Höhere Gebühren angekündigt Kunden "fluten" Sparkassen mit Geld
16.02.2021, 16:14 Uhr
Einst warben Sparkassen dafür, dass ihre Kunden ihnen möglichst viel Geld anvertrauen.
(Foto: Daniel Naupold/dpa/Archivbild)
Früher hätten Banken sich über mehr Einlagen gefreut. In Zeiten negativer Zinsen sind die Kundengelder jedoch eine Belastung. Die Corona-Krise trägt gleichzeitig dazu bei, dass die Kunden so viel sparen wie nie. Sparkassen müssen ihr Geschäftsmodell anpassen.
Sparkassen können sich in der Corona-Zeit kaum vor Kundengeldern retten, profitieren von diesem Ansturm aber nicht. "Die Kunden haben uns im Krisenjahr 2020 mehr denn je ihr Geld anvertraut", sagte Präsident Michael Ermrich vom Dachverband der ostdeutschen Sparkassen (OSV). "Unseren Sparkassen fehlen jedoch Möglichkeiten, diese Gelder zu investieren beziehungsweise zinsbringend anzulegen." Grund sei die langanhaltende Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die die Institute vor große Probleme stelle und letztlich das Geschäftsmodell der Sparkassen gefährde. Wegen des sinkenden Zinsüberschusses, dem größten Ertragsbringer der Sparkassen, schließt der OSV nicht aus, dass Kunden für Sparkassen-Leistungen künftig mehr zahlen müssten.
Auch in anderen Teilen Deutschlands leiden die Sparkassen unter demselben Phänomen. Ein "ausgeprägtes Vorsichtssparen" trug nach Angaben des Sparkassenverbands Westfalen-Lippe mit dazu bei, dass die Kundeneinlagen mit 113 Milliarden Euro (plus neun Prozent) eine Höchststand erreichten.
Ermrich von OSV monierte, dass die negativen Einlagenzinsen der EZB dazu führen, "dass - wenn Kunden Gelder auf ihr Girokonten überweisen - die Sparkassen dafür Negativzinsen bei der EZB zahlen". Der ohnehin traditionell hohe Einlagenbestand kletterte um knapp zehn Prozent auf den Rekord von 120,3 Milliarden Euro. "Die Sparkassen wurden geradezu mit Ersparnissen geflutet", sagte OSV-Geschäftsführer Wolfgang Zender. Was für die Institute in normalen Zeiten kostengünstige Liquidität bedeutet, führt nach OSV-Einschätzung seit sechs Jahren zu Extra-Belastungen.
Mit "Verwahrentgelten" ist zu rechnen
Das Betriebsergebnis vor Bewertung sank 2020 um 3,5 Prozent auf 1,15 Milliarden Euro und damit das dritte Jahr in Folge. Seit 2018 hätten die Sparkassen insgesamt rund 166 Millionen Euro Gewinn eingebüßt, sagte Ermrich. Dies entspreche den Mitteln, die die Ost-Sparkassen in den vergangenen rund dreieinhalb Jahren für die Unterstützung von Kultur, Sport, sozialen Projekten und Bildung bereitgestellt haben.
Der Gewinn dürfte auch 2021 sinken, sagte Zender. "Der Zinsüberschuss bröckelt und bröckelt." Die rund 45 Sparkassen hätten zwar seit 2014 den Provisionsüberschuss um rund 30 Prozent gesteigert. "Das reicht aber bei weitem nicht aus", um die Rückgänge im Zinsgeschäft auszugleichen, warnte Zender.
Auch die westfälischen Sparkassen wollen sich selbst unabhängiger vom Zinsgeschäft machen, wie durch eine kontinuierliche Steigerung des Provisionsgeschäfts, sagte Verbandsgeschäftsführer Jürgen Wannhoff. Er rechne in den nächsten Monaten auch mit Preissteigerungen bei Girokonten. Und bei großen neuen Anlagebeträgen sei auch bei den Sparkassen mit der Einführung von Negativ-Zinsen, sogenannten Verwahrentgelten, zu rechnen. Das Betriebsergebnis des Sparkassenverbands Westfalen-Lippe vor Bewertung sank 2020 um 1,1 Prozent auf 1,17 Milliarden Euro.
Quelle: ntv.de, mbo/rts