Politik

Prepper, Soldaten, CDU-Kontakte Was will der Verein Uniter?

Die Internetpräsenz des Vereins ist hochgeschlossen, aber unverdächtig.

Die Internetpräsenz des Vereins ist hochgeschlossen, aber unverdächtig.

Früher Neonazi, heute CDU-Politiker - und bis vor Kurzem Mitglied beim Verein Uniter. Der Fall Robert Möritz wirft wieder ein Schlaglicht auf den Verein. Ist er Teil der rechten Prepper-Szene oder eher eine Jobbörse für Ex-Soldaten?

Der CDU-Kommunalpolitiker Robert Möritz aus Sachsen-Anhalt hat eine eindeutige Vergangenheit. Er soll vor acht Jahren als Ordner bei Neonazi-Demonstrationen gearbeitet haben und trägt ein Tattoo aus drei übereinandergelegten Hakenkreuzen, die sogenannte Schwarze Sonne. Der Fall hat die Frage aufgeworfen, wie die CDU mit Rechtsextremismus in den eigenen Reihen umgeht und beschäftigt inzwischen auch die Parteispitze. Auch seine Mitgliedschaft in dem Verein Uniter sorgt für Diskussionen. Doch was will der eigentlich?

Möritz hat sich inzwischen von seiner Vergangenheit im Neonazi-Milieu distanziert. Vor seinem Kreisvorstand erklärte er, damals "persönlich noch nicht gefestigt" gewesen zu sein. Er bezeichnete es als "Fehler", als Ordner bei der Demo mitgemacht zu haben. Warum er, Jahre nachdem er sich angeblich dem Grundgesetz zugewandt hat, immer noch ein Symbol des Nationalsozialismus auf seinem Körper trägt, ist aber unklar. Als der öffentliche Druck groß wurde, verließ Möritz auch Uniter. Obwohl es seitens seiner Vorgesetzten dazu eigentlich keinen Grund gab. "Aus einer Mitgliedschaft im Verein Uniter" könne "keine rechtsextremistische Gesinnung abgeleitet werden", erklärte der Kreisvorstand. Aber ist das wirklich so? Möritz scheint kein Einzelfall zu sein. Wie der "Tagesspiegel" berichtet, sind weitere CDU-Funktionäre aus Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt Mitglied bei Uniter.

Der Kreisvorstand beruft sich bei der Einschätzung von Uniter auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken. Aus dieser geht tatsächlich nicht hervor, dass der Verein eine rechtsextreme Organisation ist. Der Verein sei "derzeit kein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes", heißt es darin. Auffällig ist darin aber auch, wie oft die Bundesregierung antwortet, dass ihr "keine Erkenntnisse" vorliegen. Welche Erkenntnisse gibt es zu militärischen Auslandstrainings des Vereins? Haben Mitglieder Liegenschaften der Polizei oder der Bundeswehr für ihre Veranstaltungen genutzt? Wie bewertet die Regierung Berichte, wonach Uniter-Mitglieder Waffen aus Kasernen übernehmen wollten? Wie viele Soldaten und Polizisten sind Mitglied des Vereins? Zu alledem hat die Bundesregierung keine Erkenntnisse - was bedeuten kann, dass es keine Hinweise darauf gibt oder es die Bundesregierung einfach nicht weiß.

Löschkalk für die Massengräber

Größere Bekanntheit hat der Verein erlangt, nachdem die "taz" im März Recherchen zu einem Prepper-Netzwerk innerhalb deutscher Sicherheitsbehörden veröffentlicht hat, das als "Hannibal" bezeichnet wird. Ausgangspunkt war die Verhaftung des Bundeswehrsoldaten Franco A., der sich bewaffnet und als syrischer Flüchtling ausgegeben hat, um dann - so die Erkenntnisse der Bundesanwaltschaft - einen Anschlag unter falscher Flagge zu verüben. A. war Mitglied eines Netzwerks, das sich auf den "Tag X", den Zusammenbruch der Staatsordnung, vorbereitet hat. Über Telegram-Chat-Gruppen hatte er demnach Kontakt zu Polizisten, Reservisten, Soldaten, Richtern und Angehörigen von polizeilichen und militärischen Spezialkräften.

Gründer des Netzwerks war der KSK-Soldat André S., der darin unter dem Pseudonym "Hannibal" agierte. Angelehnt an die Wehrbereichsverwaltung waren die Chats in "Nord", "Süd", "West" und "Ost" aufgeteilt. Region "Nord" wurde auch als "Nordkreuz" bekannt. Die rund 30-köpfige Gruppe legte nicht nur "eiserne Reserven" in Form von Konserven und Notstromaggregaten an, sondern hortete auch Waffen. Bei den Ermittlungen wurden automatische Waffen, Schalldämpfer und mindestens 60.000 Schuss Munition gefunden. Nordkreuz legte Feindeslisten an und schlug vor, Leichensäcke und Löschkalk zu beschaffen. Letzterer beschleunigt die Verwesung in Massengräbern.

