Wirtschaft

17 Milliarden Euro Steuergeld Warum der Staat Italiens Pleitebanken rettet

Mit 17 Milliarden Euro fängt Italien die Veneto-Banken auf. Dabei sollte mit der Rettung auf Steuerzahlerkosten eigentlich Schluss sein.

Mit 17 Milliarden Euro fängt Italien die Veneto-Banken auf. Dabei sollte mit der Rettung auf Steuerzahlerkosten eigentlich Schluss sein.

(Foto: REUTERS)

Was nie wieder passieren sollte, findet nun doch in Italien statt: Der Staat rettet marode Banken mit Milliarden. Gleich beim ersten Test umgeht die EU die Regeln ihrer Bankenunion - die Pleiten auf Steuerzahlerkosten eigentlich verhindern sollte.

Der italienische Finanzminister Pier Carlo Padoan hat am Sonntag eine neue Finanzkrise im italienischen Bankensystem gerade noch einmal verhindert. Mit bis zu 17 Milliarden Euro Steuergeld rettet Padoan die Veneto Banca und Banca Popolare di Vicenza in der Veneto-Region in Nordostitalien. Die maroden Geldhäuser werden aufgespalten: Den guten Teil schluckt Italiens zweitgrößte Bank Intesa Sanpaolo für den symbolischen Betrag von einem Euro. Für den schlechten Teil haftet der Staat.

5,2 Milliarden pumpt Italien dabei direkt in Intesa Sanpaolo, damit die Bank nach der Übernahme nicht in Schwierigkeit gerät. Mit weiteren 12 Milliarden Euro bürgt der Steuerzahler für faule Kredite in der Bilanz der Pleitebanken, die abgewickelt werden. Fast 4000 Angestellte verlieren dabei ihre Jobs. Das italienische Parlament muss dem Plan noch zustimmen.

Wie ist es dazu gekommen?

Italiens Bankensystem ist zersplittert und an vielen Stellen marode. In keiner anderen G20-Nation gibt es mehr Bankfilialen als in Italien. Weil die Wirtschaft seit Jahren schwächelt, sitzen die Institute auf rund 325 Milliarden Euro faulen Krediten - rund ein Fünftel der italienischen Wirtschaftsleistung. Inzwischen ist laut der italienischen Notenbank im Schnitt fast jeder fünfte Kredit notleidend, wird also wahrscheinlich nicht zurückgezahlt werden.  

In den Bilanzen der beiden Veneto-Banken, die nun abgewickelt werden, sind laut EU-Kommission sogar fast 40 Prozent aller Kredite faul. Sie schreiben schon seit einigen Jahren Verluste. Bereits 2014 fielen sie beim Stresstest der Europäischen Zentralbank (EZB) durch. Die italienische Regierung sucht bereits seit langem nach einer Lösung für die Geldhäuser. Ein staatlich gestützter Rettungsfonds namens Atlante hat bereits 2016 rund 3,5 Milliarden Euro in die maroden Institute gepumpt. Am Freitag senkte die EZB endgültig den Daumen und schickte sie in die Pleite, weil sie keine glaubwürdigen Zukunftspläne vorlegen konnten.

Warum muss der Steuerzahler einspringen?

Ohne ein Eingreifen des Staates hätten am Montag wohl Sparer beide Veneto-Banken gestürmt, um ihre Einlagen abzuziehen - und damit die Banken vollends ruiniert. Um eine Panik und eine Kettenreaktion im Finanzsystem zu verhindern, rettete Italien sie mit Steuerzahlergeld. Für solche Finanzspritzen gibt es zwei Wege: Eine schmerzhafte Variante nach den strikten Vorgaben der neu geschaffenen Bankenunion. Oder eine sanftere Abwicklung nach den nationalen Insolvenzregeln.

Nach der Finanzkrise hat die EU neue Regeln geschaffen, die gigantische Rettungspakete auf Kosten der Steuerzahler wie 2008 künftig verhindern sollen. Bevor der Staat einspringt, müssen nach den Regeln der Bankenunion dabei zuerst die Eigentümer (Aktionäre) und Gläubiger (Anleihekäufer) maroder Geldhäuser für Verluste haften - und dann auch Sparer, die ihr Geld bei Pleitebanken nur angelegt haben (sogenannter Bail-In). Bei der Pleite nach nationalen Regeln werden die Anleger dagegen verschont.

Das zuständige Abwicklungsgremium der Europäischen Union, das Single Resolution Board (SRM), hat den Veneto-Banken die Pleite nach den sanfteren, nationalen Insolvenzregeln erlaubt. Dadurch werden viele Kleinanleger geschont, die ihr Geld bei den Pleitebanken angelegt haben. Die Folge ist aber, dass nun der Steuerzahler die Zeche zahlt.

Was bedeutet das für Europas Finanzsystem?

Die EU-Kommission hat dieser Lösung zugestimmt. Sie hält es offenbar für besser, die Banken auf Staatskosten zu retten, statt Tausende italienische Kleinanleger um ihr Erspartes zu bringen. Weil die EU damit beim ersten großen Testfall aber gleich ihre strikten Regeln für Staatshilfen über Bord wirft, hat die Bankenunion nun ein massives Glaubwürdigkeitsproblem.

"Die Europäische Kommission trägt die Verantwortung dafür, dass staatliche Beihilfen auf ein Minimum beschränkt werden - auch, um eine faktische Umgehung von Abwicklungsregeln durch nationale Insolvenzregime zu verhindern", warnte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums. "Das Versprechen, dass künftig nicht mehr der Steuerzahler für marode Banken in Haftung genommen wird, ist mit dieser Nacht-und Nebel-Aktion ein für alle Mal hinfällig", kritisierte auch der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. "Wieder einmal soll der Steuerzahler mit Milliardensummen einspringen - das konterkariert alle unsere Bemühungen um Stabilität und Nachhaltigkeit im Finanzsystem und eine funktionierende Bankenunion", sagte FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer.

Die Pleite der Veneto-Banken ist nicht der einzige Fall, der die Glaubwürdigkeit der Bankenunion untergräbt. Bei der Monte dei Paschi di Siena, der viertgrößten italienischen Bank, nutzte die Regierung in Rom ein weiteres Schlupfloch: Sie verpasste ihr vorbeugende Finanzspritzen - auch dabei dürfen Gläubiger und Sparer geschont werden. Der nächste Testfall, wie ernst es die EU mit ihren neuen Regeln für die Bankenrettung meint, dürfte also schon bald kommen.

Quelle: ntv.de

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