Falscher Lieferweg, miese Arbeit Gazprom moniert Zustand der Gas-Turbine
29.07.2022, 19:59 Uhr
Gazprom hält die fragliche Turbine für fehlerhaft gewartet.
(Foto: REUTERS)
Drei von vier Defekten nicht behoben und dann die Turbine auf einem nicht vertraglich fixierten Weg zurückgeschickt: Russland mosert weiter an der Technik für Gaslieferungen. Zudem müssten nun weitere Turbinen repariert werden. Unklar ist, ob Moskau so weitere Kürzungen vorbereitet.
Im Streit über verringerte Gaslieferungen aus Russland nach Deutschland macht Gazprom seinen deutschen Partnern weitere Vorwürfe. Der Vizechef des russischen Staatskonzerns, Witali Markelow, erklärte im Staatsfernsehsender Rossija-24, die Rückgabe einer in Kanada gewarteten Pipeline-Turbine über Deutschland nach Russland statt auf direktem Wege entspreche nicht den Vertragsbedingungen. Russland könne die reparierte Turbine jetzt nur annehmen, wenn es Garantien von der EU und von Großbritannien über die Nichtanwendung der westlichen Sanktionen gebe. Markelow erklärte nicht, warum die Turbine nicht direkt einfach von der russischen Seite angenommen werden kann.
Zudem habe der mit der Wartung beauftragte Hersteller Siemens Energy nur ein Viertel der festgestellten Defekte behoben. Das Unternehmen wollte sich zu den neuen Vorwürfen nicht dezidiert äußern, verwies aber auf eine Stellungnahme vom Mittwoch. Da hatte Siemens Energy erklärt, man habe derzeit keinen Zugang zu den Turbinen vor Ort und dem Unternehmen lägen bisher auch keine Schadensmeldungen von Gazprom vor. "Daher müssen wir davon ausgehen, dass die Turbinen betriebsbereit sind."
Markelow sagte, Gazprom habe zehn Briefe an Siemens Energy geschrieben, aber nur zu einem Viertel seien die beanstandeten Probleme behoben worden. Details wurden nicht genannt, allerdings kündigte das Unternehmen die Veröffentlichung eines Teils der Kommunikation mit Siemens Energy an. Im Moment sei in der für Nord Stream 1 wichtigen Gasverdichterstation nur eine von sechs Turbinen im Einsatz, sagte Markelow.
Dem Fernsehbericht zufolge derweil wird eine weitere Turbine für die Reparatur in Kanada vorbereitet. Zudem gebe es in der Kompressorstation drei Turbinen, die an Ort und Stelle von Siemens-Experten repariert werden sollten. Der Kreml hatte am Vortag erklärt, dass Russland auf eine rasche Rückkehr der Turbine und ihren Einbau hoffe. Die Turbine ist nach von Angaben Gazprom wichtig, um den nötigen Druck zum Durchpumpen des Gases aufzubauen.
Russland hatte nach seinem Einmarsch in die Ukraine und den daraufhin verhängten Wirtschaftssanktionen zahlreicher Staaten Gaslieferungen in die EU gekürzt. Während Russland zur Begründung technische Ursachen angibt, sprechen die Bundesregierung und andere EU-Staaten von einem Vorwand Russlands. Tatsächlich handele es sich bei den Lieferkürzungen um eine Retourkutsche für die Sanktionen. In diesem Zusammenhang war Gazprom bereits von deutscher Seite Vertragsbruch vorgeworfen worden.
Entzündet hatte sich der Streit über Gaslieferungen unter anderem an der Frage, ob und unter welchen Bedingungen eine der Turbinen, mit der Gaspipelines betrieben werden, nach der regulären Wartung nach Russland zurückgebracht wird. Kanada hatte wegen der Sanktionen gegen Russland einen direkten Rücktransport der Turbine abgelehnt, hatte aber eine Lieferung nach Deutschland zur anschließenden Weitergabe nach Russland akzeptiert. Siemens Energy hatte wiederholt die russische Darstellung zurückgewiesen, für Verzögerungen verantwortlich zu sein.
Derweil fließt trotz stark reduzierter Liefermengen aus Russland weiter Gas in die deutschen Speicher. Vom vergangenen Dienstag auf Mittwoch habe sich der Füllstand leicht um 0,3 Prozentpunkte auf 67,5 Prozent erhöht, berichtete die Bundesnetzagentur in ihrem täglichen Gas-Lagebericht. Seit Mittwoch liegen die Liefermengen aus der Ostseepipeline Nord Stream 1 nur noch bei etwa 20 Prozent der Kapazität.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/dpa