Auto

Pneus, die alles wissen Wenn Reifen plaudern

Continental verbaut in seinen Reifen unterdessen Sensoren, die die Profiltiefe ermitteln können.

Continental verbaut in seinen Reifen unterdessen Sensoren, die die Profiltiefe ermitteln können.

(Foto: Continental)

Wer glaubt, dass nur Google und Co. fleißig Daten sammeln, der irrt. Unterdessen arbeiten Reifenhersteller mit Nachdruck daran, dass auch ihre Pneus wichtige Informationen übermitteln. Das hat einige Vorteile, kratzt aber auch ganz klar an den Datenschutzrechten hierzulande.

Der Fahrer merkt von den kleinen Detektiven im Reifen natürlich nichts.

Der Fahrer merkt von den kleinen Detektiven im Reifen natürlich nichts.

(Foto: Continental)

Reifen sind nicht nur rund und schwarz. Sie stellen den Kontakt zwischen Fahrzeug und Fahrbahn her, sie sind also ein wichtiger Sicherheitsfaktor. Reifen können aber noch mehr als für Grip, kurze Bremswege oder ein dynamisches Fahrerlebnis sorgen. Sie sammeln für die Kommunikation von Car-2-Car und Car-2-Infrastruktur (Car2X) mittels Sensoren Daten und übermitteln sie an die Verkehrszentrale. Reifen leisten so einen wichtigen Beitrag für eine vernetzte Mobilitätswelt, die etwa für ein zukünftiges autonomes Fahren notwendig ist.

Sensoren kommen schon heute in Pkw-Reifen zum Einsatz. Bei einem direkt messenden Reifenluftdruckkontrollsystem überprüfen sie in jedem Rad Reifendruck und Temperatur. Der Radsensor sendet die Daten sowie eine Identifikationskennung an ein Steuergerät. Ein Druckverlust kann so für jedes einzelne Rad angezeigt werden. Die Sensoren können aber noch mehr. Der neue Porsche 911 Turbo S verfügt zum Beispiel über ein Sensoriksystem, das sehr genaue Informationen darüber gibt, ob die Reifen für bestimmte Fahrmanöver bereits warm genug sind.

Im Motorsport schon gang und gäbe

Im Motorsport machen sich die Daten, die die Sensoren in den Reifen liefern schon seit Langem bezahlt.

Im Motorsport machen sich die Daten, die die Sensoren in den Reifen liefern schon seit Langem bezahlt.

(Foto: Michelin)

Ein Thema, das im Motorsport schon lange etabliert ist. So ermöglicht Reifenhersteller Michelin seit zwei Jahren mit der App "Track Connect" in Kombination mit dem UHP-Reifen Pilot Sport Cup 2, rennsportbegeisterten Fahrern ihr Fahrprofil zu analysieren und den Luftdruck auf die Bedingungen der Rennstrecke anzupassen.

Auch hier sind es im Reifen integrierte Sensoren, die Daten wie Temperatur- und Luftdruck sammeln. Diese werden mit im Vorfeld eingegebenen Werten zu Rennstrecke, Straßen- und Witterungsverhältnissen kontinuierlich abgeglichen und signalisieren dem Fahrer bei Bedarf die Anpassung des Luftdrucks, um seine Performance zu steigern. Darüber hinaus kann der Fahrer weitere Informationen zum Fahrzeug abrufen, zum Beispiel zum Über- oder Untersteuerungsverhalten je nach Reifendruck an den Vorder- oder Hinterrädern.

Steht bei der Rennsport-App mehr der Fahrspaß im Vordergrund, dienen die Sensoren und ihre Daten in der Logistik- und Transportbranche dazu, die Kosten zu senken und Reifen-bedingte Ausfälle und damit einen Stillstand der Fahrzeuge vorzubeugen.

Vorteile für Lkw- und Busflotten

Auch Lkw-Reifen sollen in Zukunft Daten für die Logistik liefern.

Auch Lkw-Reifen sollen in Zukunft Daten für die Logistik liefern.

