DGB warnt vor Überlastung Arbeitgeberpräsident: "Arbeitszeit in Deutschland ist zu niedrig"
18.04.2024, 11:40 Uhr Artikel anhören
Laut einer Studie arbeiten Menschen in Deutschland im Vergleich zu vielen führenden Industrienationen weniger.
(Foto: imago/Rainer Weisflog)
Eine IW-Studie sorgt für Wirbel: Bei der Arbeitszeit landen die Deutschen unter den Industrienationen im hinteren Mittelfeld. Arbeitgeberpräsident Dulger will Menschen in Vollzeitjobs bringen und Frühverrentungsanreize stoppen. Der DGB warnt hingegen angesichts überlasteter Arbeitnehmer.
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hat längere Arbeitszeiten in Deutschland angemahnt. "Die Arbeitszeit in Deutschland ist zu niedrig. Das ist ein Problem für den gesamten Wirtschaftsstandort", sagte Dulger den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er forderte die Ampel im Bund auf, Arbeit attraktiver zu machen.
Konkret regte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) unter anderem an, Lohnzusatzkosten zu senken. Darüber hinaus seien mehr Kitas und Ganztagsschulen nötig. "Viele Menschen wollen Vollzeit arbeiten, können aber nicht, weil ihre Kinder nicht gut und ausreichend betreut werden", so Dulger weiter.
Darüber hinaus appellierte Dulger an die Bundesregierung, die Lebensarbeitszeit zu flexibilisieren. "Stoppt umgehend die Frühverrentungsanreize. Flexibilisiert das Arbeitszeitrecht, um auch den individuellsten Arbeitszeitwünschen eine Chance zu geben", so der BDA-Präsident. Dulger forderte zudem, Systeme wie Bürgergeld so zu gestalten, dass "sie Brücken in Beschäftigung bauen".
Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln) hatte ergeben, dass in Deutschland weniger gearbeitet wird als in anderen führenden Industrienationen. In dem Vergleich unter den OECD-Staaten landen die Deutschen mit 1031 geleisteten Arbeitsstunden im Jahr 2022 lediglich im hinteren Mittelfeld. Nur Franzosen (1030 Arbeitsstunden), Italiener (1019), Belgier (996) und Türken (870) arbeiten weniger als die Bundesbürger.
DGB: In Deutschland wird nicht zu wenig gearbeitet
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ist den Studienergebnissen entgegengetreten. "Fakt ist, dass in Deutschland nicht zu wenig gearbeitet wird. Das zeigt der Milliarden-Berg an Überstunden, die sich seit Jahren auftürmen, übrigens zur Hälfte unbezahlt", sagte die DGB-Vorständin Anja Piel den Funke-Zeitungen.
Gleichzeitig verwies Piel darauf, dass mehr als vier Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch noch einen Zweit- oder sogar Dritt-Job hätten. Das Arbeitsvolumen der Beschäftigten steige zudem seit Jahren an. "Was tatsächlich ein zentrales Problem ist: Viele Vollzeitbeschäftigte arbeiten deutlich mehr als gesund ist, während viele – insbesondere Frauen – in der Teilzeit- und Minijobfalle festhängen", so Piel.
Der DGB forderte die Bundesregierung auf, für bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen. Konkret brauche es spürbare Entlastung für die Beschäftigten und eine ausreichende Unterstützung bei Kinderbetreuung und Pflege. "Damit werden wir dann auch innovativer und produktiver", erklärte die Gewerkschafterin.
Auch der Bundesvorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke, forderte die Ampel in Berlin auf, mehr dafür zu tun, Erwerbspotenziale in Deutschland zu heben. "Es gibt konkrete Gründe dafür, dass nicht so viele Menschen in Deutschland in Vollzeit arbeiten, wie sie eigentlich wollen oder können", sagte Werneke. Er verwies auf zahlreiche Minijobs, die hohe Teilzeitquote insbesondere bei Frauen und das Ehegattensplitting.
Quelle: ntv.de, rog