Ein Tod ohne Sinn Wie Iryna Filkina zum Symbol des Krieges wurde
22.02.2023, 16:54 Uhr
Iryna Filkina wurde offenbar auf dem Heimweg erschossen.
(Foto: REUTERS)
Das Massaker von Butscha hat sich fast ein Jahr nach Kriegsbeginn tief ins Gedächtnis der ukrainischen Bevölkerung eingegraben. Eine der Toten, Iryna Filkina, wurde zum Symbol für die verübten Gräuel an der Zivilbevölkerung. Ihr Schicksal belastet Angehörige bis heute.
Das Foto ihrer Hand, mit leuchtend roten Fingernägeln, ging um die Welt. Im April 2022 fotografierte ein Journalist die tote Iryna Filkina. Sie lag an einer Straße in Butscha. Ihre Leiche war, wie viele andere, einfach von den russischen Besatzern liegen gelassen worden. Ein Jahr nach Beginn der Invasion in die Ukraine ist Iryna Filkina zum Symbol geworden für die Grausamkeit des Krieges und für das Leid der ukrainischen Zivilbevölkerung. Sie wurde 52 Jahre alt.
"Für mich blieb am 5. März die Welt stehen", erzählte Svitlana Safonova, die Schwester der Toten, knapp ein Jahr danach über den Tag, an dem Iryna Filkina vermutlich erschossen wurde, der Nachrichtenagentur Reuters. "Wenn jemand nach langer Krankheit stirbt und beerdigt wird, ist das das eine. Etwas ganz anderes ist es, wenn er plötzlich ermordet wird - und das völlig ohne Grund."
Anfang April, kurz nachdem die russischen Truppen aus Butscha abgezogen waren, war Iryna Filkina entdeckt worden. Ein ganzer Straßenzug war übersät mit den Leichen von getöteten Zivilisten. Einige von ihnen wurden offenbar regelrecht hingerichtet. Laut Safonova wurde ihre Schwester erschossen, als sie gerade mit dem Fahrrad unterwegs nach Hause war. Insgesamt entdeckten die ukrainischen Truppen nach der Befreiung von Butscha rund 450 Leichen, die meisten wiesen Spuren von Folter oder einem gewaltsamen Tod auf.
Dass es sich um Kriegsverbrechen handelt, schien schnell klar zu sein. Ermittler sicherten auch mit internationaler Hilfe Beweise gegen die russischen Truppen. Russland bestreitet bis heute, für das Massaker verantwortlich zu sein. Videoclips in schlechter Qualität sollten suggerieren, dass die auf der Straße liegenden Menschen sich nur tot stellten. Reporter vor Ort und Satellitenbilder haben das widerlegt. Und Butscha blieb kein Einzelfall. Auch in Isjum wurden im September Massengräber entdeckt, das Land stand erneut unter Schock.
Iryna Filkina wurde am Stadtrand von Butscha beerdigt. Dort sind mehrere Friedhöfe entstanden, um die vielen Toten zu beerdigen. Etwa vier Wochen lag die Leiche der 52-Jährigen am Straßenrand, bevor sie geborgen werden konnte. Für ihre Familie ist das nur schwer zu ertragen. Dass Iryna Filkina überhaupt identifiziert werden konnte, lag an ihren Fingernägeln. Die Ukrainerin hatte sich nur wenige Tage vor ihrem Tod die Nägel von Anastasiia Subacheva machen lassen - und die hatte ein Foto der lächelnden Kundin auf Instagram geteilt. Fünf rot lackierte Nägel und ein silbernes Herz. Subacheva erkannte sie sofort.
Auch die beiden erwachsenen Töchter von Iryna Filkina, Nadia und Olga, haben vom Tod ihrer Mutter erst in den sozialen Medien erfahren. Sie haben inzwischen eine Stiftung mit dem Namen "Mama Ira" gegründet und sammeln Geld für Kinder, die im Krieg ihre Eltern verloren haben. So wie sie selbst.
Quelle: ntv.de, jug