
Diese Aussage auf einem Schild bei einer Klimademonstration am vergangenen Freitag stimmt nicht ganz: Bei ihren Verhandlungen zeigen sich die Ampel-Unterhändler derzeit nicht.
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Vertrauen kommt von Vertraulichkeit. Den Satz haben sich die drei Ampel-Parteien ganz besonders zu Herzen genommen. Aber sie übertreiben es damit.
Seit heute tagen 22 nach Themen sortierte Arbeitsgruppen in Berlin, bestückt mit jeweils insgesamt 10 bis 15 Vertretern von SPD, Grünen und FDP. Ort(e): geheim. Uhrzeit: geheim. Die Gruppen organisieren sich selbst und wollen die Treffpunkte wechseln. Man kann es auch übertreiben, was soll das?
Natürlich brauchen Verhandlungen ein gewisses Maß an Vertraulichkeit, damit man am Tisch auch einmal laut denken kann, ohne dafür gleich öffentlich geradestehen zu müssen. Und natürlich ist nicht jede Wendung in den Verhandlungen von öffentlicher Bedeutung für Medien und Bürger. Nicht alles, was in einem "Hinterzimmer" passiert, ist gleich auch eine Verschwörung.
Dafür sollten Bürger wie Journalisten ein gewisses Verständnis haben. Ebenso dafür, dass besonders FDP und Grüne aus dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen 2017 lernen wollen, die früh aus dem Ruder liefen. Die damaligen Verhandlungen sind allerdings nicht an einem Übermaß von Beobachtung oder Transparenz gescheitert, sondern vor allem an schlechter Verhandlungsführung oder politisch unüberbrückbaren Gegensätzen.
Warum also müssen die drei Ampel-Parteien von einem Extrem ins andere verfallen? Man wird den Verdacht nicht los, dass sich SPD, FDP und Grüne inzwischen an der eigenen Harmonie und ihrem hartnäckigen Schweigen berauschen. Aber Geheimniskrämerei und Selbstabschottung wirken zusehends wie eine Wagenburg nach dem Motto: "Wir hier drinnen. Die da draußen."
Allein: "Die da draußen" - das sind die Wähler. Und die wüssten gern, was da auf sie zukommt, bevor es ankommt. Sie wüssten gern, ob die Partei, die sie gewählt haben, wirklich für die Dinge kämpft, die auf den Wahlplakaten standen. Sie wüssten nicht nur gern, wie es am Ende ausgeht, sondern wie der Weg dahin ist und warum. Die politische Meinungsbildung - erst recht eine Regierungsbildung - muss für alle halbwegs nachvollziehbar sein.
Es wird Zeit, dass SPD, Grüne und FDP die Bürger ernst nehmen. Zuviel Geheimnistuerei ist mindestens so schlimm wie zu viel Geplauder.
Quelle: ntv.de