Erster Auftritt im Fernsehen Taliban-Minister rechtfertigt Kriegstote
27.10.2021, 15:57 Uhr
Verwundete Taliban-Veteranen und Zivilisten besuchen derzeit gemeinsam die Reha. Der Verteidigungsminister ruft frühere Feinde auf, sich jetzt die Hände zu reichen.
(Foto: REUTERS)
Der Kampf der Islamisten gegen die NATO-Truppen hat Tausende Afghanen getötet oder verstümmelt. Der neue Verteidigungsminister taucht erstmals in der Öffentlichkeit auf und erklärt seinen Landsleuten, dass die Härten unvermeidlich gewesen seien. Mullah Jakub ist der Sohn des Taliban-Gründers.
Der neue afghanische Verteidigungsminister Mullah Mohammed Jakub ist erstmals öffentlich aufgetreten. Der Sohn von Mullah Omar, dem Gründer und langjährigen Führer der militant-islamistischen Taliban, sprach in der Hauptstadt Kabul bei einer Veranstaltung im Militärkrankenhaus, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Dabei rief er dazu auf, in den afghanischen Gesundheitssektor zu investieren. Von Mullah Jakub, der Mitte 30 sein dürfte, gab es bislang keine offiziellen Bilder. Seit seiner Ernennung Anfang September waren lediglich Audiobotschaften von ihm veröffentlicht worden.
Mullah Jakub war vor der Machtübernahme der Taliban im August als Vizechef der Islamisten für militärische Angelegenheiten zuständig. In seiner Rede rechtfertigte er, dass im Krieg gegen die ausländischen Streitkräfte auch viele Afghanen ums Leben gekommen sind. Man sei in der Vergangenheit Afghanen nie feindlich gegenübergestanden, aber man sei gezwungen gewesen, hart zu kämpfen. Es sei nicht möglich gewesen, amerikanische Basen zu erreichen, ohne Afghanen zu eliminieren. Diese seien ein Hindernis für das islamische System gewesen. Nun aber sollten sich alle Afghanen die Hände reichen.
Afghanistan-Konferenz ohne Taliban
Zugleich nahmen die Taliban an einer Konferenz vom Iran organisierten Konferenz über die politische Zukunft des Landes nicht teil. Persönlich anwesend waren lediglich die Außenminister der Nachbarstaaten Afghanistans: Iran, Pakistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan. Per Videokonferenz sollen offiziellen Angaben zufolge auch die Chefdiplomaten Chinas und Russlands zugeschaltet werden. Eigentlich sollte Irans Präsident Ebrahim Raisi die Konferenz eröffnen, doch aus Termingründen musste er absagen und wurde durch seinen Stellvertreter ersetzt.
Vizepräsident Mohammed Mochber machte zu Beginn der Konferenz vorrangig die "illegitime Einmischung der USA in den letzten zwei Jahrzehnten" für die "derzeitige Misere Afghanistans" verantwortlich. Er betonte, zukünftig sollte in erster Linie jegliche ausländische Einmischung, insbesondere die der USA, in die inneren Angelegenheiten Afghanistans vermieden werden.
Auch Irans Außenminister Hussein Amirabdollahian verlangte ein Ende der US-Interventionen in Afghanistan und mehr Respekt für die Entscheidungen der neuen Regierung in Kabul. Es sollten jedoch "alle politischen Gruppierungen in der zukünftigen Regierung Afghanistans beteiligt sein", betonte Amirabdollahian. Von den Nachbarstaaten forderte er eine konstruktive Zusammenarbeit, um nicht nur Stabilität und Frieden in Afghanistan, sondern auch an ihren eigenen Grenzen zu ermöglichen.
Quelle: ntv.de, mau/dpa