175 Jahre Haft sind nicht genug Missbrauchsskandal "ist lange nicht vorbei"
15.02.2021, 20:41 Uhr
Biles machte im Rahmen der #MeToo-Bewegung auf ihr Schicksal aufmerksam.
(Foto: imago images/Michael Weber)
Larry Nassar ist zu 175 Jahren Gefängnis verurteilt, für Simone Biles ist der Skandal um sexuellen Missbrauch aber nicht abgeschlossen. Die US-Turnerin fordert ihren Verband auf, die Taten des ehemaligen Nationalmannschaftsarztes aufzuklären. Ihrer Tochter würde sie davon abraten, für die USA zu starten.
US-Turnstar Simone Biles hat auch drei Jahre, nachdem sie ihren sexuellen Missbrauch durch einen Nationalmannschaftsarzt öffentlich gemacht hat, mit dem Thema noch nicht abgeschlossen. "Oh, es ist noch lange nicht vorbei", sagte die vierfache Olympiasiegerin von 2016 in Rio den Janeiro in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview der Sendung "60 Minutes" des US-Fernsehsenders CBS.
Es gebe noch viele unbeantwortete Fragen. "Wer wusste was wann?", sagte die 23-Jährige. Nach ihrer Ansicht haben der Turnverband USA Gymnastics sowie das Olympische und Paralympische Komitee der USA zu wenig für die Aufklärung des Missbrauchsskandals durch Teamarzt Larry Nassar getan. Sie habe zu "einhundert Prozent" das Gefühl, im Stich gelassen worden zu sein. "Wir bringen ihnen Medaillen. Wir leisten unseren Beitrag. Sie können ihren Teil nicht dafür tun? Es ist nur krank", sagte Biles.
Die Turnerin hatte im Januar 2018 öffentlich gemacht, dass sie wie viele andere Sportlerinnen als Teenager im Trainingszentrum von Béla und Martha Károlyi durch den Teamarzt sexuell missbraucht worden sind. Täter Nassar wurde wegen seiner Verbrechen zu 175 Jahren Gefängnis verurteilt. Im Prozesss hatten 156 Mädchen und Frauen ausgesagt. 265 Turnerinnen machten sexuellen Missbrauch durch Nassar öffentlich. Der ehemalige Präsident von USA Gymnastics, Steve Penny, wurde zudem wegen des Verdachts auf Vertuschung von Beweisen verhaftet, ihm droht eine mehrjährige Haftstrafe.
Wenn sie eine Tochter hätte, würde Simone Biles diese wegen der nach ihrer Meinung immer noch unzureichenden Aufklärung des Skandals nicht für die Nationalmannschaft starten lassen. "Nein", sagte sie auf eine entsprechende Frage und begründete: "Weil ich mich nicht wohl genug fühle, weil sie nicht für ihre Handlungen und das, was sie getan haben, verantwortlich sind. Und sie haben uns nicht versichert, dass es nie wieder passieren wird."
Simone Biles bereitet sich derzeit auf die ins Jahr 2021 verschobenen Olympischen Spiele in Tokio vor. Sie ist die einzige noch aktive Turnerin, die von dem Missbrauchsskandal betroffen war.
Quelle: ntv.de, tsi/dpa