Was können wir uns noch leisten? Betriebswirt (44): Am Monatsende bleibt nichts übrig
29.05.2023, 13:25 Uhr
Die fünfköpfige Familie aus der Region Aachen hat vor einem Jahr eine Doppelhaushälfte gekauft - Symbolbild.
(Foto: picture alliance / Rupert Oberhäuser)
Vor allem Energie und Lebensmittel sind deutlich teurer geworden. Die Inflation lag im vergangenen Jahr im Schnitt bei 6,9 Prozent. Bei ntv.de verraten regelmäßig Menschen aus allen Gehaltsklassen, was das für ihren Alltag bedeutet - was sie verdienen, wofür sie wie viel Geld ausgeben und was am Monatsende übrig bleibt. Heute:
Ein leitender Betriebswirt im öffentlichen Dienst
Name: Ich möchte anonym bleiben*
Alter: 44 Jahre
Wohnort: Städteregion Aachen in Nordrhein-Westfalen
Ausbildung: Verwaltungsfachangestellter und Studium der Wirtschaftswissenschaften
Arbeitszeit pro Woche: 39 Stunden
Monatliches Bruttogehalt: 5.695 Euro (Entgeltstufe 12.5 im Tarifvertrag des öffentlichen Diensts)
Urlaubs- und Weihnachtsgeld: insgesamt 4.556 Euro pro Jahr
Familienstand: verheiratet, drei Kinder im Alter von zehn und elf Jahren sowie 18 Monaten
Haushalts-Nettoeinkommen pro Monat: 5.500 Euro - das ist die Summe aus meinem eigenen Gehalt, dem Einkommen meiner Ehefrau, die als Schulsozialarbeiterin in Teilzeit arbeitet, und 750 Euro Kindergeld.
Rate für unsere Doppelhaushälfte, die wir vor einem Jahr gekauft haben: 1.850 Euro pro Monat für Tilgung und Zinsen
Stromkosten: 232 Euro pro Monat, inklusive Strom für unsere Wärmepumpe sowie das Laden unseres Elektroautos und unseres Plug-in-Hybrids; mit unserer Photovoltaikanlage auf dem Hausdach produzieren wir aber einen Teil des Stroms selbst.
Wie stark diese im Lauf der Energiekrise gestiegen sind: Zum 1.1.2023 von 28 auf 39 Cent pro kWh (Arbeitspreis) - der Abschlag trotzdem noch nicht, weil wir erst vor einem Jahr eingezogen sind, dessen tatsächliche Höhe sich also erst zeigen muss.
Weitere Fixkosten pro Monat:
- Auto: 150 Euro zzgl. Leasingrate von 300 Euro
- Handy: 20 Euro
- Versicherung und Rente: 250 Euro
Zusatzausgaben für Kinder: etwa 1000 Euro pro Monat für Essensgeld in der Schule, Hobby Tanzen, Kleidung, Schuhe, Fahrrad etc.
Unterm Strich frei verfügbares Haushaltseinkommen für Lebensmittel, Hygiene, Freizeit, Kleidung, Urlaub etc.: 1500 Euro
Wie viel am Monatsende bleibt: Seit etwa eineinhalb Jahren 0 Euro, im Moment muss ich für den täglichen Bedarf sogar auf Erspartes zurückgreifen. Vor der steigenden Inflation blieb durchaus ein Betrag übrig, den die Inflation inzwischen auffrisst. Da ich im öffentlichen Dienst arbeite, wird in Zukunft ein Teil der gerade beschlossenen Gehaltserhöhung übrig bleiben.
Wie viel mehr wir heute für Lebensmittel ausgeben müssen als vor einem Jahr: 50 Prozent mehr - das weiß ich so genau, weil ich eine App nutze, in der ich die Kaufbelege einsehe, und quasi immer dieselben Waren einkaufe; dabei sind auch Drogerieartikel enthalten.
Wofür wir am meisten Geld ausgeben: die Ratenzahlung fürs Haus, bei den variablen Ausgaben für Lebensmittel, nämlich mindestens 500 Euro im Monat
Die Angaben dieser wichtigsten Einnahmen und Ausgaben beruhen auf Selbstauskünften, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Spannend, oder? Wenn Sie auch mitmachen möchten, melden Sie sich gern per E-Mail an mitmachen[at]ntv.de
Wo wir bereits sparen: beim Essengehen und bei Freizeitaktivitäten wie dem Besuch von Veranstaltungen, Zoo o.Ä.
Urlaubsausgaben: Rund 4000 Euro pro Jahr - wir zahlen etwa ein Drittel mehr als vor einem Jahr, Reisen ist signifikant teurer geworden.
Wünsche an die Politik: Die Energiewende unbürokratischer umsetzen, zum Beispiel so: Photovoltaik-Anlagen werden für alle Häuser mit einem Darlehen vom Staat finanziert, denn der Bund bekommt sicherlich bessere Konditionen. Der Hauseigentümer zahlt dieses quasi wie Strom-Nebenkosten zurück. Der ins Netz eingespeiste Strom wird subtrahiert vom Strom aus dem Netz und nur der Differenzbetrag muss an den Stromanbieter bezahlt werden - somit müssten sich die Stromanbieter um Speicherung etc. kümmern.
Ich bin gegen direkte Verbote wie zum Beispiel bestimmter Heizungsanlagen, sondern für ökologische Auflagen - so muss die Industrie sich überlegen, wie sie etwas innovativ umsetzt. Nicht ökologische Produkte wie Kohle, Atomstrom etc. sollten nicht subventioniert werden.
*Der Name ist der Redaktion bekannt
Quelle: ntv.de, Christina Lohner