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Kein Grund zum Verzicht BMW F 900 XR - ist die Kleine wie die Große?

Der Fahrspaß mit der F 900 XR ist beachtlich.

Der Fahrspaß mit der F 900 XR ist beachtlich.

(Foto: Ulf Böhringer)

BMW hat das erfolgreiche Konzept der S 1000 XR auf die neue F 900 XR übertragen. Aber kann die kleine Schwester mit ihrem Zweizylinder die großen Fußstapfen der hochmotorisierten, sportlich-komfortablen 1000er ausfüllen?

Es sieht ganz so aus, als habe BMW bei der F 900 XR alles richtig gemacht: Die Kombination aus einem drehfreudigen und drehmomentstarken Motor, einem agilen Fahrwerk und einer gelungenen Sitzposition bringt ein ausgesprochen hohes Fahrvergnügen mit sich - und zwar nicht nur bei routinierten Piloten, sondern auch bei solchen Fahrern, deren Karriere-Höhepunkt noch nicht in Sicht ist. Das etwas hochbeinig konzipierte, tourengeeignete Spaßgerät nimmt das seit fünf Jahren erfolgreiche Konzept der weitaus kräftiger motorisierten BMW S 1000 XR zum Vorbild, ohne aber deren Grund-Aggressivität zu kopieren. Eine weise Entscheidung der Münchner, denn nicht jeder Motorradfahrer neigt zum Ausreizen des technisch Machbaren und will sich am Ende mit 165 Pferdestärken auseinandersetzen.

Fast wie die große Schwester

Entwickelt wurde der neue Zweizylinder-Paralleltwin für die F 900 XR aus dem Motor der F 850 GS.

Entwickelt wurde der neue Zweizylinder-Paralleltwin für die F 900 XR aus dem Motor der F 850 GS.

(Foto: Ulf Böhringer)

Auch wenn das Triebwerk der F 900 XR zwei Zylinder und rund 100 Kubikzentimeter sowie 60 PS weniger Leistung aufweist als das der großen Schwester S 1000 XR - der Fahrspaß ist, wenn überhaupt, nur geringfügig kleiner. Denn die gebotenen 105 PS reichen mehr als aus für flottes Vorwärtskommen in jeder Situation, sei es beispielsweise auch mit Sozius oder auf steilen Gebirgsstraßen. Entwickelt wurde der neue Zweizylinder-Paralleltwin aus dem Motor der F 850 GS, wobei ihm die rund 50 Kubikzentimeter Hubraumzugabe nicht nur wegen der zehn PS Mehrleistung guttun, sondern primär wegen des saftigeren Drehmoments.

Einerseits dreht der Twin freudig in Richtung der 9000 Touren, andererseits kann man schon zwischen 2000 und 6000 Umdrehungen großen Fahrspaß genießen. Solcherart souverän bewegt, bescheidet sich das Triebwerk mit kaum über vier Litern pro 100 Kilometer. Zwar lag der Testmittelwert von 4,5 Litern knapp über dem Normwert von 4,2 Litern, doch wurde die XR auf langen Strecken sowie auf Bergetappen auch stark gefordert. Die Praxisreichweite liegt nicht zuletzt wegen der sehr verlässlichen Reichweitenangabe des Bordcomputers bei etwa 300 Kilometern ohne Nachtanken.

Die gebotenen 105 PS der F 900 XR reichen mehr als aus.

Die gebotenen 105 PS der F 900 XR reichen mehr als aus.

(Foto: Ulf Böhringer)

Überzeugen kann die BMW F 900 XR zudem im neuerdings so wichtigen Punkt der Geräuschdämpfung: Ihr Sound gefällt, ohne dass er aufdringlich wäre. Ihr Standgeräusch ist genauso harmlos wie ihr Fahrgeräusch; wer mit ihr unterwegs ist und nicht sinnlos in den niederen Gängen verharrt, fährt weitgehend unauffällig. Dabei klingt der Twin dank der gewählten Zündabstände so, als handle es sich um einen V2-Motor - ein gewitzter Trick der aber nicht nur den bayerischen Motorenentwicklern bekannt ist, sondern auch in japanischen Motorradschmieden seine Liebhaber hat.

Beindruckendes Fahrwerk

Beeindruckend kann sich auch das Fahrwerk in Szene setzen. Der Rahmen ist als Stahlbrücken-Konstruktion in Schalenbauweise ausgelegt, was nichts anderes heißt, als dass der Motor ein tragendes Element ist. Das Testfahrzeug überzeugt bei knapp 220 Kilogramm Leergewicht nicht nur mit sehr guter Handlichkeit in Kurven, sondern dank des aufpreispflichtigen Dynamic ESA-Systems hinten auch mit sämigem Fahrkomfort des elektronischen Federbeins.

