Panorama

Ramses & das Gold der Pharaonen "Ramses II. hat alle verrückt gemacht"

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Das Alte Ägypten ist nach wie vor majestätisch und geheimnisvoll. Hier ist der Felsentempel von Abu Simbel zu Ehren von Ramses II. zu sehen.

Das Alte Ägypten ist nach wie vor majestätisch und geheimnisvoll. Hier ist der Felsentempel von Abu Simbel zu Ehren von Ramses II. zu sehen.

(Foto: IMAGO/Shotshop)

Nach Harry Potter und den Dinosauriern von Jurassic World widmet sich die kommende Ausstellung im Odysseum in Köln einer tatsächlichen historischen Figur. Und was für einer. Ramses II., auch Ramses der Große genannt, lebte um das Jahr 1300 vor Christus herum, war 67 Jahre lang Pharao und hat dem Alten Ägypten nicht nur baulich seinen Stempel aufgedrückt, sondern auch fortpflanzungstechnisch. Die Wanderausstellung klingt wie ein Indiana-Jones-Film: "Ramses und das Gold der Pharaonen" präsentiert ab 13. Juli 180 Artefakte, dazu gibt es, wie seit einiger Zeit üblich, ein paar interaktive Spielereien. ntv.de spricht mit einem der bekanntesten Archäologen seines Landes, Mostafa Waziri, seines Zeichens langjähriger Generalsekretär des ägyptischen Supreme Council of Antiquities.

ntv.de: Sie waren jüngst vorab in Köln, um sich ein Bild des Ausstellungsorts, insbesondere mit Blick auf die Sicherheit, zu machen. Ist alles bereit für die unschätzbar wertvollen Exponate?

Mostafa Waziri: Ja, die Checks sind bestens verlaufen. Wir mögen das Odysseum sehr. Es ist sehr groß, liegt sehr zentral und man kann es optimal schützen.

Wie reisen die Objekte?

Wenn Ramses reist: Der Sarkophag von Ramses II. wird in der Grande Halle de la Villette in Paris aus einer Transportkiste geholt.

Wenn Ramses reist: Der Sarkophag von Ramses II. wird in der Grande Halle de la Villette in Paris aus einer Transportkiste geholt.

(Foto: Sabine Glaubitz/dpa)

In einem speziellen Frachtflugzeug. Ganz wichtig ist es, die Stücke sehr, sehr gut zu verpacken, dafür haben wir die beste Firma, die es auf der Welt gibt. Und natürlich kommen wir nicht ohne umfangreiche Versicherungen aus.

Wurde schon mal etwas gestohlen oder ist ein Exponat kaputtgegangen?

Nein. Ich bin seit 25 Jahren an der Organisation solcher Ausstellungen beteiligt, und wir hatten noch nie Probleme.

Die Ausstellung "Ramses und das Gold der Pharaonen" war zuvor in Paris und in Sydney zu sehen. Warum ist die Wahl nun auf Köln gefallen?

Zum einen deshalb, weil Köln sehr günstig mitten in Europa liegt. Aber vor allem, weil die Deutschen sehr gebildete Menschen sind, die eine große Liebe für die Schätze des alten Ägyptens hegen. Ich sehe in Ägypten sehr viele Touristen aus aller Welt, und natürlich kommen sie auch wegen der Sonne und den Stränden. Aber gerade die Deutschen besuchen das Land auch speziell wegen der Kultur. Sie kaufen sich ein Buch über die Geschichte, das sie tatsächlich auch lesen, dann besuchen sie sehr interessiert die Pyramiden oder das Tal der Könige und anschließend lesen sie weiter und vertiefen sich in das, was sie gesehen haben.

Sind Sie mit der Ausstellung auch ein Botschafter für Ihr Land und Ihre Kultur?

Mostafa Waziri wusste schon als Kind, was er einmal werden wollte: Ramses-Forscher, nichts anderes.

Mostafa Waziri wusste schon als Kind, was er einmal werden wollte: Ramses-Forscher, nichts anderes.

(Foto: IMAGO/Xinhua)

Natürlich. Wir wollen mit Ramses Lust auf Ägypten machen. Bestimmt entscheiden sich einige, nachdem sie die Ausstellung erlebt haben, für einen Urlaub in meinem wunderbaren Land. Und wer das nicht kann oder möchte, für den kommt ein bedeutender Teil Ägyptens eben nach Köln.

