Wirtschaft

Unerfahrene zahlen Lehrgeld Gamestop-Aufruhr hat nicht nur Gewinner

Die Gamestop-Aktie liegt nun bei 169 US-Dollar: halb so viel wie vor einer Woche.

Die Gamestop-Aktie liegt nun bei 169 US-Dollar: halb so viel wie vor einer Woche.

(Foto: imago images/Alexander Pohl)

Nach dem rasanten Anstieg der Gamestop-Aktien in der vergangenen Woche beruhigt sich nun langsam wieder die Lage. Ob unerfahrene Kleinanleger die Broker und Shortseller in die Knie zwingen konnten, bleibt aber noch offen.

Die Zeit spektakulärer Kurssprünge bei den Aktien des US-Videospielehändlers Gamestop und anderer Unternehmen sowie bei Silber sind wohl vorerst vorbei. Doch wie bei Spekulationsblasen üblich, gibt es wenige Gewinner und viele Verlierer. So brachen Gamestop-Titel an der Wall Street zu Wochenbeginn um gut 30 Prozent ein und rutschten am heutigen Dienstag vorbörslich um weitere 25 Prozent ab. Mit knapp 169 US-Dollar waren sie weniger als halb so viel wert wie bei ihrem Rekordhoch in der vergangenen Woche. Der Silberpreis rutschte im Laufe des Tages zeitweise um mehr als fünf Prozent auf 27,44 US-Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) ab, nachdem er am Montag ein Acht-Jahres-Hoch von 30,03 US-Dollar markiert hatte.

Experten zufolge werden wohl vor allem unerfahrene Kleinanleger Lehrgeld zahlen müssen. Sie stiegen oft ein, wenn ein Kurs schon recht weit geklettert sei und zögerten zu lange, bevor sie verkauften. Besonders schmerzhaft können die Verluste für diejenigen werden, die Aktien oder Silber auf Pump gekauft haben. Üblicherweise räumen Broker ihren Kunden abhängig von der Depotgröße einen Dispokredit ein, um zu spekulieren. Weil Anleger dadurch ein größeres Rad drehen, können sie ihre Gewinne bei steigenden Kursen maximieren. Läuft der Markt aber gegen sie, potenzieren sich die Verluste.

Verschärft wird diese Situation durch sogenannte "Margin Calls" der Broker. Bei steigenden Verlusten in einem Investment fordern sie dann zusätzliche Sicherheitsleistungen, "Margin" genannt. Können die Kunden diese nicht aufbringen, werden die Papiere ungeachtet möglicher Verluste zwangsverkauft.

Gamestop Corporation
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Thomas Peterffy, Manager bei Interactive Brokers, schätzt, dass bei rund der Hälfte der insgesamt 1,2 Millionen Kundenkonten Wertpapiere auf Pump gekauft werden. Mehrere Tausend "Margin Calls" pro Tag seien normal, allerdings habe ihre Zahl zuletzt merklich zugenommen. Die Brokerhäuser TD Ameritrade und Robinhood wollten sich nicht dazu äußern, wie viele ihrer Kunden auf Pump spekulieren. Konkurrent Charles Schwab ließ eine Anfrage unbeantwortet.

Shortseller waren zu Beginn die großen Verlierer

Termingeschäfte spielen eine große Rolle beim Hype und Gamestop & Co. Experten zufolge haben sie die Rally in den vergangenen Wochen befeuert und könnten nun die Talfahrt beschleunigen. Während des Preisanstiegs hatten Broker in großem Stil sogenannte Call-Optionen an Kunden verkauft. Damit sichern sich diese ein Wertpapier, eine Devise oder einen Rohstoff zu einem festgesetzten Preis. Gleichzeitig decken sich die Broker umgehend an der Börse mit dem Basiswert ein, um ihn bei Fälligkeit der Option an den Kunden zu liefern. Warten sie damit, drohen Verluste, wenn der Kurs über den vereinbarten Optionspreis steigt. Fällt der Börsenkurs dagegen unter den Optionspreis, könnten Brokerhäuser die Aktien oder Rohstoffe in großem Stil auf den Markt werfen.

Auf der anderen Seite droht den Käufern von Calls ein Totalverlust, wenn der Basiswert den vereinbarten Kaufpreis nicht erreicht. Dann verfällt die Option nach Ablauf und ist wertlos. Bei Gamestop seien derzeit aber nur wenige Call-Optionen offen, sagte Christopher Murphy, leitender Anlagestratege für Derivate beim Brokerhaus Susquehanna. Käufer hätten sie meist am selben Tag eingelöst. Bei "Put"-Optionen sehe es aber ganz anders aus, warnt der Branchendienst Trade Alert. Hier seien noch relativ viele im Umlauf. Bei diesen Papieren sichern sich die Käufer das Recht, ein Wertpapier, eine Devise oder einen Rohstoff zu einem festgesetzten Preis zu verkaufen. Fällt der Börsenkurs unter den vereinbarten Optionspreis, drohen dem Verkäufer der Puts Verluste.

Die "Shortseller" - also Anleger, die auf einen Kursverfall wetten - waren zu Beginn der Kurskapriolen bei Gamestop die großen Verlierer. Sie leihen sich Aktien, um sie sofort zu verkaufen. Ihr Ziel ist es, sich bis zur Rückgabe billiger an der Börse mit den Papieren einzudecken. Die Differenz streichen sie als Gewinn ein. Kleinanleger hatten Shortseller mit konzertierten Käufen zur Auflösung dieser Wetten unter teils hohen Verlusten gezwungen.

Der rasante Preisanstieg lockte dann aber neue Investoren an, die ähnliche Wetten platzierten. Für diese biete der aktuelle Kursrutsch die Chance, Gewinne einzustreichen, sagt Ihor Dusaniwski, Geschäftsführer der Analysefirma S3 Partners. Auf diesen Zug könnten nun andere aufspringen und mit weiteren Wetten auf einen Kursverfall die Talfahrt beschleunigen.

Quelle: ntv.de, cls/rts

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