(Foto: Michelin)

Für die Lkw- und Busflotten ist die datenbasierte Auswertung der Reifen kurz vor der Standardisierung. In Echtzeit werden hier Luftdruck, Temperatur, Reifenprofil, Reifenzustand überprüft. Fahrzeug- und Reifenhersteller wie Goodyear oder Michelin sowie Dienstleister bieten Softwarelösungen, um diese relevanten Reifendaten Fuhrparkleitern zu übermitteln.

Und so erhält im Ernstfall nicht nur der Fahrer Informationen über einen kritischen Zustand seiner Reifen, sondern auch die Fuhrparkleiter. Mögliche Schäden durch falschen Reifendruck lassen sich früher erkennen, abgenutzte oder beschädigte Reifen können gewechselt werden, bevor sie auf der Strecke platzen. Auch der Spritverbrauch kann mit korrekt befüllten Pneus gesenkt werden.

Auch Pkw-Reifen können berichten

Natürlich sollen auch Pkw-Reifen als Kommunikationstalente genutzt werden. Reifenüberwachung mittels Sensoren und cloudbasierten Algorithmen ermöglicht auch hier die Analyse von Laufflächenabnutzung, Temperaturschwankungen und einem zu hohen oder niedrigen Reifendruck. Natürlich kann auch der Fahrstil des Piloten und dessen Einfluss auf den Reifenverschleiß auf diesem Weg analysiert werden.

Was die Sensoren alles übermittel können, ist erstaunlich.

Was die Sensoren alles übermittel können, ist erstaunlich.

(Foto: Michelin)

Auch für Carsharing-Anbieter hat ein solches System Vorteile. Sie können ein Fahrzeug rechtzeitig zur Tankstelle zum Luftnachfüllen beordern oder einen Ersatzreifen besorgen, der beim nächsten Stopp montiert wird.

Bei Privatkunden werden die Informationen zum Beispiel via App auf das Smartphone übermittelt und der dort hinterlegte Reifenhändler benachrichtigt, wenn ein Reifentausch notwendig sein sollte. Dieser kann mit dem Fahrzeugbesitzer gleich digital einen Termin zum Reifenwechsel vereinbaren.

Der RFID-Chip

Eine weitere Option, Daten zu generieren, sind sogenannte RFID-Chips. RFID steht für Radio Frequency Identification, also Funkerkennung. Ein solcher Chip wiegt weniger als ein Gramm und benötigt keine Batterie. Michelin beispielsweise plant, bis 2023 jeden Reifen mit einem solchen Chip zu versehen. RFID ermöglicht die Identifizierung von Reifen durch das Fahrzeug. So erkennt der Bordcomputer des Autos, ob Winter- oder Sommerreifen montiert sind, und kann die Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeuges den Vorgaben anpassen. Auch ABS, ESP und andere Sicherheitssysteme können auf den Pneus angepasst werden.

Der Reifendruck lässt sich kinderleicht überprüfen.

Der Reifendruck lässt sich kinderleicht überprüfen.

(Foto: Continental)

Monteure, Reifenhändler und Großhändler können zum Beispiel mit Reifen, die über einen RFID-Chip verfügen, ihre logistischen Abläufe verbessern. Empfang, Auftragsvalidierung, Lagerverwaltung oder auch eine Kunden-Zuordnung lassen sich so leichter und genauer organisieren. Der Reifenhersteller kann mittels RFID das ganze Leben des Reifens verfolgen. Er dient von der Identifizierung der Reifen während seiner Herstellung bis zur Dokumentation des Recyclings.

Einschränkend muss natürlich angemerkt werden, dass hier eine Vielzahl von Daten übertragen werden können, die in die Persönlichkeitsrechte des Fahrers hineinreichen. Insofern muss, selbst wenn diese Systeme final in Reifen und Fahrzeug verbaut werden, die Zustimmung des Besitzers oder des Fahrers eingeholt werden, ob die gesammelten Daten, wohin auch immer, übertragen werden dürfen.

Quelle: ntv.de, hpr/sp-x

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen