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"Dirk war damals, Dennis jetzt" Dennis Schröder fordert "Respekt" für WM-Helden

Die Basketball-Helden: Mehr als nur eine Ansammlung von Spielern.

Die Basketball-Helden: Mehr als nur eine Ansammlung von Spielern.

(Foto: picture alliance/dpa)

Deutschland ist Weltmeister 2023. Angeführt von einem einmal mehr brillanten Dennis Schröder, der zum MVP gekürt wird, behält die Truppe von Gordon Herbert in einem weiteren Herzschlagfinale die Nerven und holt zum ersten Mal überhaupt Gold bei einer Basketball-WM.

"Ich liebe die Philippinen, aber sie brauchen hier besseres Bier!" Gordon Herbert ist gut eine Stunde nach Spielende in Manila längst im Freudentaumel, ebenso wie Dennis Schröder, der neben ihm sitzt. Kurz zuvor hat die gesamte Nationalmannschaft, grölend, mit Bier und dem WM-Pokal bewaffnet, die letzte Pressekonferenz gestürmt, um dem deutschen Point Guard die Ehre zu erweisen. Hier wird gelacht, geflachst, gejubelt, nach dem sensationellen Erfolg der deutschen Basketballer, die am Sonntag in Manila Weltmeister geworden sind.

"Weltmeister, und das sogar im deutschen Fernsehen. Das ist unbegreiflich, das realisiert man alles überhaupt noch gar nicht. Es ist verrückt, wie viel man erreichen kann, wenn man hart arbeitet und an sich glaubt", versucht ein völlig fertiger, aber überglücklicher Moritz Wagner zu reflektieren. Einen halben Meter neben ihm beißt Isaac Bonga in seine Goldmedaille: "Ich werde dieses Ding 30 Tage lang nicht mehr abnehmen". Zuvor hat Daniel Theis den Pokal aus den Händen von Justus Hollatz gerissen und ist damit in Richtung Umkleide gesprintet. Franz Wagner hat sich das Netz des serbischen Korbs als Trophäe um den Hals gehängt, nachdem er mit 19 Punkten, sieben Rebounds und drei Steals zum "Player of the Game" ernannt wurde. Seine zehn Treffer von der Freiwurflinie, Bestwert in einem FIBA-Finale in den vergangenen 30 Jahren.

Der Held für Deutschland ist aber mal wieder Schröder, der mit 28 Punkten die meisten in einem WM-Finale seit Kevin Durant (ebenfalls 28 beim Sieg der USA 2010) erzielt. Es ist sogar der zweitbeste Final-Wert aller Zeiten nach Anatoly Myshkin (29 Punkte bei Russland-USA, 1982). Außerdem wird der Braunschweiger zum MVP, zum wertvollsten Spieler des Turniers gekürt, und führt nebenbei auch noch die All-Star Fünf an, zu der auch Bogdan Bogdanovic (Serbien), Luka Doncic (Slowenien), Shai Gilgeous-Alexander (Kanada) und Anthony Edwards (USA) zählen. "Dennis ist unglaublich, einfach ein Superstar", verneigt sich Johannes Thiemann vor seinem Teamkapitän. "Er sprach schon vor dem Turnier von Gold. Seine Energie, sein Glaube und sein Selbstvertrauen haben uns angesteckt."

Herzschlagfinale, was auch sonst?

Von Beginn entwickelt sich ein erstklassiges Finale auf Augenhöhe. Serbien punktet innen und von der Dreierlinie, auf der Gegenseite bleibt die hochoktanige deutsche Offensive aber ebenfalls brandgefährlich. Zum ersten Mal während dieser WM müssen die Serben 40 oder mehr Gegenpunkte vor der Pause hinnehmen. Nach 20 Minuten ist das Geschehen ausgeglichen, es steht 47:47. Beide Teams sind kaum zu stoppen, treffen besser als 50 Prozent aus dem Feld und 40 Prozent von der Dreierlinie. Bogdan Bogdanovic (15), Wagner und Schröder (jeweils 14) sind die Top-Scorer.

Nach dem Wechsel übernimmt die Herbert-Truppe dann langsam aber sicher die Kontrolle - auch weil den Serben nach und nach die Spieler ausgehen. Bogdanovic schleppt einen Virus herum, Nikola Milutinov verletzt sich am Oberschenkel und Starter Ognjen Dobric ist bereits nach zwei Spielminuten für den Rest der Partie raus. Immer wieder ist es Schröder, der mit seinem Speed Löcher reißt und auch als Werfer in Erscheinung tritt. Mit neun Punkten erzielt er fast im Alleingang mehr als die Serben im gesamten dritten Viertel (22:10 Deutschland). Herberts Mannen setzen sich dank erstickender Verteidigung ab und führen komfortabel mit neun, als es in die letzten zehn Minuten dieser WM geht. "Es war ausgeglichen", erinnert sich Schröder. "Der Coach kam rein und meinte nur: Wir brauchen Stops. Wir müssen mit mehr Stolz verteidigen. Wir haben hinten angezogen, genau wie gegen die USA. Joe & Daniel waren ausgezeichnet. Das hat uns zum Sieg getragen: Defense, Rebounding, und unsere Transition-Offense."

Im Schlussviertel werfen die Serben dann noch einmal alles nach vorne. Ein Dunk, Korbleger und zwei Dreier von Aleksa Avramovic (21 Punkte) bringen die Serben bis auf vier Punkte heran (73:69). Jetzt brennt das Dach in der mit 12.022 Fans ausverkaufen "Mall of Asia Arena". Die serbischen Fans peitschen ihre Farben aus zwei Fanblöcken unerbittlich nach vorne, aber Johannes Voigtmann behält die Nerven und trifft einen riesigen Dreier aus der linken Ecke. Der Druck der serbischen Defensive bleibt immens, sowohl unter dem Korb als auch im Halbfeld. Immer wieder muss Deutschland fast von der Mittellinie seine Offensive aufziehen, jeglicher Fluss ist längst verloren gegangen. Dann trifft der überragende Avramovic plötzlich zwei Dreier in Folge. Deutschland verliert erneut den Ball, Guduric hat den Ausgleich auf der Hand - und vergibt freistehend aus der rechten Ecke. Dennis Schröder erhöht 21 Sekunden vor Schluss mit einem seiner patentierten Drives auf 81:77. Ein serbischer Ballverlust später, und die Sensation ist perfekt: Deutschland ist Basketball-Weltmeister 2023. Zum ersten Mal überhaupt, dazu auch noch mit blütenweißer Weste, unbesiegt in acht Partien.

Respekt und Dirk Nowitzki

Was es bedeute, dieses Turnier ungeschlagen und als MVP zu beenden, will ntv.de nach der Partie von Schröder wissen. "Wir wollen unseren Respekt. Und ich will meinen Respekt. Wir haben etwas erreicht, was sonst niemand geschafft hat. Dieses Hassen und Schlechtreden hat mich immer motiviert. Wer mich immer unterstützt hat, dem küsse ich das Herz. Der Rest kann wegbleiben. Ich mache das jetzt seit über zehn Jahren. Es war eine lange Reise. Letztes Jahr gewannen wir Bronze, darauf wollten wir aufbauen. Wir haben eine unglaubliche Truppe. Jeder kennt seine Rolle, unser Coach hat uns perfekt aufgestellt. 8-0 zu gehen gegen diese Kontrahenten ist unglaublich. Gold zu gewinnen, ist ein Segen. Das alles mit meinen Mitspielern und meiner Familie teilen zu können, ist nicht in Worte zu fassen."

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Auch Herbert, der ausdrücklich betont, wie wichtig es gewesen sei, Schröder zum Kapitän zu ernennen und immer wieder den Teamgeist, Zusammenhalt und die schiere Spielfreude seiner Truppe hervorhebt, lässt es sich nicht nehmen, in Richtung der Zweifler und Miesmacher auszuholen, die lange an Schröder, seinen Fähigkeiten und Führungsqualitäten gezweifelt haben: "Bei allem Respekt für Dirk Nowitzki und seinem Vermächtnis im deutschen Basketball: Dennis hat seine eigene Identität in Deutschland kreiert. Ich kann nicht genug betonen, wie viel er dem deutschen Basketball bedeutet. Er hat etwas geschafft, das sonst niemand hierzulande geschafft hat. Ein echter Anführer, der dieses Team zur Spitze geführt hat. Es wird Zeit, dass wir ihm den Respekt geben, den er verdient. Dirk war damals, Dennis ist heute."

Und so ist es am Ende dem besten Spieler dieses Turniers vorbehalten, bis tief in die philippinische Nacht über sein Team zu sprechen. Über diesen sensationellen Triumph, seine Karriere, über Deutschland, aber auch über Familie, Vorbilder, und - natürlich - Dirk Nowitzki: "Als ich in Dallas vor dem Draft ein Workout hatte, meinte Dirk nur 'Nimm meine Nummer, ruf an, wenn du etwas brauchst.' Seitdem haben wir ein gutes Verhältnis, texten uns gegenseitig. Ich habe nichts als Liebe für Dirk. Er ist einer der besten Vierer aller Zeiten, er hat das Spiel für immer verändert. Dazu ist er einfach ein cooler Typ. Es war eine Ehre, mit ihm 2015 in Berlin zusammenzuspielen. Seine Erfolge mit der Nationalmannschaft jetzt überbieten zu können, ist unglaublich. Das ist uns nur gelungen, weil wir ein echtes Team sind. Wir haben Geschichte geschrieben."

Quelle: ntv.de

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