Kampf gegen die Inflation Schottland verpflichtet zu Gratis-Tampons und -Binden
16.08.2022, 14:45 Uhr
Periodenprodukte sind in schottischen Schulen bereits seit vergangenem Jahr frei zugänglich.
(Foto: picture alliance / dpa-tmn)
Als erstes Land der Welt will Schottland allen Frauen und Mädchen per Gesetz den Zugang zu kostenlosen Periodenprodukten ermöglichen. Was bisher nur in Schulen galt, wird nun auf alle Bildungseinrichtungen ausgeweitet. In Deutschland steht ein solches Gesetz noch aus.
In Schottland ist der freie Zugang zu Menstruationsartikeln gesetzlich festgelegt worden. Der Period Products Act verpflichtet Bildungs- und städtische Einrichtungen, "kostenlose Periodenprodukte für alle, die sie brauchen, zur Verfügung zu stellen".
Schottland ist das erste Land der Welt mit einem solchen Gesetz. Die schottische Labour-Abgeordnete Monica Lennon, die das bereits 2020 verabschiedete Gesetz angestoßen hatte, sagte: "Gerade jetzt, wo die Lebenshaltungskosten steigen, ist das Gesetz ein Leuchtfeuer der Hoffnung, das zeigt, was erreicht werden kann, wenn Politiker zusammenkommen und zum Wohle der Menschen handeln."
Im Juni hatte die Inflationsrate in Großbritannien bei 9,4 Prozent gelegen. Die Daten für Juli werden am morgigen Mittwoch veröffentlicht.
Seit 2017 hat Schottland rund 27 Millionen Pfund (knapp 32 Millionen Euro) ausgegeben, um an öffentlichen Orten Zugang zu Binden und Tampons zu schaffen. In Schulen ist die Verfügbarkeit schon seit dem vergangenen Jahr Pflicht, nun wird sie ausgeweitet. "Wir sind stolz, die erste nationale Regierung der Welt zu sein, die diesen Schritt geht", sagte die Ministerin für soziale Gerechtigkeit, Shona Robison.
Rund 7000 Euro gibt eine Frau für ihre Periode aus
Periodenarmut - also der Umstand, dass sich Mädchen und Frauen keine geeigneten Periodenprodukte leisten können - ist in vielen Ländern weltweit ein Problem. Der Period Products Act soll für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen, indem er einen flächendeckenden Zugang zu Menstruationsprodukten ermöglicht. Eine Erhebung der Hilfsorganisation Plan International ergab 2017, dass sich 10 Prozent der Mädchen und jungen Frauen im Alter von 14 bis 21 im Vereinigten Königreich keine Menstruationsprodukte leisten konnten - 15 Prozent hatten finanzielle Probleme, sie sich zu kaufen.
Im Schnitt gibt eine Frau in Europa durchschnittlich 7000 Euro in ihrem Leben für Menstruations- und Verhütungsmittel inklusive Schmerzmittel aus. Nach einer erfolgreichen Petition gegen die steuerliche Diskriminierung zahlen deutsche Verbraucherinnen seit 2020 nur noch 7 statt 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Monatshygieneartikel.
Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung befürwortet kostenlose Menstruationsprodukte in öffentlichen Gebäuden. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov sprachen sich 66 Prozent der Befragten dafür aus, Menstruierenden etwa in Gemeindezentren oder Apotheken einen unentgeltlichen Zugang zu Artikeln wie Tampons oder Binden zu ermöglichen. 18 Prozent lehnen dies ab, 16 Prozent der Befragten machten keine Angabe. Der Umfrage zufolge befürworten Frauen eine solche Regelung mit 72 Prozent häufiger als Männer mit 61 Prozent. Am höchsten war die Zustimmung unter Anhängerinnen und Anhängern der Grünen und der SPD (jeweils 76 Prozent), mit 52 Prozent am geringsten bei Anhängerinnen und Anhängern der AfD.
Quelle: ntv.de, jdr/dpa