Kritik an "lockerem" Video Varwick zieht Unterschrift für "Manifest" zurück
17.02.2023, 11:23 Uhr
Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer (v.l.) sind die Initiatorinnen des Aufrufs.
(Foto: picture alliance/dpa)
Zu den Erstunterzeichnern des "Manifests für Frieden" gehörte auch Johannnes Varwick, doch nun will der Politologe mit der Initiative nichts mehr zu tun haben. Hintergrund sei, dass inzwischen auch Extremisten zu den Unterstützern gehörten - sowie ein unangemessenes Video.
Einer der Erstunterzeichner des "Manifests für Frieden", Johannes Varwick, hat seine Unterschrift zurückgezogen. Er wolle sich "in keiner Form und bei keiner Sache" mit Extremisten gemein machen, schrieb der Politikwissenschaftler aus Halle in einer Stellungnahme. Unter den Erstunterzeichnern des Dokuments, in dem vor einer Eskalation des Ukraine-Kriegs gewarnt wird, seien "mehrheitlich integre Persönlichkeiten aus unterschiedlichen politischen Lagern" gewesen, so Varwick weiter. Inzwischen seien jedoch "zunehmend Personen dabei, mit denen ich nicht gemeinsam genannt werden möchte". Namen nennt Varwick nicht.
Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer hatten mit dem "Manifest für Frieden" eine breite Kontroverse ausgelöst. In einem Video, mit dem sie für weitere Unterzeichner warben, sagt die 80 Jahre alte Schwarzer lachend: "Manche von euch sind vermutlich überrascht, mich hier mit Sahra Wagenknecht Schulter an Schulter zu sehen. Aber es gibt einen sehr ernsten Grund dafür." Beide Frauen warnen davor, der Ukraine weiterhin Waffen zu liefern. Dies könne in letzter Konsequenz in einem Atomkrieg münden. Beide rufen zudem zu einer Friedenskundgebung am 25. Februar am Brandenburger Tor auf.
Ihr Manifest wurde von 69 Erstunterzeichnern unterstützt - darunter neben der Theologin Margot Käßmann, dem Sänger Reinhard Mey, dem Satiriker Martin Sonneborn und Brigadegeneral a.D. Erich Vad auch Varwick. In seiner Erklärung kritisierte Varwick das Video von Schwarzer und Wagenknecht als unpassend. Zwar spreche nichts gegen eine "lockere Art" auch bei ernsten Themen, die Art der Präsentation durch die beiden Frauen sei aber unangemessen gewesen und könne "bei Opfern des Krieges zu Recht als Provokation empfunden werden".
"Text nicht richtig justiert"
Schwarzer und Wagenknecht betonen in ihrem Manifest: "Die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität." In ihren Augen sei das aber nicht eine immer weitere Verlängerung des Krieges, der aus der Ukraine letztlich ein entvölkertes, zerstörtes Land machen werde. Kritik üben die beiden Verfasserinnen insbesondere am ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. "Präsident Selenskyj macht aus seinem Ziel kein Geheimnis", schreiben sie. "Nach den zugesagten Panzern fordert er jetzt auch Kampfjets, Langstreckenraketen und Kriegsschiffe - um Russland auf ganzer Linie zu besiegen?"
Auch inhaltlich übt Varwick im Nachhinein Kritik am Manifest. "Der Text schien mir zwar nicht in allen Punkten richtig justiert", schreibt der Professor an der Universität Halle, "aber bei einem solchen Text geht es immer um eine Konsensfassung, bei der nicht jeder die eigene Handschrift durchsetzen kann." Aus diesem Grund sei er eigentlich auch kein Freund solcher Aufrufe. Er sei zunächst auch nur von Schwarzer angesprochen worden, ob er sich der Initiative anschließen wolle, und habe sich "vermutlich nicht intensiv genug" gefragt, ob er seine Unterschrift zurückziehen solle, nachdem sich auch Wagenknecht dem Manifest anschloss.
Die Intention des Aufrufes unterstütze er auch weiterhin, schreibt Varwick. Er werde weiterhin für seine Argumente streiten und habe auch keine Angst vor "Beifall von der falschen Seite". "Aber das setzt voraus, dass eine klare Distanzierung von denjenigen Unterstützern erfolgt, die man für nicht akzeptabel hält." Dem Manifest von Schwarzer und Wagenknecht haben sich auf change.org inzwischen rund 490.000 Menschen angeschlossen.
Quelle: ntv.de, jug/dpa