Personalknappheit und Zeitdruck Angriffe auf Kinderklinik-Personal häufen sich
17.12.2022, 04:05 Uhr
Wegen der derzeitigen Lage in Kinderkliniken sei eine gute Einbindung der Eltern oft "nur unzureichend möglich", sagt die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes.
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Mit kranken Kindern stundenlang in der Notaufnahme sitzen oder auf den Krankenhausfluren übernachten: Die Lage ist wegen der Atemwegsinfektionswelle, fehlenden Betten und wenig Personal sehr angespannt. Das führt sogar zu Gewalt, wie jetzt die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes Hasselfeldt berichtet.
Angesichts überlasteter Kinderkliniken steigt laut der Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Gerda Hasselfeldt, die Zahl der Angriffe auf das Krankenhauspersonal. Hasselfeldt sagte der "Rheinischen Post": "Es häufen sich Fälle von Androhung oder der tatsächlichen Ausübung psychischer und physischer Gewalt gegenüber dem Gesundheitspersonal." Aufgrund der Personalknappheit und des Zeitdrucks sei eine gute Einbindung der Eltern oft "nur unzureichend möglich, was wiederum zu Informationsverlusten, der Häufung von Beschwerden und wachsender Anspannung auf allen Seiten führt", betonte Hasselfeldt. Zugleich müssten Eltern mit kranken Kindern teilweise stundenlang in den Notaufnahmen sitzen oder auch kranke Kinder auf Krankenhausfluren übernachten.
Kurzfristige Abhilfe zu schaffen, sei aber kaum möglich, ergänzte die DRK-Präsidentin. "Was die knappen personellen und materiellen Ressourcen betrifft, bedarf es einer nachhaltig gesicherten Finanzierung", forderte Hasselfeldt. Das Pflegefachpersonal müsse dringend entlastet werden.
Kinder- und Jugendärzte hatten in den vergangenen Tagen wegen einer Notlage in vielen Kinderkliniken Alarm geschlagen. Aktueller Anlass ist unter anderem eine Welle von Atemwegsinfekten. Doch sinkt auch die Kapazität seit Jahren. Von 2018 bis 2020 verringerte sich die Zahl der Betten zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen laut Statistischem Bundesamt bereits um 455. Häufig fehlt auch Pflegepersonal, um die vorhandenen Betten auszulasten.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach sagte Hilfe zu. Der Bundestag hatte beschlossen, dass es für Kinderkliniken 2023 und 2024 jeweils 300 Millionen Euro zusätzlich geben soll. Folgen soll eine Reform der Krankenhausvergütung. Nach Angaben der Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin war schon zwischen 1991 und 2017 die Bettenzahl in der Pädiatrie um ein Drittel gesunken. Im gleichen Zeitraum stiegen die jährlichen Fallzahlen von durchschnittlich 900.000 behandelten Kindern und Jugendlichen auf inzwischen mehr als eine Million.
Laut dem Präsidenten des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, kommen Lauterbachs vorgestellte Pläne für Gesetzesänderungen zu spät. "Wir brauchen jetzt eine von der Politik angeschobene Beschaffungsaktion, um wie zu Beginn der Coronapandemie in einer Notlage schnell an Fiebersaft, bestimmte Antibiotika und andere selten gewordene Präparate für kleine Kinder zu kommen."
Quelle: ntv.de, ysc/dpa