Ebenfalls im Hannibal-Netzwerk aktiv war eine Gruppe von Uniter-Mitgliedern. Mitbegründer des Vereins und jahrelanger Vorstand war den Recherchen zufolge André S. selbst. Nach Recherchen des "Focus", der sich auf Ermittlungsakten des Bundeskriminalamtes beruft, bildeten rund 200 Uniter-Mitglieder eine konspirative Gruppe innerhalb des Hannibal-Netzwerks. Laut Zeugen hat es auch innerhalb dieser Gruppe konkrete Planungen für den "Tag X" gegeben. Es seien geheime Waffendepots und Treibstofflager angelegt und der Plan formuliert worden, missliebige Politiker "zu einem Ort mit Tötungsabsicht zu verbringen". Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch steht demnach weit oben auf einer dieser Todeslisten, die allerdings bis heute nicht gefunden wurden. Was aus diesen Aussagen ebenfalls hervorgeht: Uniter-Mitgründer André S. soll private Schießübungen aus fliegenden Helikoptern in Polen und Tschechien und paramilitärische Trainings in einer Kaserne in Baden-Württemberg angeboten haben. Bewiesen ist all das jedoch nicht. Ist Uniter als rechtsradikal-revolutionäre Gruppe daran beteiligt, in Deutschland eine Art Schattenarmee aufzustellen?

Umsturzpläne? "Keine Anhaltspunkte"

Die Außendarstellung des Vereins selbst könnte von diesem Verdacht kaum weiter entfernt sein. Es ist von einer Verbindung von Menschen "mit gleichen Werten, Tugenden, ohne Ansehen ihrer Herkunft, ihrer Kultur oder ihres Glaubens" die Rede. Ziel sei es, "in einer weltweiten Gemeinschaft Sicherheit und Stabilität auf der Grundlage von Freiheit, Demokratie, Rechtstaatlichkeit und der Menschenrechte" zu fördern. Als einer der "Kernwerte" des Vereins wird Toleranz beschrieben. Respekt und Gerechtigkeit mit dem Ziel, eine friedliche Lösung zu finden, sind im "Kodex" von Uniter beschrieben. Doch noch eine andere Tugend wird dort gefordert: Verschwiegenheit - und zwar über die Dauer der Mitgliedschaft hinaus. Informationen darüber, was in dem Verein tatsächlich vor sich geht, sind dementsprechend schwer zu bekommen. Es scheint jedoch viel um die Vermittlung von Jobs und Aufträgen für Sicherheitsfirmen zu gehen. Also eine Art militärisch organisierte Job-Vermittlung mit karitativem Charakter?

Uniter, das schreibt der Verein selbst, distanziere sich "klar von jeder Art von Extremismus und unterstützt keine verbotenen oder extremistischen Organisationen". Wohl in Anspielung auf die Berichterstattung der "taz" heißt es dort außerdem: "Eine politisch motivierte Artikelserie stellte ab November 2018 das Netzwerk plötzlich vor die Herausforderung, das eigene Profil zu schärfen, die Außendarstellung stärker zu fördern, mehr Transparenz zu ermöglichen. Ein unfreiwilliger Lernprozess begann."

Bisher haben Ermittler keine Beweise dafür gefunden, dass Uniter am Aufbau einer Schattenarmee beteiligt ist. Vereinsmitgründer André S. ("Hannibal") wurde lediglich wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu 120 Tagessätzen verurteilt. Ermittlungen wegen politisch motivierter Straftaten gibt es gegen ihn nicht. Er ist inzwischen aus der Bundeswehr ausgeschieden. Zu einem anderen Schluss als die Recherchen der "taz" kommen die Erkenntnisse der ARD. Schmiede der Verein Pläne für den politischen Krisenfall oder sogar einen Umsturz? Dafür gebe es "keine Anhaltspunkte", schreibt der Sender im Februar über seine Recherche. Die Welt von Uniter sei für Zivilisten "durchaus befremdlich", eine Staatsgefährdung sei jedoch nicht zu erkennen.

In einem anderen Beitrag des Senders jedoch kommt ein ehemaliger Elitesoldat zu Wort, den Uniter nach seinen Angaben abwerben wollte und der ganz anders klingt. "Uniter sei ein Pakt der Wölfe", habe man ihm damals gesagt, erzählt er. "Wölfe, die die Schafherde kontrollieren sollen." Gemeint sei damit das deutsche Volk. Auch in der Eigenbeschreibung von Uniter heißt es, der Verein sei einmal aus einem "Bund der Wölfe" hervorgegangen.

Quelle: ntv.de

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