Quartal über Erwartungen Bayer-Chef holt sich Tipps von Xabi Alonso
14.05.2024, 14:49 Uhr Artikel anhören
Bayer will die "Angriffe auf unser Unternehmen durch die Prozessindustrie" stoppen.
(Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress)
Der kriselnde DAX-Konzern Bayer steckt im Umbau. Die Struktur wird gestrafft. Das Management hat den Rotstift in der Hand. Der Schuldenberg soll kleiner werden und das Thema Glyphosat-Klagen geklärt werden. Im Tagesgeschäft meldet das Unternehmen einen soliden Jahresstart.
Der krisengeplagte Bayer-Konzern will den Erfolgen seiner siegreichen Fußball-Werkself nacheifern. "Es gibt viele Veränderungen und das kann eine große Organisation belasten", sagte Vorstandschef Bill Anderson zur Quartalsbilanz. Er sei aber "überzeugt, dass Bayer in diesem und in den kommenden Jahren noch viele Erfolge feiern wird – nicht nur auf dem Fußballfeld.
Wir sind stolz auf unsere Kollegen von Bayer 04 und freuen uns, dass wir uns ein Beispiel an ihnen nehmen können." Mit Trainer Xabi Alonso und Sportdirektor Simon Rolfes habe sich der Vorstand vor Kurzem zum Mittagessen getroffen. "Wir hatten ein wirklich interessantes Gespräch. Sie hatten Fragen an uns, und wir hatten Fragen an sie. Ich denke, wir können immer von großer Führungsqualität lernen."
Bayer-Chef Anderson - seit knapp einem Jahr am Ruder - muss den Leverkusener Aspirin-Hersteller aus einer tiefen Krise führen. Sein Vorgänger Werner Baumann hatte Bayer mit der milliardenschweren Übernahme des Glyphosat-Entwicklers Monsanto einen schier nicht enden wollenden Rechtsstreit wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des Unkrautvernichters ins Haus geholt und viel Vertrauen verspielt. Seit der Monsanto-Übernahme 2018 hat Bayer rund 70 Prozent an Börsenwert verloren.
Klagen mit insolventer Tochter beerdigen?
Der Amerikaner treibt seit seinem Amtsantritt im Juni vergangenen Jahres den Umbau von Bayer voran. Einer Aufspaltung des Pharma- und Agrarkonzerns, die manche Investoren gefordert hatten, erteilte er fürs Erste eine Absage. Stattdessen will sich Anderson darauf konzentrieren, eine starke Pharma-Pipeline aufzubauen, die rechtlichen Risiken zu reduzieren und die hohe Verschuldung von zuletzt 37,5 Milliarden Euro zu senken.
Außerdem hat er ein neues Organisationsmodell eingeführt. Dadurch sowie durch Stellenstreichungen will der Konzern in diesem Jahr 500 Millionen Euro und 2026 zwei Milliarden Euro sparen. Eine Gesamtzahl für den Stellenabbau nennt der Vorstand weiter nicht.
Offen ist unverändert auch, wie Anderson endlich einen Schlussstrich unter die Glyphosat-Klagewelle ziehen will, die Bayer seit sechs Jahren belastet. Zuletzt hatte er nur bekräftigt, dass Bayer alle Möglichkeiten in Betracht ziehe. Anderson wollte sich allerdings nicht zu der Frage äußern, ob es eine Option sei, die Risiken an eine Tochtergesellschaft auszulagern und diese dann in die Insolvenz zu schicken. Das "Handelsblatt" hatte kürzlich berichtet, Bayer prüfe genau dies mit Rechtsberatern. "Die unbegründeten Angriffe auf unser Unternehmen durch die Prozessindustrie müssen aufhören, und wir prüfen jede mögliche Alternative", sagte der Vorstandschef.
Finanzchef Wolfgang Nickl sagte, der Konzern sei offen für einen Vergleich, dieser müsse aber wirtschaftlich sinnvoll sein und einen Deckel auf mögliche künftige Fälle setzen. Die Zahl der angemeldeten Glyphosat-Klagen stieg seit Ende Januar um rund 3000 auf insgesamt etwa 170.000, noch stehen für 57.000 Ansprüche Einigungen aus.
Bayer verdient mehr als erwartet
Im ersten Quartal schlug sich Bayer trotz eines Umsatz- und Gewinnrückgangs besser als von Analysten erwartet. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) sank um 1,3 Prozent auf gut 4,4 Milliarden Euro - Analysten hatten mit weniger gerechnet. Der Umsatz sank auch wegen negativer Wechselkurseffekte um mehr als vier Prozent auf knapp 13,8 Milliarden Euro, währungsbereinigt stand ein Minus von 0,6 Prozent zu Buche.
Bayer bekam vor allem einen Ergebniseinbruch in der Agrarsparte CropScience zu spüren, nachdem der Konzern schon im vergangenen Jahr unter niedrigeren Glyphosatpreisen litt. Diese belasten das Unternehmen weiterhin, aber auch die Nachfrage nach Fungiziden und anderen Herbiziden ging zurück. Während Bayer im Pharmageschäft zulegen konnte, führten vor allem negative Währungseffekte im Geschäft mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten zu Ergebniseinbußen. Insgesamt musste der Konzern im ersten Quartal negative Währungseffekte von mehr als einer halben Milliarde Euro verkraften.
Bayer bekräftigte zwar sein währungsbereinigtes Jahresziel eines Ergebnisrückgangs von drei bis neun Prozent. Da die Währungsbelastungen zuletzt aber zunahmen, erwartet der DAX-Konzern 2024 nun ein bereinigtes operatives Ergebnis von 10,2 Milliarden bis 10,8 Milliarden Euro - rund 200 Millionen Euro weniger als bislang.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