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Wirtschaftsweiser und OECD einig "Ehegattensplitting-Reform würde Fachkräftemangel lindern"

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Ein Reformmodell könne das Realsplitting sein, bei dem ein Freibetrag zwischen den Ehepartnern steuermindernd übertragen werden könne.

Ein Reformmodell könne das Realsplitting sein, bei dem ein Freibetrag zwischen den Ehepartnern steuermindernd übertragen werden könne.

(Foto: IMAGO/Zoonar)

Das Ehegattensplitting nützt vor allem Paaren, bei denen einer viel und der andere wenig verdient. Das halte besonders Frauen von einer höheren Stundenanzahl im Beruf ab, sagt der Wirtschaftsweise Achim Truger ebenso wie die OECD. Mit einer Reform ließen sich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.

Der Wirtschaftsweise Achim Truger rechnet bei einer Reform des Ehegattensplittings mit einer deutlichen Verringerung des Fachkräftemangels. Die derzeitige Regelung verringere durch eine "hohe steuerliche Grenzbelastung für Zweitverdienende - zumeist Frauen - die Anreize zur Aufnahme von Erwerbsarbeit und zur Ausweitung der Stundenanzahl", sagte Truger der "Rheinischen Post". Schätzungen kämen rechnerisch auf 200.000 Vollzeitstellen, "teilweise noch deutlich mehr", um die die Erwerbstätigkeit durch das Splitting derzeit gemindert werde.

Außerdem würden Frauen dadurch geringe eigene Ansprüche in der Sozialversicherung erwerben und gerieten in starke wirtschaftliche Abhängigkeit vom Partner. Bei einer Trennung hätten sie oft das Nachsehen, sagte Truger. "Eine Reform des Ehegattensplittings ist daher aus meiner Sicht überfällig."

Die Industriestaaten-Organisation OECD sieht in einer Reform des umstrittenen Ehegattensplittings ebenfalls ein geeignetes Rezept gegen den Fachkräftemangel. "Im internationalen Vergleich sind in Deutschland die Anreize für Zweitverdiener, mehr zu arbeiten, auch aufgrund des Ehegattensplittings gering", sagte die Leiterin des OECD Berlin Centre, Nicola Brandt, der Nachrichtenagentur Reuters. Die Erfahrungen mit der Abschaffung in Schweden Anfang der 70er Jahre und Modellstudien deutscher Wirtschaftsforschungsinstitute zeigten, dass sich durch eine Reform die Vollzeitbeschäftigung unter Frauen deutlich steigern ließe.

"Reform könnte der Geschlechtergerechtigkeit dienen"

"Das heißt, eine Reform könnte ein wirksames Mittel gegen Fachkräftemangel sein und gleichzeitig der Geschlechtergerechtigkeit bei bezahlter und unbezahlter Arbeit dienen", sagte Brandt. "Das gilt besonders, wenn ein weiterer Ausbau hochwertiger Kinderbetreuung damit einhergeht, oder auch eine Ausweitung der Vätermonate beim Elterngeld."

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Beim Ehegattensplitting werden die Einkünfte beider Ehepartner zusammengerechnet und dann halbiert. Für diesen Wert wird die Einkommensteuer berechnet und dann verdoppelt - das ist die Steuerlast des Ehepaars. Das Ehegattensplitting ist vor allem für Paare vorteilhaft, deren Einkommen weit auseinanderklaffen. Zuletzt hatte ein Vorstoß von SPD-Chef Lars Klingbeil zur Abschaffung des Ehegattensplittings für Diskussionen gesorgt.

Komplett abschaffen lasse sich das Splitting aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht, sagte Truger der "Rheinischen Post". Ein Reformmodell könne aber das Realsplitting sein, bei dem ein Freibetrag zwischen den Ehepartnern steuermindernd übertragen werden könne. Mittelfristig seien Mehreinnahmen zwischen 5 und 15 Milliarden Euro pro Jahr denkbar, die größtenteils von den oberen 20 Prozent in der Einkommensverteilung getragen würden.

Quelle: ntv.de, can/AFP/rts

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