Taugt er als Dienstwagen? Erste Fahrt im BMW i5 Touring - jetzt auch vollelektrisch


Irre lang: Der Fünfer misst jetzt 5,06 Meter in der Länge und wildert damit in Oberklasse-Regionen. BMW muss aufpassen, dass mancher Kunde nicht von der Stange springt. Schließlich will man ja irgendwann auch parken.
(Foto: Hersteller/BMW)
Nach der Limousine schiebt BMW die Fünfer-Kombivariante namens Touring rasch hinterher. ntv.de war mit dem großen Lademeister bereits unterwegs. Allerdings vorerst ausschließlich elektrisch.
Wenn die Elektromobilität in Deutschland Fahrt aufnehmen soll, müssen entsprechende Kombis her. Und zwar möglichst viele davon. Denn der Kombi ist neben dem SUV immer noch unglaublich beliebt. Weil er beispielsweise viel Gepäck schluckt, aber im Gegensatz zum SUV überhaupt keine schlechtere Umweltbilanz erklären und rechtfertigen muss. Schließlich ist er auch nicht höher als Limousinen und damit in der Regel niedriger als Soft-Geländewagen (Stichwort Luftwiderstand).
Und BMW ist mit dem elektrisch angetriebenen Kombi zuerst am Drücker - in Form der analog zur Limousine deutlich angewachsenen Fünfer-Reihe. Okay, mal abgesehen vom bereits seit rund zwei Jahren angebotenen MG5 aus China, der hierzulande aber bloß eine untergeordnete Rolle spielt. Wem jetzt schon der Angstschweiß auf der Stirn steht, weil er um seine bewährten Verbrenner-Antriebe fürchtet beim praktischen BMW, sei beruhigt. Es gibt sowohl Diesel als auch Benzinhybride. Aber die hat der Hersteller gar nicht erst zu den ersten Probefahrten mitgebracht, woraus durchaus ein Hinweis für die Relevanz abzuleiten ist.

Das große Display darf auch im Fünfer-Kombi nicht fehlen. Auffällig und gut zugänglich: zwei große Ladeschalen für Smartphones.
(Foto: Hersteller/BMW)
Es scheint also wichtig für den Konzern zu sein, möglichst viele Fahrzeuge mit batterieelektrischen Antrieben auszuliefern. Stichwort CO2-Grenzwertgesetzgebung und damit zusammenhängende Strafzahlungen, man erinnert sich. Wer partout jedoch nicht rein elektrisch unterwegs sein möchte, dem wird BMW auch in Zukunft Verbrenner anbieten, das hatte auch der BMW-Technikvorstand, Frank Weber, jüngst bekräftigt.
Motorleistung als Motivation zum Umstieg auf den Stromer
Doch wie überzeugt man die Kunden eines 5er-BMW davon, auf den Verbrenner zu verzichten? Der Konzern versucht es mit dem sogenannten M60 - 601 PS sollen es schon richten, scheinen die Münchener zu denken. Aber bevor es in den teuren Boliden geht, greife ich mir einen eDrive40. Der ist mit 72.200 Euro Basispreis immer noch verrückt teuer und mit 340 PS Leistung auch immer noch hinreichend stark (der Diesel steigt mit 197 PS ein). Außerdem freue ich mich auf den Hinterradantrieb. In diesen Leistungssphären verfügen Stromer nämlich meist über Allrad.
Also, los geht es. Und neben Spur- wie Tempowarnung schalte ich gleich auch die "BMW Iconic Sounds" aus. Künstliche Motorgeräusche halte ich für fehl am Platz, wenngleich man das natürlich anders sehen kann. Zum sportiven Business-BMW passt aber auch die ruhige Art, denn er soll ja auch komfortabel sein auf langen Strecken. Ist er auch, Haken dran. Und der Punch? Reicht sowas von, zumal bei ordentlich Gaseinsatz und Lenkwinken sogar Bewegung ins Heck kommt. Früh einsetzende 430 Newtonmeter an Drehmoment bewegen eben etwas.
Unter dem Strich ist der eDrive40 aber ein feiner Tourer mit ausgewogenem Fahrwerk. Der Komfort überwiegt gegenüber der sportiven Gepflogenheit, was keineswegs heißt, dass sich ein Ausflug in kurvenreiche ländliche Gebiete nicht lohnen würde. Die Servolenkung meldet sorgfältig zurück und führt den Bayern präzise. Man merkt ihm außerdem sein Gewicht von rund 2,3 Tonnen nicht an.
Muss es unbedingt der Bolide M60 sein?
Klar wächst die Neugierde, wie der M60 fährt. Also wird umgestiegen. Und der Doppelmotorer startet schon eher katapultartig, zumal es dank Allradantriebs keinerlei Traktionsprobleme gibt. Wer unabhängig vom Fahrmodus sichergehen möchte, auch wirklich die volle Leistung abzurufen, ziehe kurz am Lenkradpaddle. Dann schaltet die Leistungselektronik in einen zehnsekündigen Boost-Modus. Und während die Stoppuhr im Kombiinstrument läuft, darf man per Fahrpedal bis zu 820 Newtonmeter und eben 601 PS abrufen.

