Überraschung im Eiskanal Jamanka rast im Bob zu Olympia-Gold
21.02.2018, 14:45 Uhr
Mariama Jamanka gewinnt Gold im olympischen Bob-Wettbewerb von Pyeongchang. Gemeinsam mit ihrer Anschieberin Lisa-Marie Buckwitz verdrängt sie die Favoritinnen aus Nordamerika auf die Plätze zwei und drei. Bitter endet der Wettkampf für die weiteren Deutschen.
Als B-Team gestartet und plötzlich Gold gewonnen: Zweierbob-Pilotin Mariama Jamanka und Anschieberin Lisa-Marie Buckwitz sind bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang zum Überraschungs-Olympiasieg gerast. Im Olympic Sliding Centre verwies das Duo aus Oberhof und Potsdam nach vier Läufen völlig unerwartet die Weltmeisterin Elana Meyers Taylor mit Lauren Gibbs um acht Hundertstelsekunden auf den Silberrang. Dritte wurde die zweimalige Olympiasiegerin Kaillie Humphries aus Kanada mit Phylicia George. "Es ist wirklich der Hammer", sagte Jamanka dem Sender TLC: "Ich habe mir nichts vorher von den anderen angeguckt. Ich bin schon mit einer gewissen Lockerheit rangegangen, aber am Ende ist es ein Rennen und man will alles geben. Ich bin froh, dass es so geklappt hat."
Die angeschlagenen Stephanie Schneider und Annika Drazek, in Pyeongchang als eigentliches deutsches Nummer-eins-Paar vorgesehen, verbesserten sich im Finallauf noch von Platz fünf auf vier. Am Ende fehlten acht Hundertstelsekunden auf Bronze. Die Winterbergerin Anna Köhler wurde mit Erline Nolte 14. Jamanka ist die erste deutsche Olympiasiegerin im Zweierbob seit dem Erfolg von Sandra Kiriasis 2006 in Turin. In Vancouver und Sotschi waren die deutschen Frauen leer ausgegangen.
Siegerinnen fahren erst kurz gemeinsam
Das Sieger-Paar war erst kurz vor den Winterspielen auf Geheiß von Cheftrainer René Spies zusammengekommen. Er hatte Annika Drazek aus dem Jamanka-Bob in den Schlitten von Stephanie Schneider beordert, um so die aus seiner Sicht beste Pilotin mit der besten Anschieberin fahren zu lassen und die Aussichten auf eine Medaille zu verbessern. Buckwitz, die bis dahin mit Schneider in einem Bob saß, kam zu Jamanka.
Vor dem entscheidenden Durchgang war der Vorsprung der 27-jährigen Jamanka und ihrer vier Jahre jüngere Partnerin auf Meyers Taylor/Gibbs von sieben auf die Winzigkeit von vier Hundertstelsekunden geschrumpft. Doch im Schlussdurchgang konterten sie noch einmal und sicherten sich das Gold. "Sie hat in den letzten Jahren schon gezeigt, dass sie eine ruhige Persönlichkeit ist", sagte Bundestrainer René Spies. "Daran hat sich jetzt nichts geändert, auch zwischen den Läufen wirkte sie sehr ruhig, das hat uns ein gutes Gefühl gegeben. Es war eine sensationelle Leistung." Gratulationen kamen umgehend, etwa aus der Brandenburger Staatskanzlei - Buckwitz startet für den SC Potsdam. Ministerpräsident Dietmar Woidke übermittelte: "Ganz Brandenburg freut sich mit. Überraschende Siege sind doch die schönsten Siege."
Team Deutschland I mit Verletzungspech
Scheider und Drazek hatten Pech. Beide waren schon am Dienstag zu den ersten beiden Läufen verletzt an den Start gegangen. Schneider hatte mit muskulären Problemen am Rücken zu kämpfen, Drazek war vor einer Woche im Training bei einem Hürdensprung umgeknickt. Ihre Vorteile als beste Starterinnen im Feld konnten sie deswegen nicht nutzen.
Auch wenn Schneider und Drazek das erhoffte Ergebnis nicht lieferten, der Erfolg der deutschen Frauen ist dank Jamanka und Buckwitz beeindruckend. Nach dem schwachen Abschneiden in Sotschi und den Rücktritten der Weltmeisterinnen Sandra Kiriasis, Cathleen Martini und Anja Schneiderheinze leitete Cheftrainer Spies einen Neuaufbau ein. Der Lohn folgte nun in Pyeongchang - mit Jamanka an der Spitze. Die ehemalige Hammerwerferin war erst 2013 zum Bobsport gekommen. Die gebürtige Berlinerin, Tochter eines Gambiers und einer Deutschen, zog dafür aus der Metropole in die thüringische Provinz nach Oberhof. Da sie keine Vergangenheit im Rodelbereich hatte wie viele andere Pilotinnen, musste sie sich das Bahngefühl und die Linien schwer erarbeiten. "Manchmal bin ich verzweifelt und konnte nicht immer alles zeigen", sagte sie rückblickend.
Doch irgendwann zahlte sich ihre Arbeit aus. Ihren bislang größten Erfolg 2017 mit dem EM-Titel in Winterberg holte sie mit Annika Drazek - zwei Jahre nach ihrem Weltcup-Debüt in Königssee. In diesem Weltcup-Winter schaffte sie drei Podestplätze. Nach den Überseerennen, bei denen Drazek fehlte, wurde sie mit der weltbesten Anschieberin in Winterberg Dritte. "Sie bringt einen Wahnsinnsschub in den Bob", schwärmte Jamanka über die ehemalige Sprinterin. Nun hat sie Buckwitz im Heck, die mit Schneider eng befreundet ist. Das ist aber kein Problem. "Wir kommen alle so gut miteinander aus, da gönnt eine der anderen den Erfolg", sagte Jamanka. Auch ein Verdienst von Bobchef Spies.
Quelle: ntv.de, ara/dpa/sid