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Videos im Netz aufgetaucht Verrät gefangener Offizier russische Stellungen?

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Major Yuri Tomov soll sich in ukrainischer Kriegsgefangenschaft befinden.

Major Yuri Tomov soll sich in ukrainischer Kriegsgefangenschaft befinden.

(Foto: Screenshot Telegram/ Grey Zone)

Am Fluss Dnipro fällt laut russischen Bloggern ein Offizier von Putins Truppen in die Hände der Ukrainer. Im Netz aufgetauchte Videos zeigen den Kommandeur nun, wie er bereitwillig Fragen zu militärischen Angelegenheiten beantwortet. Ein Experte rät bei den Aussagen zur Vorsicht.

Vergangene Woche meldete der russische Telegram-Kanal Trynadtsatiy, dass eine Gruppe russischer Soldaten am Ostufer des Flusses Dnipro in der Region Cherson in die Hände des ukrainischen Militärs gefallen sei. Den Angaben zufolge sollen rund ein Dutzend Soldaten unter der Führung von Major Yuri Tomov, Kommandeur des 1822. Bataillons, am Dienstag in einen Hinterhalt geraten sein, nachdem die Kommunikation mit einer nahegelegenen Einheit abgerissen war.

Nun sind im Netz zwei Videos mit Tomov aufgetaucht, die ihn scheinbar in ukrainischer Kriegsgefangenschaft zeigen. In einem der Videos ist der Major zu sehen, wie er sich über eine Landkarte beugt und angewiesen wird, russische Stellungen zu markieren, was er dann auch tut. Auf der Karte ist der Dnipro und der Ort Kosatschi Laheri zu erkennen. In der Nähe des Dorfes soll Tomov den russischen Angaben zufolge in Gefangenschaft geraten sein.

Der andere Clip zeigt den Major auf einem Stuhl sitzend im Verhör. Dabei gibt er an, dass er im September 2022 eingezogen wurde und seit Mitte Oktober in der Ukraine kämpft. Die Verluste seiner Einheit beziffert er auf etwa 30 Prozent. Viele Soldaten seien nach kurzer Zeit depressiv geworden und hätten sich geweigert, die ihnen zugewiesenen Aufgaben zu erledigen. "Mit einem solchen Personal ist es unmöglich, Kampfhandlungen durchzuführen", so Tomov.

Zugleich übt der Offizier auch Kritik an Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Der vom Kremlchef begonnene Konflikt sei ein grausamer Krieg, der auch die friedliche Bevölkerung nicht verschone. "Ich möchte an alle Offiziere, alle meine Mitstreiter appellieren und sie bitten, diesen sinnlosen blutigen Krieg auf ukrainischem Territorium zu beenden. Dieser Krieg wird verloren sein und unserer Heimat nichts Gutes bringen", so Tomov.

Recherchen von RTL/ntv zufolge handelt es sich bei der Person in den zwei Videos tatsächlich um den russischen Offizier Yuri Tomov. Ob er tatsächlich russische Stellungen verraten hat, lässt sich unabhängig nur schwer verifizieren. "Die Aussagen, die Kriegsgefangene treffen, müssen unter dem Aspekt betrachtet werden, dass sie möglicherweise unter Zwang und Angst geschehen sind", sagt dazu Oberst Markus Reisner vom österreichischen Bundesheer zu ntv.de. Daher sei gar nicht klar, ob alles stimmt, was der Major beim Verhör gesagt hat und ob die Karte wirklich die russischen Stellungen zeigt. "Ich denke: mit hoher Wahrscheinlichkeit ja", so Reisner.

Seltsam ist, dass der Clip von Tomov und der Landkarte zuerst in russischen Kreisen zirkulierte. Laut dem Verifizierungsteam von RTL/ntv tauchte die Aufnahme zunächst im Telegram-Kanal Grey Zone auf und verbreitete sich von dort aus im Netz. Der Blog steht der Söldnergruppe Wagner nahe. Auch die Details zu Tomovs Gefangennahme basieren bislang ausschließlich auf Angaben russischer Kriegsblogger. Das Video von Tomovs Verhör erschien hingegen zuerst auf dem ukrainischen Kanal Nikolaevsky Vanyok.

Kiew und Moskau haben sich bislang nicht offiziell zu dem Fall geäußert. Die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar bestätigte am Sonntag lediglich Vorstöße ukrainischer Einheiten auf das russisch besetzte Ufer des Dnipro. Das britische Verteidigungsministerium meldete zuletzt einen Anstieg kleinerer Gefechte entlang des Flusses.

Quelle: ntv.de, jpe

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