Umfangreiche Untersuchungen Charité will sich zu Nawalny äußern
22.08.2020, 15:40 Uhr
Mit einem Spezialflugzeug war Nawalny nach Berlin gebracht worden und mit einem Spezialfahrzeug wurde er in die Charité gefahren.
(Foto: dpa)
Die Mediziner am Berliner Universitätsklinikum Charité werden sich zum Gesundheitszustand des russischen Oppositionellen Nawalny äußern. Zunächst aber stünde die intensive Behandlung des 44-Jährigen im Vordergrund.
Die Berliner Klinik Charité will vorerst keine Einzelheiten zum Gesundheitszustand des am Morgen aus dem russischen Omsk eingeflogenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny bekanntgeben. Nach Abschluss der Untersuchungen und nach Rücksprache mit der Familie würden sich die behandelnden Ärzte zu der Erkrankung und weiteren Behandlungsschritten äußern, hieß es stattdessen. Allerdings würden Untersuchungen aber einige Zeit in Anspruch nehmen. Eine Sprecherin der Charité erklärte, vor Montag sei nicht mit einer offiziellen Äußerung zum Gesundheitszustand Nawalnys zu rechnen.
Der schwer kranke russische Oppositionelle war zuvor begleitet von mehreren Polizei-Fahrzeugen in einem Rettungswagen vom Flughafen Tegel zu der Universitätsklinik gebracht worden. Ein von der Organisation "Cinema for Peace" organisiertes Rettungsflugzeug mit deutschen Ärzten hatte den 44-Jährigen von einer Klinik im sibirischen Omsk nach Deutschland geflogen. Der Zustand von Nawalny während des rund 4000 Kilometer langen Fluges und nach der Landung sei stabil gewesen, sagte der Filmproduzent und Gründer der Organisation, Jaka Bizilj.
Dank für Merkels "wichtige Botschaft"
"Sein Gesundheitszustand ist sehr besorgniserregend", sagte Bizilj später vor Journalisten vor der Charité über Nawalny. Es habe zuvor eine sehr klare Botschaft von den Ärzten gegeben, dass Nawalny auf dem Flug nach Moskau gestorben wäre, wenn es die Notfall-Zwischenlandung in Omsk nicht gegeben hätte. Zu Spekulationen über einen möglichen Giftanschlag wollte sich Bizilj nicht näher äußern. Er betonte aber, dass Nawalny ein gesunder Mann gewesen wäre, der von einem auf den anderen Tag zusammengebrochen sei.
Nawalny war am Donnerstag auf einem Inlandsflug in Russland kollabiert und lag seither in der Klinik in Omsk im Koma. Seine Unterstützer gehen davon aus, dass auf den prominenten Kreml-Kritiker ein Anschlag mit vergiftetem Tee verübt wurde. Die russischen Ärzte erklärten dagegen, Nawalny leide an einer Stoffwechselerkrankung.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron hatten sich bei einem Treffen in Frankreich bestürzt von den Vorkommnissen gezeigt und Aufklärung gefordert. Beide boten eine Behandlung in ihren Ländern an. Das sei eine wichtige Botschaft in Richtung Kreml gewesen, sagte Bizilj nun. Die Verlegung in die Berliner Charité sei unter anderem auf Bitte von Pjotr Wersilow erfolgt. Der russische Regierungskritiker war vor zwei Jahren ebenfalls mit Verdacht auf eine Vergiftung in der Charité behandelt worden.
Die russische Regierung hat in der Vergangenheit wiederholt Vorwürfe zurückgewiesen, sie lasse unliebsame Personen mit Gift aus dem Weg schaffen. Diesen Verdacht hatte es unter anderem nach dem Tod des russischen Ex-Spions und Regierungskritikers Alexander Litwinenko gegeben, der 2006 in London an einer Vergiftung durch Polonium in seinem Tee starb. Auch der Angriff mit Nervengift auf den früheren Doppelagenten Sergej Skripal 2018 im britischen Salisbury gehört dazu.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/dpa