Die Beinfreiheit könnte bei einem Auto mit knapp drei Metern Radstand einen Zacken großzügiger ausfallen. Eng ist der Fünfer allerdings nicht.
(Foto: Hersteller/BMW)
Die Konsequenzen sind klar im Datenblatt formuliert. Bloß 3,9 Sekunden genügen für das Erreichen von Landstraßentempo. Doch auch darüber legt der Stromer noch kräftig zu, bis 230 km/h Topspeed erreicht wären. Doch auch die Zahlen des eDrive40 können sich sehen lassen: 6,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h sind ein Wort, allerdings bremst der Kombi schon bei 193 km/h ein. Äußerlich kann der M60-Fahrer (der übrigens nicht unter 101.500 Euro wegkommt) seine Modellwahl nicht recht verbergen. Der mächtigere Frontspoiler ist hier ebenso gesetzt wie der markante Heckdiffusor des sogenannten M-Sportpakets.
Die spannende Frage ist, ob i5-Fahrer ihren Diesel vermissen werden. Aus rein fahrerischer Sicht ganz bestimmt nicht. Denn mal ehrlich, wer würde schon dem nicht sonderlich attraktiv klingenden Diesel-Klang nachtrauern. Bei so einem fein säuselnden Sechszylinder-Benziner hingegen fällt der Umstieg schon schwerer. Eher schmerzen dürfte allerdings die Umstellung bei der Energiezufuhr. Denn mal eben binnen fünf Minuten den Tank vollziehen, klappt hier nicht. Und wer wollte bestreiten, dass der mit 5,06 Metern Länge (und fast drei Metern Radstand) in Übergröße daherrollende Kombi nicht als Langstreckenfahrzeug im Dienstwageneinsatz bestehen müsste? Dafür ist der obere Mittelklässler nämlich wie gemacht. Er ist geräumig und betont leise. Außerdem verwöhnt er mit unglaublich anschmiegsamen Hightech-Sesseln, die man am liebsten gar nicht mehr verlassen würde.
Laden dauert länger als tanken
Genau das dürfte beim Stromer beim Durchqueren der Republik aber immer mal wieder der Fall sein. Denn 30 Minuten dauert es schon, um den Akku von 10 auf 80 Prozent zu laden (205 kW Peakladeleistung). Schneller könnte es künftig mit der Neuen Klasse gehen, die über ein 800-Volt-Bordnetz verfügt. Doch das dauert eben noch eine Weile. Immerhin besteht die Möglichkeit, während der Wartezeit an der Ladestation Videos zu streamen auf dem großen "Curved Display". Gaming geht wahlweise auch. Schwacher Trost? Da müssen Sie aber durch.

Gepäck im Äquivalent von bis zu 1700 Litern schluckt der Kofferraum des großen BMW-Kombi. Das ist zwar ordentlich, aber der Wettbewerb aus Schwaben kann mehr.
(Foto: Hersteller/BMW)
Dienstwagenfahrer wird der Umstieg immerhin finanziell versüßt. Die Grundlage für die pauschale steuerliche Abgeltung privater Fahrten bildet hier der halbierte Bruttolistenpreis. Immerhin verspricht BMW, mit einem vollgeladenen i5 bis zu 560 Kilometer weit zu kommen gemäß WLTP. Erfahrungsgemäß liegt die reale Reichweite jedoch oft darunter - schwankend mit Außentemperatur (trotz Wärmepumpe) sowie Fahrstil. Und immer bedenken: Unterwegs lädt man den Akku ja in der Regel bloß auf 80 Prozent, weil die letzten 20 Prozent Ladung einfach zu viel Zeit in Anspruch nehmen würden. Ob sich der i5 Touring mit 16,5 bis 20,8 kWh Strom je 100 Kilometer wirklich begnügt, wird demnächst zu testen sein.
Zum Schluss noch eine traurige Nachricht für die Fans der separat zu öffnenden Heckscheibe - bei BMW ja Tradition. Dies wurde nun abgeschafft. Alles muss man nicht verstehen, aber unpraktisch ist der große Kombi dennoch nicht mit 1700 Litern Kofferraumvolumen, wenngleich der Wettbewerb aus Stuttgart trotz kleinerer Außenabmessungen mehr Inhalt kann. Und falls der Fünfer einmal schwer schleppen muss: Die luftgefederte Hinterachse (und damit auch Niveauregulierung) ist serienmäßig. Für den Kombi ebenso wie für die Limousine zu haben ist, ein jetzt deutlich im Umfang erweitertes Arsenal von Assistenten mit automatischem Überholen per Blick. Doch davon beim nächsten Mal mehr. Der Konfigurator für den neuen BMW i5 Touring ist bereits geöffnet.
Quelle: ntv.de