Wirtschaft

"Schritt in Staatsfinanzierung" Merz übt scharfe Kritik an der EZB

Merz lässt kein gutes Haar am neuen Kriseninstrument der EZB.

Merz lässt kein gutes Haar am neuen Kriseninstrument der EZB.

(Foto: dpa)

Die EZB hat am Donnerstag nicht nur den Leitzins erstmals seit elf Jahren erhöht, sondern gleichzeitig ein Anti-Krisen-Instrument eingeführt: TPI. Doch daran lässt CDU-Chef Merz kein gutes Haar. "Dieser Schritt ist vom Mandat der EZB nicht umfasst", schreibt er.

CDU-Chef Friedrich Merz hat massive Kritik an dem neuen Anleihenkaufprogramm TPI der Europäischen Zentralbank (EZB) geübt. Wenn die EZB die Zinsabstände zwischen Staaten in der Euro-Zone nivellieren wolle, indem sie Anleihen angeschlagener Staaten gezielt ankaufe, "dann ist dies der letzte Schritt in die monetäre Staatsfinanzierung, also in die Finanzierung der Haushalte dieser Länder mit Notenbankgeld", schrieb der Oppositionsführer in einem Newsletter.

"Dieser Schritt ist vom Mandat der EZB nicht umfasst, die Zentralbank handelt dann außerhalb ihrer Kompetenzen", so Merz. Die EZB würde damit endgültig die vertragliche Grundlage verlassen, auf der vor gut zwanzig Jahren die Währungsunion gegründet wurde.

Die Euro-Wächter hatten sich auf ihrer Zinssitzung am Donnerstag auf neues Krisen-Anleihen-Kaufprogramm geeinigt, mit dem sie stark verschuldeten Staaten wie Italien bei Turbulenzen am Anleihenmarkt helfen kann. Das neue Werkzeug (Transmission Protection Instrument - TPI) soll dafür sorgen, dass die Geldpolitik gleichmäßig im Euro-Raum wirken kann und es nicht zu einem Auseinanderlaufen der Finanzierungskosten der einzelnen Euro-Staaten kommt. Seit Italiens Premierminister Mario Draghi letzte Woche zum ersten Mal seinen Rücktritt angekündigt hatte, standen etwa italienische Staatsanleihen verstärkt unter Druck.

Vorwurf, EZB habe zu spät reagiert

"Die Zinsabstände, die wir jetzt sehen, sind aber keine 'ungerechtfertigten' oder gar 'ungeordneten' Marktdynamiken, sondern genau die Antworten der Kapitalmärkte, die der Risikoeinschätzung der Kapitalgeber entsprechen", kritisiert Merz. So würden Italien, Spanien, Portugal und Griechenland als riskanter eingeschätzt als Deutschland, die Niederlande, Belgien und Österreich.

Seit mehr als zehn Jahren operiere die EZB nur noch im Krisenmodus. "Sie hat mit dem jetzt angekündigten Zinsschritt zu spät reagiert und versucht gleichzeitig, eine Einheitlichkeit der Geldpolitik im Euroraum durchzusetzen, die es aufgrund der Unterschiedlichkeit der jeweiligen Haushaltsrisiken gar nicht geben kann", bemängelt der CDU-Chef.

Auch von anderer Seite gab es Kritik an TPI. Sorgen äußerte etwa der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher. Die EZB habe einen richtigen Mittelweg zwischen Forderungen nach einer restriktiveren Geldpolitik und einer stärkeren Unterstützung der verletzlichsten Mitgliedsländer gewählt, sagte Fratzscher. TPI sei das nötige Gegengewicht zum nun schnelleren Zinsanstieg in den kommenden Monaten und "einerseits klug, andererseits aber auch riskant". Denn es sei unklar, wie das Instrument genutzt werde. Die Bedingungen dafür seien so gering, "dass es de facto der EZB kaum Begrenzungen geben dürfte". Fratzscher befürchtet daher einen zunehmenden politischen Druck auf die EZB.

Bundesbank-Chef verteidigt TPI

Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hält TPI für rechtlich wasserdicht, wie er dem "Handelsblatt" sagte. "Der EZB-Rat hat bei der Ausgestaltung des TPI besonderen Wert darauf gelegt, den rechtlichen Vorgaben und Grenzen Rechnung zu tragen", sagte Nagel. "Deshalb bin ich zuversichtlich, dass es, wenn es zu einem Verfahren käme, vor den Gerichten Bestand haben würde", fügte er hinzu. Bei der Vorbereitung des neuen Instruments sei die Gesprächsatmosphäre sehr intensiv und sehr konstruktiv gewesen, sagte Nagel. Der Bundesbank-Präsident hatte seine Unterstützung von den Konditionen abhängig gemacht, an die das Instrument geknüpft sein soll.

Die EZB bindet das Programm an mehrere Konditionen, wie etwa die Schuldentragfähigkeit und will zur Feststellung unter anderem Analysen des Euro-Rettungsfonds ESM und der EU-Kommission heranziehen. "Es geht bei dem neuen Instrument nicht um Hilfen für Regierungen einzelner Länder, sondern um die Wirksamkeit der geldpolitischen Transmission und damit um die Sicherstellung von Preisstabilität", erläuterte Nagel. Sollte es einen konkreten, potenziellen Anwendungsfall geben, habe die EZB die Analysekapazitäten, um die dann anstehende Entscheidung zu fundieren.

Quelle: ntv.de, mli/rts/dpa

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