"Wunsch der Länder umgesetzt" Ampel einigt sich auf Gesetz zu Bezahlkarte für Flüchtlinge
05.04.2024, 16:35 Uhr
Die Bezahlkarte soll nach Plänen der Ampel für die Länder nicht verpflichtend sein, sondern als Option bestehen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Lange ringt die Ampelkoalition um eine bundesweite Einführung der Bezahlkarte für Flüchtlinge. Vor allem die Grünen äußern Bedenken. Nun gibt es eine Einigung.
Die Ampel-Koalition hat sich auf eine gemeinsame Gesetzesgrundlage für eine Bezahlkarte für Flüchtlinge geeinigt. Damit werde "der Wunsch der Länder umgesetzt", teilten die Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und FDP in einer gemeinsamen Erklärung mit. Das Gesetz solle in der kommenden Woche in den Bundestag eingebracht werden, sagte eine Sprecherin der FDP-Fraktion. Zuvor hatten die Grünen Bedenken bei Detailfragen des Projekts angemeldet.
"Wir stehen zu unserem Wort", erklärte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt. "Bezahlkarten waren bisher auch schon möglich, aber wir haben nun noch einen gemeinsamen, rechtssicheren Rahmen geschaffen. Dieser sichert, dass alle notwendigen Bedarfe vor Ort frei gedeckt werden können - mit Karte oder als Geldleistung."
Der stellvertretende Grünen-Fraktionschef, Andreas Audretsch, betonte: "Das Taschengeld für den Schulausflug, das Busticket, um zum Ausbildungsplatz zu kommen, der Strom- oder Internetanschluss - all das muss bei der Einführung von Bezahlkarten vor Ort garantiert werden." Das Existenzminimum und die Teilhabe von Menschen seien gesetzlich klar verankert. FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler erklärte, dass die von der Ministerpräsidentenkonferenz und vom Bundeskabinett beschlossenen Vereinbarungen "ohne inhaltliche Änderungen" umgesetzt würden.
Grüne äußerten Bedenken
Das Kabinett hatte am 1. März für den Gesetzesvorschlag von Sozialminister Hubertus Heil gestimmt, um damit die geplante Bezahlkarte für Asylbewerber mit einem Bundesgesetz abzusichern. Damit kam die Bundesregierung einem Wunsch der Länder nach. Wann der Gesetzentwurf im Bundestag verabschiedet werden kann, blieb jedoch lange unklar - auch weil die Grünen zunächst noch einige praktische Fragen geklärt wissen wollten. Mit dem nun erzielten Kompromiss zeigten sie sich zufrieden.
Geplant ist, dass die Bezahlkarte explizit als eine Option ins Asylbewerberleistungsgesetz aufgenommen wird - neben den bereits bestehenden Möglichkeiten von Geld- oder Sachleistungen. Die Bundesländer können dann entscheiden, ob sie die Karte einführen und wie sie die Nutzung konkret ausgestalten. Überweisungen ins Ausland sollen nicht möglich sein, betonte SPD-Fraktionsvize Schmidt.
In der Formulierungshilfe heißt es zudem, die Bezahlkarte stelle ein taugliches Mittel dar, um beispielsweise Geldzahlungen an Schleuser zu unterbinden. Außerdem wird darin festgehalten, dass die Leistungsbehörden selbst entscheiden können, wieviel Bargeld die Karteninhaber innerhalb eines bestimmten Zeitraums abheben können. Damit werde "den individuellen Bedürfnissen und Umständen vor Ort" Rechnung getragen. "Die Regelung ermöglicht den Leistungsbehörden auch im Rahmen der Ermessensausübung Umstände zu berücksichtigen, aufgrund derer der Einsatz einer Bezahlkarte im Einzelfall nicht zweckmäßig erscheint", heißt es im Entwurf weiter.
Pro Asyl kritisiert Bezahlkarte
Kritik an der Bezahlkarte kam vom Deutschen Anwaltverein, der vor einer "Vielzahl von Praxisproblemen" sowie einem erheblichen Mehraufwand für Verwaltung und Justiz warnte. Auch die NGO Pro Asyl kritisierte die Pläne zur Einführung der Bezahlkarte. Damit habe in er Flüchtlingspolitik "einmal mehr der Populismus über sachliche Argumente gesiegt", erklärte die Organisation. "In der Praxis werden so vielerorts geflüchtete Menschen noch stärker ausgegrenzt und selbst in kleinsten Alltagsentscheidungen eingeschränkt werden." Von der Flucht vor Verfolgung oder Krieg würden sich Migranten "aber auch von der Bezahlkarte nicht abhalten lassen".
Nur teilweise zufrieden zeigte sich der Deutsche Städtetag. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sagte, es sei zwar gut, dass es nun eine Einigung gebe. Es fehle aber weiterhin "eine klare Regelung vom Bund, ob und welche Obergrenze für Bargeldauszahlungen gelten soll". Dies müssten jetzt die Bundesländer festlegen, am besten möglichst einheitlich.
Dass ihre Pläne vom Bundesverfassungsgericht kassiert werden, fürchten die Koalitionäre nicht. In der Begründung des Entwurfs heißt es, die Rechtsprechung zum Umfang existenznotwendiger Leistungen für Menschen mit nur vorübergehendem Aufenthaltsrecht stehe dem nicht entgegen, da diese nicht die Form der Leistungsgewährung festlege.
Quelle: ntv.de, mdi/AFP/dpa