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Brüssels Billionen-"Green Deal" Von der Leyen bittet Länder zur Kasse

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warnt vor den Kosten des Nichthandelns: Sie seien "so viel höher".

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warnt vor den Kosten des Nichthandelns: Sie seien "so viel höher".

(Foto: REUTERS)

Der "Green Deal" der EU kostet pro Jahr mehr als eine Billion Euro. Lange war nicht klar, woher das Geld kommen soll. Jetzt legt EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen einen Plan vor, der die Mitgliedsstaaten zur Finanzierung auffordert. Doch der könnte "auf wackligen Beinen" stehen.

Europa soll bis zum Jahr 2050 der erste klimaneutrale Kontinent der Welt werden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Deutschland und die anderen europäischen Mitgliedstaaten aufgefordert, die Finanzmittel für ihre Pläne zum Klimaschutz bereitzustellen. Die Vorhaben unter ihrer "Green Deal"-Initiative seien "zum großen Vorteil all unserer Mitgliedstaaten", sagte von der Leyen im Europaparlament in Straßburg. Denn die Kosten des Nichthandelns seien "so viel höher und die Folgen so viel schwerer, dass man diese kluge Investition in unsere Zukunft leisten sollte".

Das Vorhaben innerhalb der "Green Deal"-Initiative Brüssels beinhaltet einen Übergangsfonds, der Gebieten, auch in Deutschland, den Ausstieg aus der Kohleförderung ermöglichen soll. Ein Überblick:

Riesige Investitionslücke beim Klimaschutz

In ihrem "Investitionsplan für ein nachhaltiges Europa" geht die Kommission davon aus, dass jährlich 1,2 Billionen Euro nötig sind, um das EU-Klimaziel für 2030 noch zu erreichen (Verringerung der Treibhausgase um 40 Prozent im Vergleich zu 1990). Dazu müssten "zusätzliche Investitionen von 260 Milliarden Euro pro Jahr" mobilisiert werden, heißt es in einem Dokument der Behörde, das von einer "Investitionsherausforderung" spricht.

Größter Investitionsbedarf bei der Gebäudesanierung

Den größten Bedarf für klimafreundliche Investitionen sieht die EU mit zusätzlich 120 Milliarden Euro jährlich bei der energetischen Sanierung von Wohngebäuden. Es folgen wirtschaftlich genutzte Gebäude wie Büros oder Fabriken, bei denen aus Sicht Brüssels 75 Milliarden Euro pro Jahr mehr nötig sind. Im Energiebereich fehlen demnach 40 Milliarden jährlich und im Verkehrssektor 20 Milliarden Euro.

Brüssels Billionen-Euro-Plan

Ziel der Kommission ist es, zwischen 2021 und 2030 zusätzliche öffentliche und private Investitionen in Klimaprojekte von "mindestens einer Billion Euro" zu mobilisieren - also rund 100 Milliarden pro Jahr. Aus dem EU-Haushalt sollen dabei 485 Milliarden Euro kommen.

Investitionen würden insbesondere über das InvestEU-Programm erfolgen. Die Mitgliedstaaten sollen sich durch Ko-Finanzierung mit rund 115 Milliarden Euro beteiligen. Die Europäische Investitionsbank (EIB) soll zudem "Europas Klimabank" werden und ihre Kredite in diesem Bereich verdoppeln.

Hilfe für Regionen beim Ausstieg aus der Kohle

Ein eigener "Mechanismus für einen gerechten Übergang" soll Regionen helfen, aus der Kohle auszusteigen. Die Kommission zählt dabei 108 europäische Gebiete mit 237.000 Beschäftigten, die Mittel beantragen könnten. Gefördert würden etwa die Umschulung von Arbeitnehmern, Investitionen in die Ansiedlung neuer Firmen oder die Dekontaminierung bisheriger Kohle-Produktionsstätten. Über die zehn Jahre bis 2030 sollen dabei 143 Milliarden Euro zur Verfügung stehen.

Niedrigerer EU-Anteil für Deutschland als für Rumänien

Der Umfang der EU-Hilfe innerhalb des Übergangsfonds hängt aber vom Reichtum der jeweiligen Mitgliedstaaten ab: Je ärmer sie sind, desto weniger müssen die nationalen Regierungen selbst über die Ko-Finanzierung beisteuern. Bei Regionen in Deutschland wie der Lausitz oder dem rheinischen Braunkohlerevier wären die nationalen Anteile deshalb grundsätzlich höher als bei solchen Gebieten etwa in Rumänien.

Atomkraft

Ausdrücklich ausgeschlossen hat die EU-Kommission Hilfen für den Bau oder die Stilllegung von Atomkraftwerken. Wegen der notwendigen Zustimmung der Mitgliedstaaten ist diese Frage aber offen. Denn diese haben sich noch nicht abschließend auf eine Definition für nachhaltige Geldanlagen geeinigt. Auf Druck osteuropäischer Länder und Frankreichs nannte der EU-Gipfel im Dezember Atomkraft bereits als mögliche Energiequelle auf dem Weg zur Klimaneutralität.

Finanzierungspläne "auf wackligen Beinen"

Die EU-Kommission prescht mit ihren Finanzierungsplänen vor. Denn deren Zukunft hängt von den schwierigen Verhandlungen über den nächsten mehrjährigen EU-Finanzrahmen für die Zeit von 2021 bis 2027 ab.

Nettozahlerländer wie Deutschland und Österreich verlangen, dass das Budget wie bisher bei 1,0 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung bleibt. Die Kommission fordert auch wegen ihrer Klimapläne mindestens 1,11 Prozent. Für den grünen Finanzexperten Sven Giegold steht von der Leyens Green-Deal-Finanzierungsplan deshalb vorerst "auf wackligen Beinen".

Quelle: ntv.de, vmi/AFP

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