S.O.S. von DIHK und Handwerk "Unvorstellbare Pleitewelle" befürchtet
22.03.2020, 17:07 Uhr
Vielen Firmen, auch im Handwerk, droht die Pleite während oder nach der Coronakrise.
(Foto: David Ebener/dpa/Archivbild)
Das, was sich gerade im Land abspielt, erschien bis vor Kurzem noch unvorstellbar. Ebenso unvorstellbar ist die Belastung vor allem für kleinere Betriebe. Aus Industrie, Handel und Handwerk kommen nun dramatische Hilferufe. Die Branchenverbände fordern mehr Hilfen des Staates.
Aus Industrie, Handel und Handwerk mehren sich die Rufe nach noch größeren staatlichen Hilfen. So warnte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag vor einer Pleitewelle "unvorstellbaren Ausmaßes". Auch viele Handwerker bekämen trotz des bisherigen Booms Probleme, hieß es vom Branchenverband ZDH. Der DIHK forderte die Bundesregierung auf, "alle Hilfen jetzt mit einer Staatsgarantie von 100 Prozent" abzusichern, wie dessen Chef, Eric Schweitzer, sagte. Dann könnten die Banken vor Ort das Geld sofort und zinsgünstig weiterreichen. "Der Staat ist ja in der Krise weiterhin kreditwürdig, alle privaten Akteure sind es nicht."
Die EU-Kommission hat eine staatliche Haftung für Kredite bis 90 Prozent genehmigt. Der DIHK kritisiert aber, dass die Banken Kredite nur schnell an Unternehmen vergeben könnten, wenn der staatliche Haftungsanteil bei 100 Prozent liege. Auch bei einem eigenen Haftungsanteil von zehn Prozent seien sie gezwungen, erst eine Prüfung der Bonität vorzunehmen. Dies koste Zeit, die derzeit niemand habe. Die Bundesregierung hatte die Haftungsgrenze bereits von 80 auf 90 Prozent hochgesetzt und dafür am Sonntag die Zustimmung aus Brüssel bekommen.
Auch etliche Ministerpräsidenten der Länder wollen nun Druck auf eine völlig Übernahme der Haftung durch den Bund machen. Viele Firmen befänden sich in einer prekären Lage wegen des Herunterfahrens des Wirtschaftslebens in Folge des Coronavirus, hieß es in Koalitionskreisen. Andere EU-Staaten seien in einer ähnlichen Lage, so dass man auf eine Zustimmung der EU-Kommission hoffe. Diese prüft, ob solche staatlichen Hilfe mit dem EU-Beihilferecht übereinstimmen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.
Handwerk brechen die Aufträge weg
Auch in der bisherigen Boom-Branche Handwerk geraten wegen der Corona-Krise viele Betriebe in große Schwierigkeiten. Der Generalsekretär des Zentralverbandes des deutschen Handwerks (ZDH), Holger Schwannecke, sagte: "Die noch zuletzt prall gefüllten Auftragsbücher leeren sich in einem Tempo und Umfang, dass es für viele Betriebe, die noch vor wenigen Wochen sehr gut dastanden, jetzt bereits ans Eingemachte geht: Die Umsätze brechen ein, die Kunden bleiben weg und Aufträge werden in einem bislang noch nie da gewesenen Ausmaß storniert." Aufträge könnten außerdem nicht erfüllt werden, weil Lieferketten zusammenbrächen. Das Handwerk hatte in den vergangenen Jahren deutliche Umsatzsteigerungen erzielt, viele Betriebe arbeiteten am Rande der Kapazitäten.
Die Folgen der Coronakrise gingen nun aber stark an die Substanz der Betriebe, von denen viele nur Rücklagen für rund vier Wochen hätten, sagte Schwannecke,. "Danach droht ihnen, wenn die Einnahmen weiter ausbleiben und die Kosten weiterlaufen, die Pleite." Bei vielen Handwerksbetrieben sei inzwischen die Fortführung und Zukunft ihres Betriebes real gefährdet. "Deshalb ist es so wichtig, dass Handwerksbetriebe rasch und unbürokratisch Liquiditätshilfen erhalten, damit sie zahlungsfähig bleiben. Und es ist wichtig, ihnen Instrumente wie etwa das Kurzarbeitergeld an die Hand zu geben, damit sie ihre Beschäftigten halten können."
Handwerker müssten schließlich in den kommenden Wochen maßgeblich dazu beitragen, die Grundversorgung aufrecht zu erhalten, sagte Schwannecke. "Nach wie vor versorgen Bäcker, Metzger und Konditoren die Bevölkerung mit frischen Produkten, sind Sanitär-, Heizungs- und Klimahandwerk sowie Elektriker weiter tätig, kümmern sich Textil- und Gebäudereiniger um die jetzt erst recht notwendige Hygiene. Umso entscheidender ist es, dass die Betriebe auch weitermachen können."
Quelle: ntv.de, vpe/rts/dpa