Richter zeigt Unwahrheiten aufGammys Zwilling bleibt in Australien

Baby Gammy gilt als Auslöser für die Änderung der Gesetze zur Leihmutterschaft in Thailand. Im Zuge eines Prozesses wird deutlich: So, wie viele glauben, war der Fall des Kindes mit Downsyndrom nicht.
Ein Familiengericht hat in Westaustralien entschieden, dass ein von einer thailandischen Leihmutter ausgetragenes Kind weiter bei seinen australischen Eltern leben kann. Die dreijährige Pipah ist die Zwillingsschwester des als Baby Gammy bekannt gewordenen Jungen. Ihn hatten die Australier angeblich bei der Leihmutter zurückgelassen, weil er mit dem Down-Syndrom geboren worden war.
In dem jetzt entschiedenen Prozess ging es jedoch um etwas anderes: Pipahs und Gammys Mutter hatte auf die Rückgabe ihres Kindes geklagt, nachdem bekannt geworden war, dass der australische Vater David Farnell in den 1990er Jahren wegen sexueller Übergriffe auf Kinder in Haft gewesen war. Der inzwischen 58-Jährige hatte drei junge Mädchen "unangemessen berührt".
Das Familiengericht urteilte nun, dass es trotz dieser Vorstrafe "nur ein sehr geringes Risiko" für Pipah gebe. Nach Bekanntwerden von Farnells Vergehen war ein umfangreiches Sicherheitskonzept entwickelt worden. Unter anderem ist dem Vater verboten, allein mit der Tochter zu sein. Außerdem wird das Kind in einer Geschichte mit den Verbrechen des Vaters konfrontiert, damit sie versteht, warum er nicht allein mit ihr sein darf. Kinderschutzbeamte besuchen die Familie regelmäßig, auch unangemeldet. Pipah sei in der Obhut eines liebevollen Netzwerkes aus Familie und Freunden. Sie führe ein glückliches und zufriedenes Leben und würde traumatisiert werden, wenn sie von ihren Eltern getrennt würde.
Falsche Darstellung
Richter Stephen Thackray sagte in diesem Zusammenhang, dass den australischen Eltern bisher sehr viel Unrecht widerfahren sei. Farnell und seine Frau Wendy Li hätten Gammy keineswegs zurücklassen wollen. Sie hätten vielmehr große Anstrengungen unternommen, beide Kinder mit nach Australien zu nehmen. Sie hätten aber schließlich aufrichtig geglaubt, dass die Leihmutter, Pattaramon Chanbua, Gammy lieber bei sich behalten wollte. "Ich bin nicht davon überzeugt, dass die Farnells Frau Chanbua jemals gebeten haben, eine Abtreibung zu haben ... nichtsdestrotz habe Chanbua den Eindruck gewonnen, dass die Farnells nur das gesunde Baby wollte", sagte er. Die Missverständnisse seien offenbar aufgrund der kulturellen und sprachlichen Unterschiede zustande gekommen. Offenbar habe Chanuba während der Schwangerschaft mit den Zwillingen den Wunsch entwickelt, eines der Kinder zu behalten. Es sei kein Wunder, dass diese Missverständnisse entstünden, "wenn der Körper einer Frau für das Wohl anderer vermietet werde", so Thackeray. Thailand hat inzwischen seine Gesetze zur Leihmutterschaft geändert.
Auch Berichte, das Paar habe versucht, auf einen Treunhandfonds zuzugreifen, der für Gammy eingerichtet worden war, bezeichnete der Richter als falsch. Thackray erteilte den Farnells die Auflage, dafür zu sorgen, dass eine Bindung zwischen den Zwillingen erhalten bleiben kann. Die Entscheidung über einen regelmäßigen E-Mail-Kontakt überließ er jedoch den beiden Elternpaaren. Die Eltern haben den jeweils anderen Zwilling nicht mehr gesehen, seit die Farnells Thailand im Februar 2014 mit Pipah verließen.
Gammy wächst bei seiner leiblichen Mutter und deren Ehemann auf. Obwohl Chanbua kategorisch ausschließt, dass der Junge je bei den Farnells leben wird, bemüht sie sich um die australische Staatsbürgerschaft für ihn.