Warum fasziniert uns das Alte Ägypten so sehr?

Wir haben es hier mit uralten Monumenten zu tun, die teilweise vor 5000 oder 6000 Jahren errichtet wurden. Die Menschen in Ägypten waren wirklich superclever in der damaligen Zeit, sie hatten ein immenses und unschätzbares Wissen. Eine solche Pyramide zu bauen, die Tausende Jahre übersteht, das könnten wir doch heute gar nicht mehr.

Die Pyramiden von Gizeh, ein Weltwunder, noch immer.

Die Pyramiden von Gizeh, ein Weltwunder, noch immer.

(Foto: IMAGO/Zoonar)

Im Kölner Odysseum gab es in den vergangenen Jahren Ausstellungen über Harry Potter und Jurassic World. Ist das Alte Ägypten gewissermaßen ein Teil der Popkultur?

Ja, selbstverständlich ist es das. Unsere Ausstellung dient der Unterhaltung, sie soll Spaß und Neugierde wecken. Aber es führt nicht weit, Ramses mit Harry Potter zu vergleichen. Die Deutschen werden den Unterschied erkennen und fasziniert sein von diesen Objekten. Manche sind zum ersten Mal außerhalb Ägyptens zu sehen, einige gar zum ersten Mal überhaupt.

Neben den 180 Artefakten gibt es auch immersive Multimedia-Elemente, mittels virtueller Realität werden die Besucher etwa den Tempel von Abu Simbel oder die Grabstätte von Ramses' großer Liebe Nefertari erleben können.

Uns ist wichtig, dass wir eine Ausstellung für die ganze Familie machen, für junge Menschen, alte Menschen und alle dazwischen. Alle sollen glücklich sein und unsere Ausstellung genießen, egal, wie viel Vorkenntnisse oder Lebenserfahrung sie haben.

Was war Ramses II. eigentlich für ein Mensch?

Er war alles andere als gewöhnlich. Wir nennen ihn mit gutem Grund auch Ramses den Großen. Er wurde 90 Jahre alt, ein für damalige Verhältnisse fast unvorstellbar langes Leben. 67 Jahre lang war er König. Er hat überall in Ägypten grandiose Gebäude errichten lassen, bis heute finden wir bei Ausgrabungen immer noch Spuren von Ramses, er hat wirklich überall gewirkt. Ramses II. macht mich als Archäologe, im positiven Sinne, seit Jahrzehnten wahnsinnig, weil er uns einfach einen so sagenhaft reichhaltigen Schatz hinterlassen hat. Er wollte seinen Namen unsterblich machen und das ist ihm wirklich gelungen.

Auch in anderer Hinsicht war der große Pharao nicht untätig. Ramses II. soll ungefähr hundert Kinder gezeugt haben.

Das ist zutreffend (lacht). Ramses II. hat alle verrückt gemacht. Er war einerseits ein Kämpfer, ein tougher, harter Mann. Er war ein Mann der Macht, ein Mann des Krieges. Aber er war auch ein Mann des Friedens. Der von ihm geschlossene Friedensvertrag zwischen den Ägyptern und den Hethitern gilt als das erste Dokument dieser Art in der Menschheitsgeschichte.

Was können heutige Regierende von Ramses II. lernen?

Wenn du einen Friedensvertrag unterzeichnest, dann tu das aus einer Position der Stärke. Frieden schließt man als Gewinner, nicht als Verlierer. Er fing den Krieg mit den Hethitern an, aber er beendete ihn auch. Ramses wusste, wenn der Krieg nicht aufhört, wird am Ende jeder verlieren.

Sein eigenes Grab im Tal der Könige soll gar nicht mal so groß sein.

Der Sarkophag von Ramses II.

Der Sarkophag von Ramses II.

(Foto: Sabine Glaubitz/dpa)

Ich glaube, das ist nicht wirklich sein Grab. Ich gehe davon aus, dass er noch an einem anderen Ort ein anderes hat, denn auch seine Schätze sind bisher nicht gefunden worden. Sein Sarg wurde ebenfalls nicht in seiner vermeintlichen Grabkammer entdeckt, sondern in der Cachette von Deir el-Bahari, einer Art Mumiensammelstelle.

