Panorama

Krise im Erzbistum Köln Termine für Kirchenaustritte ausgebucht

Warum soll das Gutachten zum Erzbistum Köln nicht öffentlich werden? Woelki führt rechtliche Gründe an.

Warum soll das Gutachten zum Erzbistum Köln nicht öffentlich werden? Woelki führt rechtliche Gründe an.

(Foto: picture alliance / Daniel Kalker)

Der Kölner Kardinal Woelki hält weiter ein Gutachten zurück, das zur Aufklärung von sexuellem Missbrauch im Erzbistum beitragen soll. Das stürzt das größte deutsche Bistum in eine Vertrauenskrise. Bis Ende April sind alle Termine für Kirchenaustritte vergeben.

In Köln gibt es vorläufig keine Termine mehr für Kirchenaustritte, bis Ende April ist beim Amtsgericht alles ausgebucht. Pro Monat gibt es, abhängig von der Zahl der Werktage, rund 1000 Online-Termine für einen Austritt aus der katholischen oder evangelischen Kirche. Freie Termine für Mai werden am 1. März freigeschaltet.

Das Erzbistum Köln befindet sich derzeit massiv in der Kritik. Kardinal Rainer Maria Woelki hält ein Gutachten zurück, das den Umgang von Bistumsverantwortlichen mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs gegen katholische Priester untersucht. Er führt dafür rechtliche Gründe an.

Dieses Vorgehen Woelkis hat eine beispiellose Vertrauenskrise im größten deutschen Bistum ausgelöst. Der Kölner Stadtdechant Robert Kleine - der oberste Repräsentant der katholischen Kirche in der Stadt Köln - sagte, er könne derzeit niemandem einen Austritt aus der Kirche verdenken.

Ein Sprecher des Kölner Amtsgerichts sagte, über die Gründe für das große Interesse könne man nur spekulieren. Es gebe immer ein "gewisses saisonales Gefälle" bei den Austritten. Es könne auch um Nachholeffekte aus dem vergangenen Jahr gehen, als möglicherweise viele ihren Austritt wegen der Corona-Pandemie zunächst aufgeschoben hätten.

Der Rechtsanwalt Ulrich Wastl hat die Zurückhaltung des Missbrauchsgutachtens scharf kritisiert. "Das ist ein Gewaltangriff", sagte der Münchner Jurist in einem Interview mit "Christ & Welt". "Ein derartiges Verhalten haben wir noch nicht erlebt." Die Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl war von Woelki beauftragt worden, zu untersuchen, wie Bistumsverantwortliche in der Vergangenheit mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Priester umgegangen sind. Doch nach Fertigstellung des Gutachtens kündigte Woelki an, es nicht zu veröffentlichen, weil es erhebliche Mängel aufweise.

Anwalt möchte Gutachten veröffentlichen

Wastl wies den Vorwurf zurück: "Wir haben nicht gepfuscht." Den Widerstand gegen die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt sieht der Anwalt auch in der persönlichen Verstrickung von Verantwortungsträgern der katholischen Kirche begründet. "Der Reflex, die Institution schützen zu wollen, und das Bedürfnis nach Selbstschutz gehen oft Hand in Hand."

Für das Bistum Aachen hat Westpfahl Spilker Wastl ein ähnliches Gutachten erstellt und im November problemlos veröffentlicht. Bei den Verantwortlichen in Aachen sei der Wille da gewesen, "die Dinge aufzuarbeiten und das System zu verbessern", sagte Wastl. Der Aachener Bischof Helmut Dieser habe sich völlig aus der Arbeit der Gutachter herausgehalten. "Er akzeptierte, dass die Verantwortung bei uns liegt."

Nach seiner Erfahrung sei die katholische Kirche in zwei Lager gespalten, sagte Wastl: "Das eine denkt: Wir müssen den Ruf der Kirche schützen, und dem ist vieles unterzuordnen. Das andere ist überzeugt, dass die einzige Chance der katholischen Kirche darin liegt, reinen Tisch zu machen."

Wastl bot erneut an, das Kölner Gutachten auf der Website der Kanzlei zu veröffentlichen und dafür die alleinige Verantwortung zu übernehmen. "Das Erzbistum Köln hätte nach unserer Einschätzung keinerlei Haftungsrisiko." Woelki hat dieses Angebot abgelehnt.

Quelle: ntv.de, chf/dpa

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