Trotz WM-Gold "kein Potenzial"? Basketball-Boss schimpft auf deutsche Sportförderung
11.09.2023, 10:24 Uhr
Laut Analyse eigentlich nicht bereit für große Siege: Basketball-Weltmeister Deutschland.
(Foto: IMAGO/Xinhua)
"PotAS" ist im deutschen Spitzensport längst ein Reizwort, dabei soll das "Potenzialanalysesystem" eigentlich nur darstellen, welche Sportarten die besten Voraussetzungen für Erfolge haben. Die Basketballer kommen schlecht weg, holen jetzt aber WM-Gold. Verbandschef Ingo Weiss regt sich deshalb auf.
Basketball-Präsident Ingo Weiss hat absolut kein Verständnis für das Potenzialanalysesystem (PotAS) im deutschen Spitzensport. "Für mich ist es ein Unding, dass wir PotAS haben. Eine Institution, die dem deutschen Basketball kein Potenzial bescheinigt. Was passiert? Wir werden Weltmeister und holen EM-Bronze mit den Männern und haben auch Erfolge mit der Frauen-Nationalmannschaft und den Nachwuchsteams", sagte Weiss.
Mit dem 83:77-Finalsieg über Serbien hat das Team um Dennis Schröder am Sonntag in Manila für den größten Erfolg der deutschen Basketball-Geschichte gesorgt. Die männliche U18 holte in diesem Sommer außerdem EM-Bronze, die U16 als EM-Fünfter ihr bestes Ergebnis seit einem Jahrzehnt, die U20 wurde EM-Sechster - kein anderes Land schaffte es in all diesen Wettbewerben unter die Top Sechs. Die DBB-Frauen spielten ihre erste EM seit 2011 und sicherten sich als Sechste die Chance, bei einem Qualifikationsturnier im kommenden Jahr erstmals das Olympia-Ticket zu lösen.
In der PotAS-Tabelle der Sommersportverbände liegt Basketball dennoch mit 46,94 Prozent auf dem 26. und damit letzten Platz. Die größten Aussichten auf Medaillen hat demnach der in diesem Sommer bei der WM medaillenlose deutsche Leichtathletik-Verband, der mit 80,73 Prozent bewertet wird. Die Analyse ist Teil der Spitzensport-Reform, bei der die Fördergelder des Bundes künftig stärker anhand von Erfolgserwartungen und Medaillenchancen verteilt werden sollen.
"Bei uns läuft es exzellent, obwohl PotAS uns kein Potenzial bescheinigt hat. Dadurch gehen uns jährlich 250.000 Euro verloren, das tut uns weh", sagte Weiss. Der 59-Jährige schlug vor, das Geld anstatt in PotAS in die deutsche Leichtathletik zu stecken. Dann sei es womöglich besser investiert.
Diskus-Olympiasieger Robert Harting hatte bereits am Sonntagabend deutliche Kritik an dem System geübt. "Wenn Basketballer jetzt vom BMI oder ähnlicher politischer Ebene eingeladen werden, dann muss das zwingend der Tod für das PotAS System sein", schrieb Harting beim Portal X (früher Twitter). "Man kann Sport nicht im politischen Verwaltungsstil formen", monierte er.
Quelle: ntv.de, tsi/dpa