Nachfrage extrem hochKöln stockt Termine für Kirchenaustritte auf

Tausend Termine bietet das Kölner Amtsgericht pro Monat für Kirchenaustritte an. Doch seit der Affäre um Kardinal Woelki genügt das nicht mehr. Wegen des großen Andrangs stehen nun 500 zusätzliche zur Verfügung. Die Kritik am Erzbistum reißt derweil nicht ab.
Wegen der anhaltend hohen Nachfrage nach Terminen für den Kirchenaustritt hat das Kölner Amtsgericht sein Angebot erheblich ausgeweitet. Ab März sollen rund 500 zusätzliche Termine pro Monat zur Verfügung stehen, wie das Gericht mitteilte. Bisher waren monatlich tausend Kirchenaustrittstermine angeboten worden. Nach dem Bekanntwerden von Vertuschungsvorwürfen in einem Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche gab es bereits im Januar eine Welle von Austritten.
Das Amtsgericht bearbeitet die Austrittserklärungen von Menschen, die in Köln leben oder dort ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort haben. Im vergangenen Jahr zählte das Gericht insgesamt 6960 Kirchenaustritte, im Vorjahr kehrten sogar mehr als zehntausend katholische und evangelische Christen der Kirche den Rücken. Von 2016 bis einschließlich 2019 war die Zahl der Kirchenaustritte in Köln stetig angestiegen.
Nachdem im Dezember Vertuschungsvorwürfe gegen den Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki in einem Missbrauchsfall bekannt wurden, waren im Januar Hunderte Zusatztermine für den Kirchenaustritt innerhalb weniger Tage ausgebucht. Das Gericht sprach von einer Zunahme um 70 Prozent. In einem Brandbrief an Kardinal Woelki beklagten Pfarrer daraufhin einen "Glaubwürdigkeits- und Vertrauensverlust" im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal im Erzbistum.
"Große Belastung und Enttäuschung"
Auch die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat das Erzbistum für seinen Prozess der Aufarbeitung scharf kritisiert. Seit vielen Monaten beobachte die Öffentlichkeit einen Vorgang im Erzbistum, der für Betroffene, aber auch für diejenigen in der katholischen Kirche, die eine Aufarbeitung wollten, eine große Belastung und Enttäuschung darstellen müsse, erklärte die Kommission.
"Der im Erzbistum Köln begonnene Aufarbeitungsprozess ist mittlerweile schwer beschädigt", heißt es in der Erklärung. Damit stelle der Kölner Aufarbeitungsprozess ein negatives Beispiel für alle Bereiche dar, in denen Aufarbeitung sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen geboten sei. "Von außen betrachtet ist der Eindruck von Vertuschung beim Vorgehen im Erzbistum Köln stärker als das Vertrauen auf einen echten Aufarbeitungswillen."
Woelki hatte die Veröffentlichung eines Gutachtens einer Münchner Kanzlei im vergangenen Jahr verhindert, außerdem gibt es auch gegen den Kardinal persönlich Vertuschungsvorwürfe. Das Gutachten nicht zu veröffentlichen, wecke "erhebliche Zweifel an dem Willen einer ehrlichen Aufarbeitung", erklärte die Unabhängige Kommission.