Ganz gemächlich auf dem Wasser Mit dem Hausboot ruhig um Berlin schippern
06.10.2016, 08:38 Uhr
Auf dem Hausboot schippern ist eine enschleunigte Form zu Reisen und gleichzeitig die Natur zu erleben.
(Foto: Nautilus)
Etwas Glück muss man schon haben mit dem Wetter, will man im Herbst einen Ausflug auf den Gewässern der Hauptstadt machen. Doch spielt das mit, dann kann man gleich vor der Haustür ein Naturparadies der schönsten Art ganz bequem erfahren.
Unterwegs und doch im eigenen Haus. Diesen Traum macht ein Hausboot der neuen Generation möglich. Heizung, Dusche und Toilette sind auf den circa 11x4 Meter großen Flößen mit einem Tiefgang von 60 Zentimetern inzwischen fast schon Standard. Ein Loungebereich auf dem Dach und eine voll ausgestattete Küche machen auch längere Touren mit mehreren Mitreisenden entspannt möglich. Los geht es an der Wuhlheide in Berlin-Köpenick. Dort liegen die luxuriösen Hausboote vor Anker. Bereits nach einer kurzen Einweisung geht es aufs Wasser. Ein Boots-Führerschein ist bis zu 15 PS auf den Berliner Seen und Flüssen nicht notwendig.
Die Route führt über die Altstadt von Köpenick. Von hier aus hat man die Qual der Wahl. Sieben Seen und rund 150 Kilometer befahrbare Wasserstraßen liegen vor dem Freizeit-Kapitän. Nach einer gemütlichen Fahrt über die Müggelspree mit vielen "Laubenpiepern" an beiden Seiten des Flusses, gepflegten kleinen Gärten, bunten Blumen und dem einen oder anderen Gartenzwerg öffnet sich der schmale Wasserweg zum Müggelsee, dem größten See Berlins. Segelschulen mit vielen kleinen Jollen, weiße Segel, wohin man schaut. Vor dem blauen Himmel und dem glitzernden Wasser sehen sie aus wie kleine Schmetterlinge, die über den See fliegen.
Hier überholt das eine oder andere Motorboot, denn das Hausboot tuckert entspannt und langsam, Rennen kann man damit nicht fahren, allerdings gilt auf den Berliner Gewässern sowieso eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 25 km/h, an vielen Stellen sogar darunter. So ist es nur eine Frage der Zeit, wann die "Raser" in ihren schnittigen Booten von der Wasserschutzpolizei gebremst werden.
Auf dem Wasser "zu Hause"
Nach dem Müggelsee geht es weiter auf der Müggelspree. Rechts und links hat wieder jedes Häuschen mindestens ein kleines Boot vor der Tür, denn hier leben die Menschen – meist am Wochenende, einige aber offenbar auch ganzjährig – am und auf dem Wasser. Kanäle durchziehen das Land, Neu-Venedig heißt ein kleiner Lagunenort und macht den Stolz der Bewohner mehr als deutlich. Der Dämmeritzsee, den man nach etwa einer Stunde gemütlicher Flussfahrt erreicht, glänzt mit schön sanierten Villen an den Ufern. Die vorbeiziehenden Schwäne ergänzen das romantische Bild. Hier wurde schon vor vielen Jahren die Sommerfrische genossen. Am östlichen Rand des Sees kann man ganz praktisch seinen Proviant auffüllen, denn hier liegt Erkner. Fußläufig entfernt ein modernes Einkaufzentrum mit klimaanlagengekühltem Lebensmittelmarkt. Nach Sonne, See und Ruhe ein fast schon ungewohnter Ausflug in das trubelige Leben, das der Hausboot-Fan gern wieder schnell verlässt, um seine Unabhängigkeit auf dem Wasser zu genießen.
Mit einer scharfen Abbiegung im Flakesee gelangt man in die Löcknitz, einen schmalen Fluss mit viel Natur und alten Brücken. Hier wird es eher ruhiger, ein einzelnes Ausflugsschiff mit fotografierenden Urlaubern überholt an einer breiteren Stelle, ansonsten sieht man eher private Jachten und kleine Angelboote. Im Werlesee mit seiner romantischen Liebesinsel in der Mitte wird es noch mal praktisch. Denn hier ist eine Anlegestelle der Hausboot-Vermietung. Und da gibt es Landstrom, den man für Beleuchtung und das Radio "tanken" kann. Die Gasflaschen für den Warmwasserboiler und die Heizung können hier gewechselt und Frischwasser auf- und Abwasser abgepumpt werden.
