige Koalitionspartner festgelegt.
Die Vorwürfe gegen Aiwanger waren am vergangenen Wochenende laut geworden. Die "Süddeutsche Zeitung" hatte zuerst über den Fall berichtet. Aiwanger hatte daraufhin eingeräumt, dass Exemplare eines antisemitischen Flugblatts in seinem Schulranzen gefunden wurden. Er bestreitet aber, der Urheber zu sein. Sein Bruder hatte am vergangenen Wochenende dafür die Verantwortung übernommen.
Am Donnerstag entschuldigte sich Aiwanger erstmals öffentlich. In Bezug auf die Vorwürfe blieb er bei bisherigen Darstellungen - insbesondere, dass er das Flugblatt nicht verfasst habe und dass er sich nicht erinnern könne, als Schüler den Hitlergruß gezeigt zu haben. Auf X (ehemals Twitter) wies er zudem den Vorwurf, er habe Hitlers "Mein Kampf" in der Schultasche gehabt, als "Unsinn" zurück. Zu weiteren Vorwürfen äußerte er sich entweder nicht oder sagte, er könne diese aus seiner Erinnerung weder dementieren noch bestätigen. Gleichzeitig ging der Freie-Wähler-Chef zum Gegenangriff über und beklagte eine politische Kampagne gegen ihn und seine Partei.
Quelle: ntv.de, sba