Person der Woche

Person der Woche: Nikki Haley Trump und Biden werden nervös - am Ende wird eine Frau Präsidentin

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Außenseiterin Nikki Haley ist in einem spektakulären Aufwind. Unerwartet ist der US-Wahlkampf kein düsteres Altherren-Duell mehr. Haley steigt nicht nur in den Umfragen - auch die Wirtschaftselite der USA spendet Millionen.

Ihre Umfragewerte steigen nicht bloß, sie springen nach oben. Die ehemalige US-Botschafterin der Vereinten Nationen würde nach einer neuen Umfrage des "Wall Street Journal" im direkten Duell US-Präsident Joe Biden mit 51 zu 34 Prozent schlagen. Nikki Haley startete als krasse Außenseiterin, doch dann gewann sie vier TV-Kandidatendebatten der Republikaner hintereinander. Seit dieser Woche hat sie ihren schärfsten Konkurrenten Ron DeSantis in den Umfragen überholt. Plötzlich ist sie die einzige ernst zu nehmende Herausforderin der beiden alten Platzhirsche Joe Biden und Donald Trump.

Haley wäre eine Kandidatin der Mitte - sie muss allerdings zunächst die Vorwahlen der Republikaner überstehen.

Haley wäre eine Kandidatin der Mitte - sie muss allerdings zunächst die Vorwahlen der Republikaner überstehen.

(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)

Haley bekommt allseitig Rückenwind und hat "Momentum", wie Politstrategen das nennen. Zwei taktische Erfolge kann sie sichtbar verbuchen. Zum einen wird sie in vielen Medien gefeiert und gehypt, die dem Altherrenduell Biden/Trump überdrüssig sind. Es erscheinen reihenweise positive Porträts und Interviews, die TV-Bildauswahl ist freundlich, die Leitartikel wohlwollend. Zum anderen fließen ihr plötzlich Spendengelder in gewaltiger Dimension zu. Haley hat eine Reihe von Wirtschaftsgrößen auf ihre Seite gezogen. Von der Wall Street bis ins Silicon Valley gilt sie in Businesskreisen als neue und zugleich letzte Hoffnung, Trump zu verhindern. Der CEO von JP Morgan, Jamie Dimon, hat die Wirtschaftselite öffentlich aufgerufen "Helft Nikki Haley".

Immer mehr Geldprominenz folgt dem Aufruf, so der Milliardär Reid Hoffman, Mitgründer von LinkedIn, der bislang eher Demokraten Geld spendete. Auch Jan Koum, der Co-Gründer von Whatsapp, der Home-Depot-Milliardär Ken Langone und der Venturekapitalist Tim Draper (Baidu, Tesal, Skype, Bitcoin) geben Haley jetzt Geld. Die schlagzeilenträchtigste Empfehlung kommt allerdings von Charles Koch und seinem Super-PAC (Political Action Committee) "Americans for Prosperity Action". Der konservative Milliardär war einer der wichtigsten Financiers der vergangenen Wahlkampagnen Trumps gewesen. Nun folgt er dem Aufruf zu einem politischen Wechsel zugunsten Haleys: "Turn the page". Und das wenige Wochen vor der ersten Vorwahl in Iowa. Bei den Republikanern wirkt die Ankündigung von Koch wie ein Aufruf, die Trump-Ära zu beenden.

Die Frau der Stunde

Haley hat neben den beiden taktischen Punktgewinnen auch vier strategische Trümpfe in der Hand: erstens das Faszinosum, dass sie die erste Frau im Weißen Haus sein könnte. Viele Amerikaner empfinden es als überfällig, dass endlich einmal eine Präsidentin das Land führt. Zweitens ist Nikki Haley im polarisierten Amerika eine Sehnsuchtskandidatin der ausgleichenden Mitte. Sie bekommt - obwohl gestandene und scharfzüngige Republikanerin - Zuspruch aus beiden politischen Lagern. Drittens steht Haley für einen überfälligen Generationenwechsel. Die 1972 Geborene ist drei Jahrzehnte jünger als ihre Kontrahenten Biden und Trump. Viertens wäre sie zugleich die erste Präsidentin aus einer direkten Einwanderfamilie und Versöhnerin in Identitätsfragen. Die indischstämmige Haley beschreibt sich selbst als "nicht schwarz, nicht weiß". Als Gouverneurin von South Carolina ließ sie die umstrittene Fahne der Konföderierten aus der Zeit des Bürgerkrieges vom Kapitol in Charleston herunterholen und beseitigte damit ein politisches Symbol der Rassentrennung.

Kurzum: Nikki Haley ist die Frau der Stunde, die den düsteren Altherren-Widerholungs-Wahlkampf zwischen Biden und Trump tatsächlich sprengen könnte. Noch liegt sie in den Umfragen unter den Wählern der Republikaner zwar weit hinter Trump zurück. Doch ihr Momentum könnte die Stimmungslage zusehends ändern. Sollte sie bei der ersten Vorwahl der Republikaner am 15. Januar in Iowa klare Zweite hinter Trump werden und andere Konkurrenten daraufhin aufgeben, dann hat sie am 23. Januar Chancen, im liberalen Bundesstaat New Hampshire Trump einzuholen. Die fünfte republikanische Vorwahl findet Ende Februar in ihrem Heimatstaat South Carolina statt - dort könnte dann, falls die Aussteigerstimmen sich hinter ihr sammeln - der "Break-away-Moment" für Haley kommen, wo sie den scheinbar übermächtigen Trump schlägt.

Die Geschichte ihres Außenseiter-Aufstiegs gefällt den Amerikanern, auch ihr schlagfertiges Selbstbewusstsein, wie sie arroganten Männern gegenübertritt. Viele vergleichen sie - weil sie wirtschaftsliberale und außenpolitisch entschiedene Positionen vertritt - mit der früheren britischen Premierministerin Maggie Thatcher und nennen sie die "eiserne Lady der USA". Doch das stimmt nur halb. Denn ihre größte Energie zieht sie just aus der wachsenden Sehnsucht nach neuer Mitte, nach Versöhnung, nach einer Brückenbauerin und einem modernen Gesicht der jüngeren Generation. Als sie bei einer Wahlkampfveranstaltung in New Hampshire von der neunjährigen Hannah Kesselring gefragt wird: "Warum, Frau Haley, sollten Sie Präsidentin sein?", antwortet sie mit Blick auf die giftigen Grabenkämpfe zwischen Trump und Biden, zwischen Republikanern und Demokraten, zwischen Schwarzen und Weißen, zwischen den Metropolen und dem Land: "Ich bin eine Mutter. Meine Kinder sollen nicht so aufwachsen. Ich fühle mich nicht wohl dabei, wie das Land ist und dass meine Kinder damit zurechtkommen müssen." Sie führt damit die ausgleichende Mutter-Rolle in den Wahlkampf ein. Auch in dieser Hinsicht das glatte Gegenbild zu Donald Trump.

Quelle: ntv.de

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