Zahlreiche offene Zukunftsfragen Deutsche-Bank-Gewinn löst Probleme nicht
27.01.2019, 10:58 Uhr
Die Deutsche Bank ist seit Jahren in der Krise.
(Foto: picture alliance/dpa)
Erstmals seit 2014 wird die Deutsche Bank wieder einen Jahresgewinn einfahren. Doch für Euphorie gibt es keinen Grund. Denn zum Jahresende 2018 zeigt der Pfeil wieder nach unten - in Form von roten Zahlen. Nach wie vor sind in Frankfurt zahlreiche Baustellen zu beackern.
Die Deutsche Bank hat 2018 nach drei Verlustjahren in Folge mit großer Sicherheit wieder schwarze Zahlen geschrieben. Nach langer Durststrecke ist das eine gute Nachricht für die Mitarbeiter und Aktionäre des heimischen Marktführers. Doch dass die Freude über den Gewinn bei Christian Sewing, dem seit April amtierenden Chef der 90.000 Deutschbanker, lange anhalten wird, ist unwahrscheinlich. Die zahllosen Probleme des krisengeplagten Branchenprimus, der einst Jahr für Jahr Milliarden scheffelte, sind nämlich auch mit einem von Experten auf rund 480 Millionen Euro taxierten Nettoergebnis nicht verschwunden. Im Gegenteil.
Schon die Höhe des erwarteten Gewinns, den das Institut am kommenden Freitag bekannt geben wird, ist Teil der Malaise: zu wenig Speck nämlich, um gut über schlechte Zeiten zu kommen. Das dürfte nicht zuletzt ein Blick auf das von heftigen Schwankungen an den Finanzmärkten gezeichnete vierte Quartal belegen: Zwar hatten alle Investmentbanken unter den Turbulenzen zu leiden. Doch während US-Dickschiffen wie JP Morgan oder Goldman Sachs nur ein Bruchteil der Milliardengewinne wegbrach, sorgte das stürmische Vierteljahr bei den Frankfurtern dafür, dass grob ein Drittel des bis dahin erzielten Jahresgewinns verloren ging. Analysten rechnen inzwischen im Schnitt mit einem Quartalsverlust von knapp 240 Millionen Euro.
Zu wenig Speck
Dabei sah es zuvor gar nicht schlecht aus für Christian Sewing und seine Mannschaft. Unter dem Strich hatte die Deutsche Bank von Januar bis September zusammengerechnet 750 Millionen Euro eingefahren. Doch dann kamen die heftigen Börsenturbulenzen, und die zweitägige Geldwäsche-Razzia Ende November bestimmte die Schlagzeilen. Nicht wenige Kunden ließen da erst einmal Vorsicht walten, was die Bank viele Millionen an potenziellen Einnahmen gekostet haben dürfte.
Doch nicht nur auf der Imageseite und im Anleihegeschäft, der einstigen Paradedisziplin, lief es nicht rund. Weder das Privat- und Firmenkundengeschäft, das sich nach wie vor an der Integration der Postbank mühevoll und teuer abarbeitet, noch die Vermögensverwaltung reüssierten. Lagen die Einnahmen bei der im Frühjahr teils an die Börse gebrachten Fondstochter DWS 2017 noch bei 2,5 Milliarden Euro, dürften es 2018 noch gut 2,25 Milliarden gewesen sein. Einem Vorsteuergewinn von 734 Millionen Euro im Jahr 2017 dürfte dieses Mal nur noch ein Plus von knapp 470 Millionen gegenüberstehen, wie aus den auf der Website der Bank veröffentlichten Analystenprognosen hervorgeht.
Viele offene Fragen
Doch die Finanzen sind nur die halbe Wahrheit, wenn Sewing am 1. Februar erstmals als Vorstandschef die Bilanz des Geldhauses vor der Presse erläutern wird. Mindestens genauso wichtig sind die brennenden Zukunftsfragen: Wie den stetigen Erlösrückgang stoppen? Wie die überalterte IT zukunftsfähig machen? Wie den Absturz des Aktienkurses stoppen, der unter dem Strich um ein Drittel in den Keller gerauscht ist, seit Sewing auf dem Chefsessel Platz genommen hat? Und die Gretchenfrage natürlich: In welcher Aufstellung zu alter Stärke zurückfinden - alleine oder doch mit einem Partner? Ist die Lösung wirklich ein Zusammenschluss mit der Commerzbank? Oder endet die einst so stolze Deutsche Bank als Juniorpartner eines starken europäischen Instituts?
Spekulationen darüber füllen seit Monaten die Seiten vieler Zeitungen und Magazine. Für Frank Bsirske, den mächtigen Boss der Gewerkschaft Verdi, der im Aufsichtsrat der Bank sitzt, ist das alles Zukunftsmusik: "Ob eine Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank in einigen Jahren Sinn machen kann, das mag eine Rationalität haben. Aber derzeit sind die Bedingungen dafür definitiv nicht reif." Im Aufsichtsrat der Deutschen Bank gebe es gegenwärtig jedenfalls niemanden, "der kurzfristig auf eine Fusion mit der Commerzbank setzt".
Quelle: ntv.de, Andreas Framke, rts