"Bevor es zu spät ist" EU nimmt sich chinesische Windturbinenbauer vor
09.04.2024, 18:02 Uhr Artikel anhören
Die EU will die Bedingungen für die Entwicklung von Windparks in Spanien, Griechenland, Frankreich, Rumänien und Bulgarien prüfen.
(Foto: picture alliance / blickwinkel/G. Kunz)
Immer wieder steht China im Verdacht, Wirtschaftszweigen mit Geld massiv unter die Arme zu greifen und so den Wettbewerb zu verzerren. Nachdem die europäische Solarindustrie so weitgehend in die Knie gezwungen wurde, will die EU im Fall der Windturbinen-Hersteller frühzeitig gegensteuern.
Brüssel untersucht mögliche staatliche Subventionen bei chinesischen Zulieferern von Windparks in Europa. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sagte in einer Rede an der US-Universität Princeton, die EU werde die Bedingungen für die Entwicklung von Windparks in Spanien, Griechenland, Frankreich, Rumänien und Bulgarien prüfen. Namen der Firmen, die davon betroffen sind, nannte die Dänin nicht. Die Ermittlungen zielten nicht darauf ab, den wirtschaftlichen Erfolg Chinas zu beschränken, sagte Vestager. "Sie sind dazu gedacht, die Fairness in unseren Wirtschaftsbeziehungen wiederherzustellen."
Erst in der vergangenen Woche hatte die EU-Wettbewerbsaufsicht Untersuchungen gestartet, in denen geprüft werden soll, ob chinesische Bieter bei einer öffentlichen Ausschreibung für einen Solarpark in Rumänien wettbewerbswidrig von staatlichen Hilfen profitierten.
Die EU-Kommission teilte derweil mit, dass sie Hinweise habe, wonach bestimmte Windradhersteller von ausländischen Subventionen profitiert hätten, die ihnen einen unlauteren Vorteil gegenüber Konkurrenten verschafft hätten. Es steht der Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung im Raum. Vestager sagte, es brauche mehr, als sich jeden Fall einzeln anzusehen. "Wir brauchen einen systematischen Ansatz. Und das müssen wir machen, bevor es zu spät ist". Es dürfe sich nicht wiederholen, was der Solarindustrie passiert sei.
Rückendeckung für Vestager
Hintergrund ist, dass immer weniger Solarmodule in Europa hergestellt werden, auch weil China und die USA die Ansiedlung solcher Fabriken gezielt fördern. Es wird befürchtet, dass China durch seine Subventionen auch in anderen wichtigen Wirtschaftsbereichen wie Elektromobilität, Mikrochipproduktion oder eben der Windenergie europäische Firmen aus dem Markt drängen könnte. Damit würde auch die Abhängigkeit Europas von Importen aus China steigen.
Europäische Staaten können ihren Unternehmen nicht ohne Weiteres mit Steuergeldern unter die Arme greifen. In der EU gibt es strenge Regeln für Staatshilfen. Damit soll verhindert werden, dass ein verhältnismäßig reiches und großes Land wie Deutschland seinen Unternehmen einen unverhältnismäßigen Vorteil etwa gegenüber Konkurrenten aus kleineren Ländern wie Belgien oder Tschechien verschaffen kann.
Rückendeckung bekommt die liberale Politikerin Vestager aus einem eher ungewöhnlichen Lager: Die industrie- und energiepolitische Sprecherin der deutschen Linken im Europaparlament, Cornelia Ernst, lobte das Vorgehen der Kommission. "Besonders interessant ist, dass Vestager dazu auffordert, alle zur Verfügung stehenden handelspolitischen Instrumente zu nutzen, um die europäische Industrie zu schützen." Vestager gelte als bedingungslose Verfechterin des Freihandels, so Ernst. Daher sieht sie in ihren jetzigen Aussagen, dass sich der Ton in Brüssel ändere.
Quelle: ntv.de, jwu/DJ/dpa