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Mutmaßlicher Täter von Brokstedt Ibrahim A. saß wegen Messerattacke in Haft

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Der mutmaßliche Mörder von Brokstedt ist polizeibekannt - seit Jahren häufen sich die Vorwürfe gegen den 33-jährigen Palästinenser. Nur wenige Tage vor der Tat wird er aus einem Hamburger Gefängnis entlassen. Dort saß er, weil er vergangenes Jahr einen anderen Mann niedergestochen hat.

Als Ibrahim A. am frühen Mittwochnachmittag in den Regionalexpress der Linie 70 von Kiel nach Hamburg steigt, ist er erst seit wenigen Tagen auf freiem Fuß. Einen festen Wohnsitz hat er nicht. Bis vor einer Woche saß der 33-Jährige noch wegen Körperverletzung in einer Hamburger JVA hinter Gittern. Ein Jahr hatte er dort verbringen müssen, nachdem er am 18. Januar 2022 in der Schlange vor einer Essensausgabe für Obdachlose auf einen anderen Mann eingestochen hatte. Der erlitt nach "Spiegel"-Informationen "potenziell lebensgefährliche" Verletzungen. A. habe als Grund angegeben, dass er vor der Tat große Mengen Kokain, Heroin und Alkohol konsumiert hatte.

Ibrahim A. ist Palästinenser, 2014 kam er als Flüchtling nach Deutschland. Weil er in seiner Heimat Gewalt und Verfolgung fürchten muss, er aber nicht asylberechtigt ist, erhält er 2016 subsidiären Schutzstatus. Er lebt zunächst in Nordrhein-Westfalen im Raum Bonn, später zieht er um nach Kiel in Schleswig-Holstein. Seine Kriminalakte ist lang. Nur ein Jahr nach seiner Ankunft in Deutschland werden ihm Diebstahl und Scheckkartenbetrug in Euskirchen und Bonn vorgeworfen, auch wegen gefährlicher Körperverletzung wird schon 2016 gegen Ibrahim A. ermittelt.

2019 folgen Ermittlungen wegen sexueller Nötigung, ein Jahr später wegen Sachbeschädigung sowie Körperverletzung und Bedrohung. Laut "Spiegel"-Informationen war gegen den 33-Jährigen bereits ein Verfahren zur Rücknahme des Schutzstatus eingeleitet worden. Dazu ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für den Fall verpflichtet, dass Ausschlussgründe für die Gewährung des Schutzstatus vorliegen - darunter neben anderen Gründen auch ein "Verbrechen oder besonderes schweres Vorgehen, welches rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe geführt hat".

Staatenlosigkeit erschwert Abschiebung

Eine Rücknahme des subsidiären Schutzstatus führt nicht automatisch zum Erlöschen der Aufenthaltserlaubnis, dafür ist ein eigenes Verfahren notwendig. Zudem können Betroffene zunächst gegen die Aberkennung klagen. Im Fall von Ibrahim A. ist letztlich unklar, aus welchen Gründen das Rücknahmeverfahren eingeleitet wurde. Fakt ist, dass der 33-Jährige gegen das Urteil wegen Körperverletzung klagte, es ist laut "Spiegel" bislang nicht rechtskräftig. Und weil die Untersuchungshaft nach einem Jahr nahezu die Dauer des verhängten Strafmaßes erreicht hatte, musste A. freigelassen werden. Das Landgericht hatte demnach entschieden, dass eine weitere U-Haft "unverhältnismäßig" sei.

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Auch nach der Tat von Brokstedt ist fraglich, welche Folgen eine Aberkennung des Schutzstatus haben könnte - denn Ibrahim A. kann als Staatenloser nicht einfach abgeschoben werden. Dazu müsste es ein Herkunftsland geben, das ihn als Staatsangehörigen zurücknehmen kann. Wahrscheinlich ist, dass Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack von der CDU auf einer für den frühen Nachmittag angesetzten Pressekonferenz weitere Details zum Tatverdächtigen mitteilen wird. Berichte, wonach er bei seiner Festnahme geistig verwirrt gewesen sein soll, kommentierte die Polizei bisher nicht.

Während der Tat war A. mittelschwer verletzt worden, befindet sich laut Polizei inzwischen aber nicht mehr in ärztlicher Behandlung. Am Nachmittag soll er dem Amtsgericht Itzehoe vorgeführt werden. Ihm wird vorgeworfen, eine 16-Jährige und einen 19-Jährigen mit einem Messer getötet sowie mehrere weitere Fahrgäste des Regionalzugs verletzt zu haben. Geäußert hat sich der 33-Jährige bislang nicht zu der Tat.

Quelle: ntv.de, jug

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