Vor allem NRW im FokusÄrzte-Chef warnt vor Aktionismus

Nordrhein-Westfalen will bei der Neugestaltung seines Epidemiegesetzes weitreichende Durchgriffsmöglichkeiten festschreiben - bis hin zu Zwangsverpflichtungen. Der Ärztebund warnt davor, Mediziner und Fachpersonal zu Rekruten zu degradieren. Wichtig sei vielmehr Vertrauen.
Der Ärzteverband Hartmannbund warnt vor unverhältnismäßigen Maßnahmen bei der Bekämpfung der Coronavirus-Ausbreitung. "Wir dürfen bei allem Respekt vor erkennbarem Handlungsbedarf jetzt nicht jedes Maß verlieren", erklärte Verbandschef Klaus Reinhardt, der auch Präsident der Bundesärztekammer ist, in Berlin. Er warnte davor, "in einen Überbietungswettbewerb an Einschränkungen und Eingriffsmöglichkeiten" einzusteigen.
Man sollte Ärzte "nicht vor den Kopf stoßen oder sie im Zweifelsfall zu 'Rekruten' machen, sondern ihnen das verdiente Vertrauen aussprechen", appellierte Reinhardt. "Bisher sehe ich jedenfalls keinen Grund, dieses Vertrauen in Zweifel zu ziehen, und insofern auch keinen Anlass zu überzogenem Aktionismus."
Als Beispiel nannte Reinhardt das in Nordrhein-Westfalen von der schwarz-gelben Landesregierung geplante weitreichende Epidemiegesetz. Die geplanten Eingriffe würden nicht nur verfassungsmäßige Fragen aufwerfen. "Sondern sie sind vor allem auch Ausdruck eines völlig unbegründeten Misstrauens gegenüber maßgeblichen Akteuren der Versorgung."
Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass das zuständige Ministerium die Schaffung zusätzlicher Behandlungskapazitäten in Krankenhäusern anordnen kann. Auch sollen die zuständigen Behörden unter bestimmten Voraussetzungen medizinisches, pflegerisches oder sanitäres Material für die Patientenversorgung beschlagnahmen können.
Darüber hinaus sollen die Behörden laut Gesetzentwurf von Menschen, "die zur Ausübung der Heilkunde befugt sind oder über eine abgeschlossene Ausbildung in der Pflege, im Rettungsdienst oder in einem anderen Gesundheitsberuf verfügen, die Erbringung von Dienst-, Sach- und Werkleistungen verlangen" können.