Türkei-Botschafter einbestellt Wolfsgruß-Eklat treibt Erdogan zum Viertelfinale nach Berlin
04.07.2024, 11:51 Uhr
Statt nach Aserbaidschan reist der türkische Präsident nach Berlin. Das EM-Viertelfinale ist Erdogans Ziel. In der hitzigen Debatte um den Wolfsgruß von Doppeltorschütze Demiral will er seinem Team den Rücken stärken. Das Auswärtige Amt in Berlin reagiert ebenfalls.
Nach der scharfen Kritik am Torjubel des türkischen Fußball-Nationalspielers Merih Demiral bei der EM will der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kurzfristig nach Berlin reisen, um sich das Viertelfinalspiel Türkei gegen die Niederlande im Stadion anzuschauen. Erdogan sagte dafür seine geplante Reise nach Aserbaidschan ab, wie die Deutsche Presse-Agentur aus informierten Kreisen erfuhr.
Der Eklat sorgt auch für eine diplomatische Krise. Am Mittwoch hatte Ankara bereits den deutschen Botschafter einbestellt. Deutschland wird seitens der türkischen Regierung "Fremdenfeindlichkeit" vorgeworfen. Darauf reagierte nun das Auswärtige Amt und bestellte seinerseits den türkischen Botschafter in Berlin ein. "Wir haben den Vorfall heute mit dem türkischen Botschafter in Berlin thematisiert", sagte eine Sprecherin. "Die Einbestellung des türkischen Botschafters hat heute Vormittag stattgefunden." Dies ist ein scharfes diplomatisches Mittel.
In türkischen Medien hieß es, Grund für Erdogans Reise nach Berlin sei die Debatte um den sogenannten Wolfsgruß, den Demiral mit seinem Torjubel ausgelöst hatte. Erdogan wolle der türkischen Mannschaft den Rücken stärken. Demiral hatte am Dienstag beim 2:1 im Achtelfinale gegen Österreich nach seinem zweiten Tor in Leipzig den sogenannten Wolfsgruß gezeigt, der unter anderem einer rechtsextremistischen Bewegung zugeordnet wird. Unter anderem Bundesinnenministerin Nancy Faeser kritisierte dies scharf.
UEFA untersucht Vorfall
Der 26 Jahre alte Demiral hatte mit beiden Händen das Zeichen und Symbol der "Grauen Wölfe" geformt. Als "Graue Wölfe" werden die Anhänger der rechtsextremistischen "Ülkücü-Bewegung" bezeichnet, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Einige Parteien fordern ihr Verbot. In der Türkei ist die ultranationalistische MHP ihre politische Vertretung und Bündnispartnerin der islamisch-konservativen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdoğan.
Der Gruß drückt in der Regel die Zugehörigkeit und das Sympathisieren mit der Bewegung und ihrer Ideologie aus. Demiral hatte gesagt, dass er mit der Geste nur ausdrücken wollte, dass er stolz sei, Türke zu sein und keine versteckte Botschaft dahinterstecke. Zuletzt war der Wolfsgruß in der Türkei auch von Teilen der Opposition verwendet worden, um Nationalisten anzusprechen - etwa im Wahlkampf vom früheren Präsidentschaftskandidaten Kemal Kilicdaroglu, der der religiösen Minderheit der Aleviten angehört.
Die UEFA leitete ein Untersuchungsverfahren gegen Demiral ein. Faeser hatte unter anderem gesagt: "Die Symbole türkischer Rechtsextremisten haben in unseren Stadien nichts zu suchen." Aus seinem Heimatland erhielt Demiral dagegen auch Rückendeckung. Das türkische Außenministerium bezeichnete die UEFA-Untersuchung als inakzeptabel. Nicht jede Person, die das Zeichen der Grauen Wölfe zeige, könne als rechtsextremistisch bezeichnet werden, hieß es. Der Wolfsgruß sei in Deutschland zudem nicht verboten und die Reaktionen der deutschen Behörden "ausländerfeindlich".
Quelle: ntv.de, ara/dpa