Sein Sarkophag ist in der Ausstellung zu sehen, seine Mumie nicht.

Nein, der Körper von Ramses II. befindet sich im Nationalmuseum der Ägyptischen Zivilisation in Kairo.

Welche Stücke möchten Sie sonst noch hervorheben?

Ich denke, wir haben die allerbesten Artefakte ausgewählt, um das Leben dieses herausragenden Pharaos zu zeigen und zu würdigen. Es gibt eine große Granitstatue von Ramses, und sein Sarg ist wirklich wunderschön. Er wurde 1881 in Ägypten entdeckt und ist vor unserer Wanderausstellung nie außerhalb Ägyptens zu sehen gewesen. Dann haben wir Diademe aus purem Gold, goldene Gesichtsmasken, zum Beispiel von König Amenemope, einen Armreifen aus Silber von Scheschonq II., aber auch einige Stücke von unseren Ausgrabungen, mit denen wir seit 2018 in Sakkara bei Kairo beschäftigt sind.

Was sind das für Stücke?

Vor allem Tiermumien. Wir haben mumifizierte Skarabäen gefunden, zum ersten Mal überhaupt, außerdem Katzen und sogar Krokodile.

Sie haben die Grabung in Sakkara anfangs geleitet. Waren Sie überrascht, diese Skarabäen zu entdecken?

Wir wussten, dass wir Särge und Gräber finden würden, aber auf diese vielen Mumien waren wir nicht vorbereitet. Wir waren sehr stolz auf unsere Mission und darauf, etwas gefunden zu haben, was vor uns noch nie jemand gefunden hat.

Die Ausgrabungen in Sakkara sind noch lange nicht abgeschlossen, aber Sie konzentrierten sich danach auf ein Gebiet in der Sahara, in al-Minya. Dort haben Sie den ersten noch intakten Papyrus seit über hundert Jahren entdeckt, Ihre Kollegen haben ihn daraufhin "Waziri-Papyrus" genannt. Ist die Lust auf solche Entdeckungen der Grund, warum Sie Archäologe geworden sind?

Der wirkliche Grund ist, Sie können es sich vielleicht denken, Ramses der Große (lacht). Ich komme aus einem Dorf etwa hundert Kilometer entfernt von Luxor. Als ich elf Jahre alt war, machten wir einen Schulausflug dorthin, und im Karnak-Tempel sah ich diese elf Meter hohe Statue von Ramses II. und war begeistert. Ich fragte den Lehrer, warum sie so groß sei, doch er meinte nur, ich solle den Mund halten. Später wollte ich von meinem Lehrer wissen, ob er die Schriftzeichen lesen könne, doch er antwortete mir wieder nicht. So beschloss ich, Archäologie zu studieren, um diese Rätsel selbst lösen zu können, und als ich meinen Abschluss hatte, war mir klar, dass ich mich auf Ausgrabungen konzentrieren will. Eine Woche, nachdem ich meine Arbeit begonnen hatte, fand ich auf dem Ostfriedhof von Cheops eine unvollendete Statue der Sphinx. Da wusste ich, dass Gott mich mit einem guten Gespür gesegnet hat.

Sie graben seit 35 Jahren, sind einer der bekanntesten Archäologen Ägyptens und waren auch in verschiedenen hohen Regierungsämtern tätig. Gibt es noch eine Entdeckung, von der Sie nachts träumen?

Die meisten Archäologen träumen vom Grab der Kleopatra. Ich nicht. Dem Grab Alexander des Großen. Ich nicht. Dem Grab von Nofretete. Ich nicht. Der Traum meines Lebens ist es, das Grab von Imhotep zu finden, dem schlauesten und kreativsten Architekten der Pyramiden von Sakkara. Er wird als Gottheit verehrt, völlig zu Recht. Er war ein Genie, das sich auch um die ägyptische Schrift und die ägyptische Medizin entscheidend verdient gemacht hat.

Mit Mostafa Waziri sprach Steffen Rüth

Die Ausstellung "Ramses und das Gold der Pharaonen" wird ab dem 13. Juli 2024 für kurze Zeit im ODYSSEUM Köln zu sehen sein. Infos gibt es hier.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen