Chefin Nikutta in der Kritik Gutachten lässt kein gutes Haar an Sanierungskonzept für DB Cargo
20.10.2025, 20:23 Uhr Artikel anhören
Ein neuer Verladekran in Köln hebt einen Container auf einen Wagen.
(Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress)
Bei der Deutschen Bahn soll sich vieles zum Besseren wenden. Besonders die seit langem defizitäre Sparte DB Cargo soll saniert werden. Das Konzept von Chefin Nikutta tauge dazu allerdings wenig, stellt ein Gutachten fest. Oft bleibe es bei Ideen und Annahmen.
Ein internes Gutachten der Strategieberatung Oliver Wyman übt deutliche Kritik am Sanierungskonzept von DB-Cargo-Chefin Sigrid Nikutta. In der Analyse, die dem "Spiegel" und der Deutschen Presse-Agentur vorliegen, heißt es wörtlich: "Das aktuelle Sanierungskonzept ist (…) objektiv ungeeignet, die Krisenursachen zu beseitigen und eine Wettbewerbsfähigkeit (…) herzustellen." Eine nachhaltige Profitabilität würde so mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht sichergestellt, heißt es weiter. Grundsätzlich sei die Aussicht auf eine erfolgreiche Sanierung aber weiterhin gegeben.
Nach Informationen des "Spiegel" hat der Bahnkonzern die Untersuchung beauftragt, um zu klären, ob die Bahn-Güterverkehrstochter Nikuttas Strategie weiterhin verfolgen kann. Seit Mitte vergangener Woche zeichnet sich demnach ab, dass dies nicht der Fall ist.
DB Cargo soll seit Jahren Sorgenkind des Staatskonzerns sein und schreibt im Gegensatz zu vielen privaten Wettbewerbern hohe Verluste. Die EU-Kommission hat zudem entschieden, dass DB Cargo ab 2025 kein Geld mehr vom Mutterkonzern erhalten und ab 2026 eigenständig Gewinne erzielen soll. Wird das Ziel verfehlt, droht eine Aufteilung und ein Verkauf von Unternehmensteilen.
Nikutta begegnete diesem Problem bislang vorwiegend mit dem Abbau von Personal und Rollmaterial. Wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vor einer Woche berichtete, soll DB Cargo nach Nikuttas Plänen in den nächsten Jahren von 19.000 auf 10.000 Beschäftigte schrumpfen. Auch zahlreiche Werkstätten sollen geschlossen werden.
Eine weitere Hoffnung lag in der Förderung des sogenannten Einzelwagenverkehrs durch den Bund. Die Sparte ist wichtig, um Güter von der Straße auf die Schiene zu bekommen. Gleichzeitig ist der Einzelwagenverkehr aber auch sehr kostenintensiv. Seit 2024 stellt er zu diesem Zweck rund 90 Milliarden Euro zur Verfügung.
Gutachter beklagen fehlende Unterlagen
Doch selbst mit dieser Förderung bleibe das Geschäft defizitär. Dem Management von DB Cargo sei es der Stellungnahme zufolge nicht gelungen, ein belastbares Konzept für die Verwendung der Milliarden vorzulegen. "Das (…) Konzept für den Einzelwagenverkehr basiert auf einem Portfolio von Maßnahmen, die sich aktuell überwiegend im Ideenstatus befinden und stark auf Annahmen beruhen." Auf dieser Basis sei ein finaler Entwurf des Gutachtens nicht möglich gewesen; erforderliche Unterlagen seien nicht eingereicht worden.
Ob Nikutta die Papiere nicht vorlegen wollte oder konnte, ist offen. DB-Konzern und DB Cargo teilten auf "Spiegel"-Anfrage mit, dass sie sich aktuell nicht zum Gutachten äußern wollen.
Vor einer Woche forderte die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) bereits die Abberufung der Cargo-Chefin. "Nikuttas Bilanz ist verheerend - über 3,1 Milliarden Euro Minus seit ihrem Amtsantritt sprechen für sich", schrieb die stellvertretende EVG-Vorsitzende und Vize-Aufsichtsratschefin bei Cargo, Cosima Ingenschay, in einem Brief an die neue Bahn-Vorstandschefin Evelyn Palla und den Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Gatzer. "Was sie Transformation nennt, ist in Wahrheit ein kopfloses Abwickeln", hieß es darin nach EVG-Angaben.
Während die Belegschaft Tag für Tag alles gebe, um Züge am Laufen zu halten, verkaufe die Unternehmensführung Tafelsilber, schicke betriebsnotwendiges Personal mit Abfindungen nach Hause und vergebe Leistungen ohne Not an Dritte.
Am Nachmittag tagte der Personalausschuss der Bahn. Dieses Gremium dürfte demnächst über die mögliche Abberufung Nikuttas entscheiden.
Quelle: ntv.de, als/dpa