Wirtschaft

Neue Bahn-Strategie und Chefin Schnieder senkt Pünktlichkeitsziele - "nichts Unmögliches verlangen"

Minister Schnieder übergibt die Umsetzung seiner Strategie an die neue Bahn-Chefin Palla.

Minister Schnieder übergibt die Umsetzung seiner Strategie an die neue Bahn-Chefin Palla.

(Foto: picture alliance / photothek.de)

Verkehrsminister Schnieder stellt die Pünktlichkeit der Bahn ins Zentrum der neuen Strategie - und bittet gleich zu Beginn um Geduld. Denn an der geplanten Generalsanierung ändert sich nichts. Daneben soll das Unternehmen schlanker werden. Und auch die neue Chefin bremst: "Nichts wird schnell gehen."

Die Deutsche Bahn darf künftig später kommen: Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder verschiebt die Zielwerte bei der Pünktlichkeit. Nun sollen erst ab 2029 mindestens 70 Prozent der Züge im Fernverkehr pünktlich sein, wie der CDU-Politiker bei der Vorstellung seiner Strategie für die Bahn sagte. Die bislang von der Bahn anvisierten Ziele seien "nicht annähernd erreichbar".

Zugleich bestätigte er, dass die Chefin der Regio-Sparte, Evelyn Palla, Nachfolgerin von Richard Lutz an der Spitze des Konzerns wird. Schnieder will den Fokus zudem auf Sauberkeit und Sicherheit legen. Doch bis sich für die Fahrgäste grundlegend Verbesserungen einstellen, dürfte es noch einige Jahre dauern. Dennoch: "Heute drücken wir auf Neustart", sagte Schnieder.

Und dafür sei die 51-Jährige die "beste Kandidatin", sagte der Minister weiter. Sie bringe "alles mit, um den Konzern wieder auf die Erfolgsspur zu führen". Schnieder betonte zum einen die Erfahrung Pallas, die seit 2022 innerhalb des Bahnkonzerns die DB Regio leitet. Zugleich bringe sie aber auch Erfahrung von außen mit. Er hob Pallas Tätigkeit im Vorstand der Österreichischen Bundesbahnen hervor, die häufig auch als "Vorbild" für einen erfolgreichen Bahnkonzern genannt werde. Sie ist in 190 Jahren Bahngeschichte die erste Frau an der Spitze. Im Vorstand fallen zudem zwei Stellen weg.

"Wir räumen auf", sagte Palla bei ihrer Vorstellung und dämpfte im beinahe gleichen Atemzug zu hohe Erwartungen. "Nichts wird schnell gehen." Der Konzern müsse klarer und schneller werden. Der Kunde müsse ins Zentrum rücken. Der Fokus liege auf dem Kerngeschäft. Sie soll morgen vom Aufsichtsrat bestätigt werden.

Und Schnieder nimmt der neuen Chefin zu Beginn ihrer Amtszeit gleich etwas Druck - und kassierte das im Sanierungsprogramm S3 genannte Pünktlichkeitsziel. Darin wird für die Pünktlichkeit ein Zielkorridor von 75 bis 80 Prozent der Züge bereits für 2027 genannt. "Jenseits aller Realität" und nicht annähernd erreichbar, urteilt Schnieder nun und verweist insbesondere auf die in den kommenden Jahren geplanten Bauarbeiten. Vor diesem Hintergrund sei schon das Ziel 70 Prozent bis 2029 "ambitioniert".

"Pünktlichkeit ein ganz wesentlicher Faktor"

Die Zuverlässigkeit stehe im Zentrum seiner Bahnstrategie, sagte Schnieder. "Da ist die Pünktlichkeit ein ganz wesentlicher Faktor." Er könne aber auch nichts Unmögliches verlangen. "Die Situation ist mehr als schwierig. Da rauszukommen, ist in meinen Augen eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe."

"Mittelfristig" formulierte der Verkehrsminister eine Zielmarke von 80 Prozent Pünktlichkeit, langfristig sollen es 90 Prozent sein. Damit wäre die Bahn auf Augenhöhe etwa mit dem Zugverkehr in Österreich oder den Niederlanden. Im Nahverkehr soll die Pünktlichkeit dauerhaft bei 90 Prozent liegen. Aktuell sind nicht einmal 60 Prozent der Züge im Fernverkehr pünktlich, im Nahverkehr sind es bereits rund 90 Prozent.

Hauptansatzpunkt des Ministers ist die Sanierung des Schienennetzes - mit Mitteln aus dem 500 Milliarden Euro schweren Sondervermögen für die Infrastruktur. In die Digitalisierung sollen bis 2029 allein 10 Milliarden Euro fließen.

Schnieder will dafür sorgen, dass die für die Infrastruktur zuständige DB InfraGo künftig eigenständiger und unabhängiger vom Gesamtkonzern agieren kann. Dafür werde etwa geprüft, ob der bisherige Beherrschungsvertrag zwischen Bahn und InfraGo fortbestehen soll. Eine Entscheidung darüber soll im ersten Halbjahr 2026 fallen. Bereits sofort wird der Chef der Sparte abgelöst. Sie soll zudem eindeutiger auf das Gemeinwohl ausgerichtet werden. Gewinne sollen nur insofern erzielt werden, als dass sie diesem Ziel zugutekommen.

Die DB-Sparten Fernverkehr und Regionalverkehr sollen spätestens Ende 2028 dauerhaft profitabel sein, der Güterverkehr bereits 2026. "Die Sanierungsmaßnahmen der DB Cargo AG sind fortzusetzen und gegebenenfalls zu intensivieren", heißt es in der Strategie des Ministers. Mit Blick auf den gesamten Konzern heißt es, alle Beteiligungen, die nicht zum Kerngeschäft gehörten, sollten gebündelt und dann verkauft werden. Ein Konzept soll der DB-Vorstand 2026 vorlegen.

Für die Kunden will Schnieder Bahnhöfe sicherer und sauberer machen. Ab dem ersten Quartal 2026 soll dafür ein Sofortprogramm greifen. Die Kommunikation mit den Kunden soll zudem bis spätestens 2027 verbessert werden. Der Komfort in den Zügen soll auch erhöht werden.

An dem Konzept der Generalsanierung hält Schnieder in seiner neuen Strategie fest. Es sieht vor, dass bis 2036 mehr als 40 besonders wichtige Strecken grundlegend modernisiert werden. Ziel ist es, auf diese Weise die Zahl der Baustellen nach und nach zu reduzieren und den Zugverkehr wieder zuverlässiger fahren zu lassen. "Die Kunden müssen sich auf die angebotene Leistung der DB AG verlassen können, optimal informiert sein und sich gleichzeitig wohlfühlen, wenn sie das System Schiene nutzen", heißt es in der Strategie. Das Ziel "spürbare Zuverlässigkeit" habe für den Bund die höchste Priorität.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/dpa/AFP

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