Mitten durch die Natur schippern

Traumhafter Sonnenuntergang - der Lohn für einen wunderbaren Ausflug mit dem Boot.
(Foto: Carola Ferstl)
Mit voller Leistung geht es dann in die Wildnis. Der Peetzsee und der Möllensee liegen nah am Naturschutzgebiet Löcknitztal, hier ist das Hausboot ganz in der Natur. Zwar hört man das eine oder andere Flugzeug, das weit entfernt in Schönefeld oder Tegel landen wird und irgendwo hinter den Bäumen rauscht hin und wieder eine Eisenbahn entlang, aber hier mitten auf dem See stört nichts den wunderbaren Ausblick und das Gefühl grenzenloser Freiheit. Wenn einmal der Anker richtig liegt und das Boot zur Ruhe gekommen ist, kann man dem Vogelgezwitscher lauschen und die Spiegelungen auf dem glatten Wasser bewundern. An der einen oder anderen Stelle ragen die Wasserpflanzen bis an die Oberfläche. Das ist sicherlich ein Grund, warum viele "See-Fahrer" diese Region meiden.
Mit etwas Navigationsgeschick kommt man aber zur perfekten Stelle und genießt am Abend selbst gegrillte Würstchen bei einem Sonnenuntergang über dem See. Mit etwas Glück sieht man einen Fischadler aus dem dichten Wald aufsteigen oder einen Fischotter am Rand des Wassers liegen. Wenn es dunkel ist, wird man auf dem Hausboot ganz langsam müde. Mit ein paar Handgriffen sind die Betten ausgeklappt, die Heizung spendet am Abend wohlige Wärme und die heiße Dusche lässt einen für einen Moment vergessen, dass man mitten auf einem See ist und unter sich 15 Meter Wasser stehen.
Die Tour bietet sich für einen Rundkurs an, denn am nächsten Morgen ist man mit einer kurzen Fahrt zurück, wieder vorbei an Erkner, auf dem wunderschönen, großen Seddinsee. An seinen Inselchen verstecken sich kleine Boote im Schilf, aber auch große Lastkähne nutzen den Wasserweg nach Köpenick und Berlin. Denen muss man nur folgen, um zurückzukehren in die Zivilisation. Vorbei an der Regattastrecke in Grünau fährt man wieder in die Stadt und muss ein wenig mehr navigieren mit dem etwas schwerfälligen Hausboot. Schnittige Kanuten überholen lässig mit Muskelkraft. Hier ist Wassersport nach Arbeitsschluss direkt vor der Haustür möglich. Mit etwas mehr Zeit lohnt sich das Anlegen an der Altstadt von Köpenick. Die Stadt lädt nicht nur zum Flanieren und Entspannen ein, sondern hat mit dem Schloss und dem berühmten Rathaus auch einiges für Kulturinteressierte zu bieten.
Viele Anlegestellen für Hausboote
Von hier ist es dann nicht mehr weit zurück zur Wuhlheide. Nach einigen Tagen auf dem Boot klappt auch das Einparken neben den anderen Hausbooten problemlos. Wer trotzdem Sorge hat vor Unfällen oder Schäden, der kann eine Rundum-Sorglos-Versicherung abschließen und ganz entspannt die Zeit auf dem Wasser genießen. Da das Hausbootfahren so beliebt geworden ist, gibt es inzwischen eine ganze Reihe von Anlegestellen und Anbietern. Auch Touren bis zur Müritz oder nach Havelberg sind möglich. Auf der südlichen Seite Berlins geht es über den Wannsee bis nach Potsdam oder zur Stadt Brandenburg.
Wer die Mecklenburgische Seenplatte befahren möchte, der benötigt dann allerdings doch einen Bootsführerschein. Doch dann steht der Weg offen bis hoch an die Ostsee, wenn es die Zeit zulässt. Neben Nautilus bieten auch Hauptstadtfloss und Bunbo tage- und wochenweise Charter von Hausbooten in der Hauptstadt. Wem die Flöße zu unhandlich oder unsportlich sind, der kann auch ein Hausboot in der klassischen Bootsoptik chartern. Auch die gibt es in den Berliner Gewässern führerscheinfrei, etwa bei Marina Lanke in Spandau.
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Quelle: ntv.de