Fußball

60 Jahre Fußball-Bundesliga Vom TV-Verbot des DFB bis zum Milliarden-Deal

Fußball im TV wird für die Fans immer teurer.

Fußball im TV wird für die Fans immer teurer.

(Foto: Soeren Stache/dpa)

Ohne das Geld aus den TV-Verträgen wäre die Fußball-Bundesliga in der heutigen Form undenkbar. Beim Start der eingleisigen Liga im Jahr 1963 ist das nicht absehbar, denn die Funktionäre vertreten eine bemerkenswerte Ansicht.

Von bewegten Bildern hielten die Herren beim Deutschen Fußball-Bund nicht viel. Dass jede einzelne Minute der Bundesliga live und später in vielfacher Form auch noch als Aufzeichnung auf verschiedenen Plattformen zu sehen ist, das konnte sich aber auch außerhalb des konservativen Funktionärszirkels niemand vorstellen. Die Veränderungen seit dem anfänglichen TV-Verbot des DFB beim Start der Liga vor 60 Jahren sind kolossal.

Nach dem ersten Spieltag gab es spät abends ein paar Bilder im eigens dafür gegründeten "Aktuellen Sportstudio". Zur Premiere zeigte das ZDF einen Achteinhalb-Minuten-Bericht von der Partie 1860 München gegen Eintracht Braunschweig. Zwei Jahre später folgte die "Sportschau" der ARD, die anfangs nur Bilder von drei Spielen zeigen durfte. "Weil der DFB die irrige Auffassung vertrat, wenn mehr Fußball gezeigt würde, gingen weniger Leute ins Stadion", sagte Heribert Faßbender, der langjährige WDR-Sportchef und "Sportschau"-Moderator. "Das Gegenteil war richtig, wir haben ja Werbung für den Fußball gemacht."

Bis zu 15 Millionen Menschen schauten die "Sportschau"

Bis in die 80er-Jahre hinein blieb der DFB bei seiner Ansicht und dem partiellen TV-Verbot, wie der inzwischen 82 Jahre alte Faßbender erklärte: "Wir mussten schon am Montag festlegen, von welchen Spielen wir berichten wollten." Trotzdem war der Zuschauerzuspruch enorm. Bis zu 15 Millionen Menschen schauten die "Sportschau", dabei fehlten laut Faßbender die "noch nicht erfassten Zuschauer in der DDR".

Geändert hat sich die Sichtweise der Funktionäre erst, als das große Geld lockte und die Privatsender den Fußball entdeckten. Zunächst gab es ab 1988 "Anpfiff" bei RTL. Vier Jahre später lief die Liga exklusiv bei Sat.1 unter dem Namen "ran". Präsentiert wurde der Fußball als Show und moderiert von Reinhold Beckmann in seiner legendären roten Jeansjacke. Bis die Rechte 2003 schließlich wieder von der ARD für die "Sportschau" gekauft wurden. Die beschäftigt für die Moderation inzwischen überwiegend Frauen. Was die DFB-Funktionäre von damals davon wohl gehalten hätten?

Die zweite große Veränderung gab es durch das Pay-TV. 1991 zeigte Premiere das erste Live-Spiel hinter der Bezahlschranke, neun Jahre später durfte der zum Kirch-Imperium zählende Pay-TV-Sender alle Bundesligaspiele zeigen. Die Einnahmen stiegen in den folgenden Jahren rapide und knackten für die Saison 2017/18 erstmals die Milliarden-Grenze. Die Erlöse bezeichnet der Medienwissenschaftler Christoph Bertling als "sehr gut". Der Experte vom Institut für Kommunikations- und Medienforschung der Deutschen Sporthochschule Köln sagte: "Auf dem nationalen Markt konnte man seit der Gründung die Situation nahezu optimal gestalten." Die Liga überlebte auch die Kirch-Krise und das gescheiterte Experiment des Senders "Arena".

Zeiten des Wachstums sind vorbei

Ähnlich sieht es der Kommunikationswissenschaftler Michael Schaffrath von der TU München. "Die DFL hat die sich bietenden Möglichkeiten eines wachsenden und kompetitiven TV-Marktes exzellent ausgenutzt und jahrelang davon profitiert, dass diverse Sender und Plattformen um die Senderechte der Bundesliga mit steigenden Investments konkurriert haben", sagte der Professor für Medien und Kommunikation an der Sportfakultät. Das hat seinen Preis. Fußballfans können seit mehr als 20 Jahren jedes Spiel ihres Lieblingsklubs live im TV schauen, benötigen dafür aber inzwischen zwei Abonnements. Die Preise dafür stiegen zuletzt mit jeder Spielzeit. Die Bundesligisten hingegen kassieren durch die TV-Einnahmen viele Millionen.

Doch die Zeiten des Wachstums sind vorbei. Das gilt zum einen für die Zuschauerzahl der "Sportschau", die in der abgelaufenen Saison erneut sank und im Durchschnitt unter 3,7 Millionen lag. "Das tut mir leid für die Kollegen", sagte Faßbender: "Die machen ja weiter erstklassige Arbeit." Die Grenzen machen sich aber auch bei den Einnahmen bemerkbar. Zuletzt gab es beim Abschluss während der Corona-Krise einen Rückgang der TV-Einnahmen. Wie die mediale Zukunft der Fußball-Bundesliga aussieht? "Es ist eine Zeitenwende eingetreten", konstatierte der Medienwissenschaftler Bertling: "Statt einfach eine Lizenz zu verkaufen, geht es um clevere Medienproduktion und Medienstrategien." Schon bei der letzten Ausschreibung gab es 14 verschiedene Pakete.

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Mehr Geld gibt es nach Ansicht von Schaffrath nur durch Exklusivität. "Die traditionellen Spielzusammenfassungen im frei empfangbaren Fernsehen ab 18.30 Uhr könnten schneller wegfallen, als vielen Fußballromantikern lieb sein dürfte", sagte der Kommunikationswissenschaftler: "Denn es gibt laut Medienstaatsvertrag kein Recht auf Bundesliga im Free-TV." Noch allerdings sind solche frei zugänglichen Highlights Voraussetzung des Kartellsamtes für die Zulassung der Zentralvermarktung durch die DFL.

Und was möchten die Fans? Wollen die jugendlichen Fans noch 90 Minuten zuschauen? Ja, zumindest laut einer Befragung der Sport-Marketing-Agentur One8y sind Live-Spiele für 48 Prozent der Fußball-Interessierten das bevorzugte TV-Format - auch bei der Generation Z bis 27 Jahre. Gerade einmal 3 Prozent bevorzugen Highlight-Clips. Aber: Die Aufmerksamkeit ist nicht ungeteilt beim Live-Spiel. 74 Prozent der jungen Fußballfans gaben an, einen sogenannten Second Screen zu nutzen - also vor allem nebenbei das Handy zu nutzen.

Quelle: ntv.de, Michael Rossmann, dpa

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