"Die Uhr tickt" Weitere Demokraten legen Biden Rückzug nahe
07.07.2024, 23:55 Uhr Artikel anhören
Biden hat inzwischen mehrfach deutlich gemacht, dass er an der Kandidatur festhalten will.
(Foto: AP)
US-Präsident Biden kämpft um seine Präsidentschaftskandidatur, bei den Demokraten werden die Rufe nach einem Rückzug derweil immer lauter. Die nächsten Tage dürften entscheidend sein.
Während US-Präsident Joe Biden bei Wahlkampfauftritten versucht, Zweifel an seiner Fitness auszuräumen, machen Parteifreunde nach dem verpatzten TV-Duell mit Donald Trump weiter Druck, dass er seine Wiederwahl-Pläne überdenkt. Die kommende Woche sei entscheidend, sagte der demokratische Senator Chris Murphy dem Sender CNN. Die Uhr ticke. "Ich denke, der Präsident muss mehr tun."
Der Abgeordnete Adam Schiff sagte dem Sender NBC, Biden müsse schnell handeln, um Bedenken auszuräumen. Dieser hatte gestern in einer E-Mail Forderungen nach einem Rückzug als "Unsinn" zurückgewiesen. Ein Interview Bidens mit dem Sender ABC News am Freitag trug wenig dazu bei, Bedenken von Kritikern und Spendern zu zerstreuen.
Fünf Abgeordnete haben Biden bereits aufgefordert, seine Kandidatur zu beenden, darunter Angie Craig aus Minnesota. Nach dem TV-Duell mit Trump und einer fehlenden energischen Antwort Bidens darauf glaube sie nicht, dass Biden einen effektiven Wahlkampf führen und gegen Donald Trump gewinnen könne, hatte sie erklärt. Heute legte Alan Clendenin vom Demokratischen Nationalkomitee (DNC) Biden den Rückzug nahe. "Joe Biden wird den Historikern als einer der besten Präsidenten der US-Geschichte in Erinnerung bleiben, aber bei dieser Wahl geht es um die nächsten vier Jahre, nicht um die letzten dreieinhalb", sagte Clendenin. Das DNC hat Biden auch nach dem TV-Duell unterstützt.
Unter den Demokraten im Repräsentantenhaus kursieren Insidern zufolge zudem zwei Briefe, in denen Biden zum Rückzug gedrängt wird. In den kommenden Tagen könnte der Druck zunehmen, wenn die Abgeordneten nach einer Ferienpause nach Washington zurückkehren und Sponsoren über die weitere Finanzierung von Bidens Kampagne entscheiden.
Biden hatte am Freitag in einem ABC-Interview gesagt, er glaube nicht, dass jemand besser qualifiziert sei, Trump zu schlagen. Umfragen, die wachsende Sorgen seiner Parteifreunde spiegeln, seien ungenau. Nach einer Erhebung von Reuters/Ipsos würde jeder dritte Anhänger der Demokraten Biden nahelegen, das Rennen aufzugeben. Mehrere einflussreiche Spender und Geschäftsleute haben ihren Unmut bereits öffentlich geäußert. Sie drohen damit, die Finanzierung der Wahlkampagne stoppen.
Biden: "Nie optimistischer gewesen"
Biden ist derweil für Wahlkampfauftritte im Bundesstaat Pennsylvania unterwegs. "Ich bin offen gestanden nie optimistischer über Amerikas Zukunft gewesen", sagte er in einer historisch vor allem von Schwarzen besuchten Kirche in Philadelphia, wo er jubelnd empfangen wurde. "Wenn wir zusammenhalten. Das meine ich ernst." Seine Rede las der 81-Jährige mit kraftvoller Stimme von einem Manuskript ab und wich dabei kaum vom Text ab.
Vor der beginnenden Sitzungswoche im Kongress in Washington wollen sich heute demokratische Abgeordnete aus dem Repräsentantenhaus zusammenschalten, morgen dann Senatorinnen und Senatoren, um den Wahlkampf und Bidens Kandidatur zu besprechen. Im Fall eines Rückzugs von Biden gilt bei vielen Demokraten Vizepräsidentin Kamala Harris als wahrscheinlichste Kandidatin für die Wahl am 5. November. Biden selbst hatte im ABC-Interview gesagt, nur Gott könne ihn zum Rückzug bewegen.
Quelle: ntv.de, ino/dpa/rts