Panorama

Brückeneinsturz an der A7 "Alle Fachleute hier sind sprachlos"

An der Unfallstelle stehen Experten vor einem Rätsel. Wie konnte die tonnenschwere Konstruktion zusammenbrechen?

An der Unfallstelle stehen Experten vor einem Rätsel. Wie konnte die tonnenschwere Konstruktion zusammenbrechen?

(Foto: dpa)

In Unterfranken suchen Experten fieberhaft nach der Ursache für den Brückeneinsturz. Bislang ist es ein Rätsel, warum die tonnenschwere Konstruktion abbrechen und zu Boden krachen konnte. Gebäudeeinstürze in Deutschland sind selten – aber sie kommen vor.

Nach dem Brückeneinsturz in Unterfranken herrscht Ratlosigkeit. Dass Brücken und Gebäude in Ländern wie Indien oder Bangladesch einstürzen, ist keine Seltenheit. Der Grund: Dort werden die Vorschriften beim Bau oft bewusst missachtet. In Deutschland passieren Einstürze dagegen selten. In Erinnerung geblieben sind in jüngster Vergangenheit sicherlich diese zwei Unglücke: zum einen die Eisporthalle in Bad Reichenhall. Das Dach konnte im Januar 2006 den Schneemassen nicht standhalten und brach zusammen. 15 Menschen kamen ums Leben. Zum anderen das historische Archiv in Köln. Bei dem Unglück im März 2009 starben zwei Menschen. Dort hatten Bauarbeiten unter der Erde zu einem Wassereinbruch geführt und insgesamt drei Häuser zum Einsturz gebracht.

Beim Zusammenbruch der Autobahnbrücke in Unterfranken tappen die Ermittler und Bauexperten noch im Dunkeln. Am Mittwochnachmittag war ein frisch betoniertes Teil am Ersatzneubau der Talbrücke Schraudenbach für die viel befahrene Autobahn 7 bei Werneck abgestürzt und hatte ein Gerüst mitgerissen. 20 Bauarbeiter befanden sich zum Unfallzeitpunkt auf der Baustelle. Ein Arbeiter starb, 15 Arbeiter wurden verletzt, elf davon schwer. Bei dem Toten handelt es sich um einen 38-Jährigen aus Kroatien. Aktuell werden keine Toten mehr unter den Trümmern vermutet.

Die Baustelle ist inzwischen gesichert, sie würde nun behandelt "wie ein Tatort, an dem nichts verändert werden kann", sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken. Ermittler der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft Schweinfurt und des Gewerbeaufsichtsamtes sind vor Ort. Gerhard Eck, Staatssekretär im bayerischen Innen-, Bau- und Verkehrsministerium, sagte, die Polizei habe noch am Mittwochabend alles abgesichert und sichergestellt, so dass nichts beiseite geräumt werden könne. Er warnte vor falschen Schlüssen und Panik - vor allem in Bezug auf Hunderte ähnliche Baustellen in Deutschland. "Wir sollten keine Unsicherheit verbreiten", so der CSU-Politiker. Es müsse sorgsam aufgearbeitet werden, was genau passiert ist. "Wenn's denn dann Fehler waren, menschliche Fehler, technische Fehler, dann muss das einfach bis ins feinste Detail geklärt sein." Danach könne über weitere Konsequenzen gesprochen werden.

Einsturz ist unerklärlich

Sachverständige und Vertreter der Baufirma waren nach Ecks Angaben noch am Mittwochabend zur Unfallstelle gekommen. Bei der Baustelle handelt es sich um ein sogenanntes aufgelagertes Betoniersystem, von unten aufgebaut mit Schalung. "Dass so was abstürzt, ist völlig unerklärlich", sagte der gelernte Maurer und frühere Bauleiter Eck. "Und auch die Baufirma genießt einen einwandfreien Ruf", betonte er. "Es stehen alle Fachleute hier und sind sprachlos."

Die betroffene Talbrücke Schraudenbach nahe Werneck (Landkreis Schweinfurt) zwischen der Raststätte Riedener Wald und dem Kreuz Schweinfurt/Werneck ist 236 Meter lang und bis zu 22 Meter hoch. Derzeit wird die rund 50 Jahre alte Brücke für knapp 15 Millionen Euro erneuert - unter anderem wegen Materialermüdung des Spannstahls und mangelnder Tragfähigkeit, berichtet der Bayerische Rundfunk. Für den Schwerverkehr war die marode Brücke aus dem Jahr 1965 schon gesperrt worden.

Am Donnerstag nach dem Unfall lief der Verkehr auf der Autobahn wieder weitestgehend normal. Am Mittwoch hatten Schaulustige dort einen Stau verursacht. Der Verkehr führt über die alte Brücke auf der A7 neben dem Neubau, weswegen die Strecke nicht direkt betroffen war.

Quelle: ntv.de, kpi/dpa

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