Politik

Wahlarena mit Baerbock "Wir sind ein Land der Vielen"

Annalena Baerbock in der Wahlarena der ARD.

Annalena Baerbock in der Wahlarena der ARD.

(Foto: picture alliance/dpa)

In den nächsten beiden Wochen werden die Kanzlerkandidatin und die beiden Kanzlerkandidaten von Grünen, SPD und CDU in ARD und ZDF von Journalisten und Zuschauern befragt. Am Montagabend ist in der Wahlarena die Spitzenkandidatin der Grünen zu Gast. Baerbock lässt es dabei nach Kräften menscheln.

Das Format gibt es in der ARD schon seit 2005: Die Wahlarena. Dabei haben Zuschauer die Möglichkeit, den Kanzlerkandidatinnen und -Kandidaten auf den Zahn zu fühlen. Am Montagabend ist in der ersten Wahlarena die Kandidatin der Grünen zu Gast. Annalena Baerbock stellt sich 65 Gästen. Das macht sie sehr souverän. Immer wieder versucht sie, mit den Fragestellern ins Gespräch zu kommen. Drei Gästen verspricht sie gar, sich nach der Sendung mit ihnen zu treffen und besondere Probleme zu diskutieren. Ihre Antworten sind kurz, prägnant. Als Zuschauer kann man das Gefühl bekommen, da sei jemand, der sich wirklich für die Menschen einsetzen will. Ihr Motto: Nicht über das jammern, was in den letzten Jahren falsch gelaufen sei. "Wir müssen jetzt sagen: Wir machen es in Zukunft besser."

"Frau Baerbock, Sie haben ganz tolle Schuhe"

Den ersten Höhepunkt der Sendung gibt es nach gut 30 Minuten, als ein in Braunschweig geborener Fragesteller mit Migrationshintergrund vor seiner Frage erst einmal die Schuhe der Kandidatin lobt - und damit für den Shitstorm des Abends sorgt. Tatsächlich hat der junge Mann ein Problem. Er schildert seine jahrelangen vergeblichen Versuche, eine Ausbildungsstelle im öffentlichen Dienst zu bekommen. Das führt er auf seinen türkischen Namen zurück. Und Baerbock enthüllt einen Plan für ein neues "Gesellschaftsministerium", das sich mit der Gleichstellung benachteiligter Menschen befassen soll. Dazu gehören laut Baerbock Menschen mit Migrationshintergrund, alleinerziehende Mütter, Behinderte. Dieses Ministerium solle sich auch mit dem Alltagsrassismus auseinandersetzen, der dazu führe, dass Menschen mit Migrationshintergrund oft nicht in Discos hineingelassen oder in der Bahn häufiger kontrolliert würden. "Wir sind ein Land der Vielen", sagt Baerbock.

"Es wird nicht zu Versorgungsengpässen kommen"

Wirft man einen Blick darauf, welche Probleme Annalena Baerbock in den nächsten Jahren zu lösen verspricht, könnte man sich auf ein neues Schlaraffenland freuen.

  • Auf den Autobahnen sollen in Zukunft nur noch E-Autos mit einer Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h unterwegs sein.
  • Pflegekräfte sollen nur noch 35 Stunden pro Woche arbeiten, zu ihrer Entlastung sollen Fachkräfte aus dem Ausland kommen.
  • Bei der Polizei sollen 30.000 Stellen nachbesetzt werden.
  • Die Herkunft von Lebensmittel soll besser kenntlich gemacht werden.
  • Im Mittelpunkt der Politik sollen die Digitalisierung, die Förderung von gesundem Essen und von Künstlern stehen.
  • Damit es Rentnern auch in Zukunft gut geht, will Baerbock den Mindestlohn erhöhen und dafür sorgen, dass mehr Frauen Vollzeit arbeiten können.
  • Und dann will sie auch noch den Landwirten beim Umbau von Tierställen helfen - denn wenn es den Menschen gutgeht, darf man die Tiere nicht vergessen.

Wirklich wichtig für Annalena Baerbock ist aber die Förderung neuer Energien. Sie setzt sich für einen Kohleausstieg im Jahr 2030 ein, also acht Jahre früher als die große Koalition. Das ist eine der wenigen Gelegenheiten, wo sie ihre beiden Konkurrenten Armin Laschet und Olaf Scholz direkt angreift: "Man kann nicht 2038 aus der Kohleenergie aussteigen und für 2040 Klimaneutralität fordern", betont sie.

Schon in der ersten Regierungszeit will Baerbock in den Ausbau von Windkraftwerken investieren. Auf jedem Dach solle eine Solaranlage installiert werden. Mögliche Engpässe sollen vermieden werden. Darum setzt Baerbock auch auf Biogas. Auf die besorgte Frage eines Zuschauers, wie sie denn mit diesen Plänen Energieengpässe vermeiden wolle, sagt sie: "Es wird nicht zu Versorgungsengpässen kommen."

Dass der Energieumbau gerade auf dem Land schwierig wird, ist Baerbock klar. Darum will sie in den öffentlichen Personennahverkehr investieren. Stillgelegte Bahnstrecken sollen wieder in Betrieb genommen und Dörfer an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden werden. Außerdem will sie den Kauf von E-Autos mit bis zu 9000 Euro fördern.

Am Ende haben die Zuschauer einen interessanten Mix aus Information und Unterhaltung erlebt. Annalena Baerbock hat sich von ihrer menschlichen Seite gezeigt. Sie wirkte nicht steif. War ihr Auftreten früher manchmal von einer gewissen Arroganz geprägt, war davon diesmal nichts zu spüren. Sie hat sich Mühe gegeben, bei den Zuschauern Pluspunkte zu sammeln - und das ist ihr auch gelungen. Gepunktet hat sie dabei vor allem mit ihren Aussagen. Ihre Schuhe dürften dabei eine eher untergeordnete Rolle gespielt haben. Die hatten vergleichsweise hohe Absätze und waren braun.

Quelle: ntv.de

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