Anfrage blieb wohl unerkanntEU hatte schon früher Infos zu Gift-Eiern

Der Eier-Skandal wird immer verworrener. Schon Wochen vor dem Bekanntwerden verschickten Behörden Informationen dazu über eine EU-Plattform - Brüssel will davon aber nichts mitbekommen haben. Ein noch früherer Hinweis lief ebenfalls ins Leere.
Die EU-Kommission hat entgegen erster eigener Angaben schon Anfang Juli Informationen zu Fipronil-Eiern erhalten. Dies geht aus dem Bericht der belgischen Lebensmittelsicherheitsbehörde FASNK von diesem Mittwoch hervor. Die EU-Kommission bestätigte den Austausch vom 6. Juli. Eine Sprecherin der EU-Kommission hatte noch am Dienstag jegliche Kenntnis von Fipronil-Eiern in Belgien vor dem 20. Juli verneint.
Belgien hatte laut FASNK-Bericht am 6. Juli eine offizielle Anfrage zur Zusammenarbeit der Justizbehörden an die Niederlande gestellt und dazu eine Plattform der EU-Kommission genutzt. Die belgischen Behörden drängten auf Informationen aus den Niederlanden, um die Verbreitung des Insektengifts im Geflügelsektor nachzuvollziehen. Belgische Ermittler pochten damals auf Mithilfe von ihren niederländischen Kollegen.
Im Bericht der FASNK heißt es: "06.07.2017: Frage an die Niederlande gerichtet über das Antibetrugssystem AAC-FF, mit Erläuterung der Hypothesen betreffend die ursprüngliche Verunreinigung. Diese Nachricht wird auch von den europäischen Instanzen gelesen, die das System betreiben." Betreiber ist die EU-Kommission.
Niederlande bekamen Hinweis zu Gift
Die EU-Kommission erklärte jedoch, es habe sich lediglich um einen Austausch zwischen den beiden Staaten gehandelt. Man überwache den Austausch über dieses System nicht aktiv wie beim Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel (RASFF), sagte ein Sprecher. Erst am 20. Juli hatten die belgischen Behörden eine offizielle Risikomeldung zu Fipronil in Eiern an das RASFF geschickt.
Zuvor hatte bereits die niederländische Behörde für Lebensmittelsicherheit (NVWA) bestritten, schon seit Ende 2016 über Fipronil in niederländischen Hühnereiern informiert gewesen zu sein. Der belgische Agrarminister Denis Ducarme hatte diesen Vorwurf erhoben. Der niederländische Behörden-Chef Rob van Lint räumte allerdings ein, dass es einen anonymen Hinweis gegeben habe, wonach das Insektengift bei der Reinigung von Ställen zur Bekämpfung der Blutlaus eingesetzt worden sei.
"Die NVWA bekommt jedes Jahr Hunderte von Tipps über vermutete Unregelmäßigkeiten", erklärte van Lint. Ein solcher Hinweis sei auch im November 2016 hinsichtlich der Stallreinigung eingegangen. "Zu diesem Zeitpunkt gab es keine Hinweise darauf, dass es ein akutes Risiko für die Lebensmittelsicherheit geben könnte. Es gab keinen einzigen Hinweis darauf, dass Fipronil sich auch in Eiern befinden könnte."
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt forderte von den Niederlanden und Belgien Aufklärung. In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte der CSU-Politiker: "In dieser trüben Suppe muss endlich Klarheit geschaffen werden." Sollte der Vorwurf Belgiens an die Niederlande stimmen, wäre er "sehr enttäuscht". Er erwarte, dass genau rekonstruiert werde, wer wann welche Eier geliefert habe und ob Deutschland betroffen war.
Fipronil in Belgien durch Zufall entdeckt
Der belgische Agrarminister hatte vor einem Ausschuss des belgischen Parlaments erklärt, seinem niederländischen Kollegen liege ein Bericht vor, wonach Fipronil im November 2016 bei Eiern gemessen worden sei. Aus einem Bericht der belgischen Lebensmittelbehörde FASNK wird derweil deutlich, dass Fipronil in Belgien nur durch Zufall entdeckt wurde.
Die belgische Lebensmittelsicherheitsbehörde habe von einem internen niederländischen Bericht nur über gute Kontakte in die Niederlande erfahren, sagte Ducarme. "Es gab über diesen Bericht keinerlei offizielle Kommunikation der Niederlande", beklagte der Minister. Außerdem hätten die belgischen Behörden mehr als einen Monat auf Informationen der niederländischen Kollegen warten müssen, die erlaubt hätten, die Verbreitung Fipronil-belasteter Eier nachzuvollziehen und Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Es gab Dutzende Nachweise in Eiern niederländischer Produzenten, Millionen dieser Eier waren nach Deutschland, die Schweiz und Schweden geliefert worden. Alle Bundesländer - mit Ausnahme Sachsens - waren betroffen. Millionen Eier wurden aus den Regalen von Supermärkten genommen und vernichtet.