Ein überaus nützliches Tourenzubehör stellt der ausgeklügelte Tankrucksack für die F 900 XR dar.

Ein überaus nützliches Tourenzubehör stellt der ausgeklügelte Tankrucksack für die F 900 XR dar.

(Foto: Ulf Böhringer)

Auffällig ist, dass selbst weniger versierte Fahrer schon nach kurzer Fahrt ein hohes Wohlfühl-Level und damit viel Selbstbewusstsein verspüren und entsprechend unverkrampft unterwegs sind. Dazu tragen die gute Ergonomie und die hohe Agilität der XR entscheidend bei. Sitz, Lenker, Fußrasten, Spiegel, der zweifach einstellbare Windschild - all das greift fast perfekt ineinander; lediglich für den kurzen Windschild gilt die Einschränkung, dass bei Geschwindigkeiten jenseits 160 km/h spürbare Turbulenzen am Helm des Fahrers auftreten. Die Fahrstabilität ist bis zum Höchsttempo von 210 km/h aber einwandfrei. Die Schräglagenfreiheit ist üppig, die Kurvenstabilität sehr gut.

Auf demselben hohen Niveau arbeitet die Dreischeiben-Bremsanlage. Die im Testfahrzeug verwendete optionale Ausstattung "Fahrmodi Pro" bietet mit zwei zusätzlichen Fahrmodi sowie der dynamischen Traktionskontrolle, dem kurvenoptimierten ABS Pro sowie Dynamic Brake Control alle Finessen der Motorrad-Oberklasse. Zeitgemäß tritt die XR auch in puncto Lichttechnologie an: LED rundum ist Serie, adaptives Kurvenlicht optional erhältlich. Es erleichtert Nachtfahrten auf kurvenreichen Straßen durch die verbesserte Ausleuchtung der Fahrbahn spürbar.

Gelungene Ergonomie

Das TFT der F 900 R erweist sich als unerschöpflicher Quell für Informationen.

Das TFT der F 900 R erweist sich als unerschöpflicher Quell für Informationen.

(Foto: Ulf Böhringer)

Die Ergonomie der F 900 XR darf man als sehr gelungen bezeichnen; diesbezüglich haben BMW-Modelle ohnehin eine Vorzeigefunktion. Das Motorrad bietet groß gewachsenen Männern genügend Raum zum entspannten Sitzen und ist dennoch auch für Fahrer ohne Gardemaß gut geeignet; insgesamt vier Sitzbänke sowie ein Tieferlegungskit ermöglichen Sitzhöhen zwischen 77,5 und 87 Zentimeter. Die Bedienung mittels Schaltern und Hebeln erfolgt BMW-typisch und stellt Kenner der Marke nicht vor Probleme; die Integration des Navi mittels des Drehrads links am Lenker ist vorbildlich gelöst. Nicht überzeugen konnte der etwas kurz geratene Seitenständer. Das Aufbocken auf den Hauptständer funktioniert dagegen erfreulich leicht.

Selbstverständlich hat die neue F 900 XR auch das aktuelle Farb-TFT als zentrale Informationsquelle im Cockpit. Die Anzeige ist übersichtlich, das Fahrtempo ist jederzeit leicht ablesbar. Dazu können ganz nach Gusto fast alle gewünschten zusätzlichen Informationen präsentiert oder auch nicht gezeigt werden. Selbst eine Anzeige der gefahrenen Schräglage ist möglich. Da versteht es sich fast von selbst, dass auch die üblichen Konnektivitätsmöglichkeiten vorhanden sind.

Die Seitenkoffer, die für die F 900 XR angeboten werden, sind für Reisefreunde ein echter Gewinn.

Die Seitenkoffer, die für die F 900 XR angeboten werden, sind für Reisefreunde ein echter Gewinn.

(Foto: Ulf Böhringer)

Sehr gut gefallen können die leicht bedienbaren Seitenkoffer; Anhängen und Abnehmen der Koffer funktionieren genauso kinderleicht wie Öffnen/Schließen. Erwähnenswert ist, dass die Schlösser nicht zwingend verriegelt werden müssen; der Deckel ist auch "ohne" stets sicher fixiert. Ein überaus nützliches Tourenzubehör stellt der ausgeklügelte Tankrucksack dar; er ist wasserdicht, sein Volumen vergrößerbar, zudem ist er leicht zu fixieren und dient bei Bedarf auch als Rucksack.

Markentypisch gibt es nicht nur vier Pakete als Sonderausstattung, sondern noch einige individuelle Ausstattungspositionen. Wer "einmal voll" ordert, steigert den Basispreis von 11.400 Euro schnell auf knapp 14.000 Euro, hat aber dann noch keinen Schaltassistenten - der arbeitet übrigens etwas hart - und weder Navi noch Koffer.

Quelle: ntv.de, Ulf Böringer, sp-x

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